Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
draußen.
Es befanden sich noch mehr Polizisten auf dem Hof. Sie kamen zur Tür des Wohnhauses heraus, doch konnten sie den Flüchtigen nicht mehr aufhalten. In gestrecktem Galopp jagten Pferd und Reiter in Richtung Inland davon.
Er zügelte sein Pferd irgendwo in der schneebedeckten Weite der Landschaft. Obwohl der ungestüme Ritt durch den kalten Frostwind mehr als eine halbe Stunde gedauert hatte, glühte sein Körper noch immer. Er ließ sich vom Rücken des Tieres gleiten, nahm zwei Hände Schnee vom Boden auf und rieb sich damit durch das Gesicht. Doch der Schnee rann als Wasser durch seine Hände und brachte keine Kühlung.
Die Erhitzung war ihm vertraut. Doch ließ sie gewöhnlich nach einem relativ geringen Zeitraum nach. Die Normalisierung seiner Körpertemperatur beanspruchte nie mehr als zehn Minuten. Doch diesmal war es anders.
Das innere Brennen schien ihm nun kaum mehr erträglich. Es schien ihm, als verzehre dieses immaterielle Feuer mit unersättlichem Hunger all seine Lebensenergie. Ein zweites Mal drückte er sich zwei Hände Schnee gegen das Gesicht. Das Schmelzwasser floss in Rinnsalen über die Handschuhe in die Ärmel seines Mantels und schien dort zu verdampfen.
Der Schwarze begann von Neuem damit, den Kopf kräftig auf- und niederzuwerfen, während die Hufe unruhig auf der Stelle stapften.
Robert zog seinen Mantel aus, warf ihn neben sich auf den Boden, ging in die Knie und legte sich im nächsten Moment mit dem Gesicht nach unten in den Schnee. So verharrte er eine ganze Weile, bis seine Kleidung bis auf die glühende Haut durchnässt war. Nur ganz allmählich begann die Temperatur leicht zu sinken und eine starke Erschöpfung trat ein. Als er sich herumrollte und auf den Rücken legte, senkte das neben ihm stehende Pferd den Kopf und berührte ihn mit dem Maul an der Schulter, fast, als wolle es sich nach seinem Befinden erkunden.
"Geht schon", murmelte er, obwohl er sich noch immer fühlte wie im Fieber, und strich dem Tier mit der Hand über die Nüstern.
Dann entschied er, dass es an der Zeit war, wieder aufzustehen. Er stemmte sich mit einem Ruck auf die Beine, nahm den Mantel vom Boden auf und warf einen Blick über die Felder zurück. Die Spur, die das Pferd im Schnee hinterlassen hatte, stellte eine unübersehbare Fährte dar. Wenn diese Männer dumm genug für einen zweiten Versuch waren, würde es garantiert nicht zu seinem eigenen Schaden sein. Eine kräftige Böe fegte über die Ebene und drang durch seine nassen Kleider. Er spürte die Kälte nicht, der frostige Wind brachte allenfalls eine kaum wahrnehmbare Kühlung. Der Erschöpfung nachzugeben oder sich von der Überhitzung seines Körpers in die Knie zwingen zu lassen, lag ihm fern. Er nahm das Pferd beim Halfter und stieg wieder auf den Rücken des Tieres. Den Mantel zog er nicht an, sondern legte ihn vor sich. Der Schwarze trabte an und fiel nach einigen Schritten in einen leichten Galopp.
------- JESCO FEY -------
Er kauerte auf dem Boden, mitten im noch immer nicht beseitigten Chaos seines Ateliers. Genug Zeit hätte er gehabt, das Durcheinander zu ordnen. Doch es war zu vieles entzweigegangen. Die Entsorgung seines ruinierten Eigentums, vor allem der in purer Zerstörungswut in Fetzen gerissenen Bilder, schien ihm zum gegenwärtigen Zeitpunkt unerträglich.
Er wünschte sich einen konstruktiven Einfall herbei, was er unternehmen konnte, um Tadeya wiederzufinden. Doch sein Kopf erwies sich diesbezüglich als völlig leer. Diejenigen, die etwas über ihr Verschwinden zu wissen schienen, hatten ihm jegliche Auskunft verweigert. Und inzwischen war seine Freundin amtlich vermisst gemeldet, tatsächlich aus dem eigenen Schlafzimmer entführt, nachdem die Fenster des Hauses von einer gewaltigen, nicht näher bestimmbaren Druckwelle zersprengt worden waren.
Nicht zum ersten Mal musste er heute an Aaron denken. Aaron mit seinem schier unermesslichen Gottvertrauen, der umherzog, wie ehedem die zwölf Jünger von ihrem Herrn Jeshua ausgesandt wurden: ohne Geld, ohne Tasche, allein mit Gottes Wort im Herzen. Viele Monate lang war Jesco dem Prediger durch das Land gefolgt. Es war eine Herausforderung gewesen, jeden Morgen aufs Neue alle existenziellen Bedürfnisse allein in Gottes Hand zu legen. Doch sie waren immer versorgt gewesen mit Nahrung und Unterkunft, an jedem einzelnen Tag. Man hatte ihnen Arbeit gegeben oder sie als Gäste aufgenommen. Zumeist handelte sich sich um bescheidene Hütten, wo sie sich
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