Elwin - Rosenwasser (German Edition)
Tisch, sah neben den beiden Truhen nach, auf dem Kaminsims. Nichts. Der Schlüssel war nicht da. Zuletzt schaute er zu Taron. Der hatte, von Elwin unbemerkt, den Kopf gehoben und starrte ihn hasserfüllt an. Der Mann war bleich wie Schnee, aber seine Augen hatten wieder Leben, gehorchten ihm und brachten seine Gefährlichkeit zum Ausdruck.
Elwin trat eilig zu ihm und musterte die frisch gewaschene Uniformjacke, die Rago ihm angezogen hatte. Dann streckte er eine Pfote aus und griff Taron in die rechte Jackentasche. Nichts! Sie war leer. Wo sollte er noch suchen? Er sah flüchtig auf Tarons Bett, kniete sich hin und schaute darunter. Nichts! Dann sprang er auf, trat nochmals zu Taron und ließ die Pfote in dessen linke Tasche gleiten. Er ertastete etwas Kaltes, Hartes, packte es und zog es heraus. Jubel stieg in ihm auf. Er hatte endlich Glück. Es war der fünfte Schlüssel. Gleich würde er das Elixier an sich nehmen, und dann nichts wie raus!
Plötzlich packte Taron mit der linken Hand seine Pfote und hielt sie fest. Elwin zog, versuchte, sich aus dem eisernen Griff zu befreien, vergebens. Qualvoll drehte Taron den Kopf zu ihm, starrte ihn an und begann, laut zu stöhnen. Elwin öffnete die Pfote, nahm den Schlüssel in die andere und steckte ihn in seine Jackentasche. Dann legte er die Pfote auf Tarons Mund und brachte ihn zum Schweigen. Elwin hatte Zeit gewonnen, doch er kam nicht zum Nachdenken. Taron erhob sich halb, ließ sich auf Elwin fallen, der verlor den Halt und beide stürzten zu Boden. Taron stöhnte, dann sackte er zusammen. Elwin hörte Schritte. Schnell hechtete er zu Tarons Bett, legte sich flach auf den Bauch und versteckte sich darunter.
»Prinz Taron!«, hörte er Rago rufen. »Helft mir!«, befahl der den Männern. Vier Mann eilten in den Raum und hoben Taron auf den Sessel. »Bestimmt wollte er Wasser aus dem Becher trinken«, mutmaßte ein Mann.
Elwin lag unter dem Bett. Er hatte die Schlösser geöffnet. Offen hingen sie an der Schatzkiste. Hoffentlich schauten sie nicht dorthin! Rago gab Prinz Taron zu trinken, aber der weigerte sich. Rago sprach vom Schmerz des Fluchs, dann verließen er und die anderen das Zimmer.
Elwin kroch unter dem Bett hervor, blickte auf Taron, der scheinbar schlafend wieder auf dem Sessel saß. Dann sprang er auf den Tisch, öffnete das fünfte Schloss, hängte alle aus und legte sie auf den Tisch. Atemlos starrte er auf den Deckel der Schatzkiste und rieb sich unwillkürlich die Pfoten mit dem Umhang ab. Welch ein feierlicher Moment. Er war derjenige, der den Deckel öffnete und die Feen rettete! Er empfand großen Stolz, packte den Deckel und stieß ihn auf.
Genau wie Groohi ihm erzählt hatte, lag der Flakon inmitten blauen Samts. Das Kissen wies eine Vertiefung in Form der Flasche auf. Elwin griff danach, zögerte, rieb sich wieder die zitternden Pfoten am Umhang ab und hob den Flakon heraus. Mit wild klopfendem Herzen betrachtete er die Flasche. Es war die gleiche, wie Pletomuk sie ihm einst anvertraut hatte. Er griff in die Jacke, zog einen Beutel aus feinem Leder heraus, und steckte den Schatz hinein. Schnell band er den Beutel zu und hängte ihn sich um den Hals. Elwin spürte das kühle Leder auf dem Fell. Gut versteckt unter seinem Umhang war nichts zu sehen. Danach schloss er den Deckel der Schatzkiste, hing die Schlösser ein und drückte sie zu. Rasch sprang er vom Tisch, trat vor Taron und sah ihn argwöhnisch an. Lebte er? Schlief er? Elwin wusste es nicht. Er nahm den fünften Schlüssel und steckte ihn in Tarons Tasche zurück. Dabei ließ er den alten Mann nicht aus den Augen.
Als der Schlüssel in der Tasche war, drehte Elwin sich um und suchte nach einem Versteck in der Nähe der Tür. Genau in diesem Augenblick versetzte Taron ihm mit dem Fuß einen Tritt in die Seite. Elwin verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Taron erhob sich und schrie: »Verräter!« Da brach er auf dem Sessel zusammen.
Schon hörte Elwin Schritte und rannte neben die Zimmertür, die polternd aufflog und knapp neben ihm gegen die Wand krachte.
»Taron!«, rief Rago entsetzt und eilte dem Prinzen zu Hilfe. Der hob die Hand und deutete auf Elwin. Die Männer drehten sich um und sahen Elwin gerade durch die Tür huschen.
Durch die Wälder
Die ersten, die Elwin sah, waren die fünf Männer der Prinzengarde, die barfuß an einem langen Tisch saßen und ihre Stiefel putzten. Sie waren so überrascht, als Elwin im schwarzen Umhang aus der Kammer des Prinzen
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