Elwin - Rosenwasser (German Edition)
ob ich an die dunklen Mächte glaube? Ja, Elwin, das tue ich. Jedoch kämpfe ich jede Minute bis zur Mittsommernacht, um diese schrecklichen Aussichten nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Bleiben wir erfolglos, werden wir eine schwierige Zeit erleben, aber auch diese Zeit geht vorüber und das Gute wird wieder unsere Geschicke bestimmen. Ich lebe jeden Tag mit diesem Gedanken, dass sich das Gute durchsetzt, und dafür kämpfe ich bis zu meinem letzten Atemzug.«
Groohi und seine Freunde hatten ihre Unterhaltung beendet und Noel aufmerksam zugehört. Der schaute die Leute am Tisch eindringlich an und sagte leise: »Es besteht immer noch Hoffnung, auch wenn heute nur wenige daran glauben.«
Es war spät geworden. Übermüdet waren die Leute nach Hause gegangen. Die Unruhe der vergangenen Tage hatte sie gezeichnet. Zu groß war ihre Sorge, dass ihr beschauliches friedliches Leben nicht mehr von Königin Mala behütet würde.
Elwin stand mit Groohi an der Theke. Der alte Pat, ein Dorfbewohner, saß neben ihm und schaute stumm auf sein Glas. Groohi war mit dem Wirt in ein Gespräch vertieft.
»Heute war es ein gutes Geschäft«, bemerkte der Wirt auf einmal, während er Gläser spülte. »Bin mal gespannt, wie viele meiner Gäste aus Furcht in den nächsten Tagen zu Hause bleiben. Ich sag euch was! Keiner wird kommen, dann kann ich meinen Laden schließen.«
»Bis Mittsommer wird nichts mehr passieren«, brummte Pat, ohne den Kopf zu bewegen.
»Woher willst du das wissen?«, fragte der Wirt. »Man weiß doch nichts über die Verbrecher.« Er blickte kurz zu Groohi und sagte: »Bin mir sicher, es waren Leute aus einem anderen Dorf, die das Rosenwasser trinken möchten, um ebenso mächtig zu werden wie die Feen.«
Pat hob den Kopf. »Geh doch mal vor die Tür, es ist wieder warm, der Nebel ist weg und er bleibt auch weg.«
»Was hat das mit dem Wetter zu tun?«, spottete der Wirt. »Hör mir doch auf mit dem Nebel, der Kälte und diesem Quatsch. Ich sag euch was, jemand will sich an uns oder den Feen rächen, ach, was weiß ich, keine Ahnung.«
Pat senkte den Kopf. »Ich lebe lange genug in Longor und kenne die Geschichten vom Nebel, der den Riesen lockt. Er war da, hat sich heimtückisch angeschlichen und den Schatz genommen. Es ist vorbei. Mein Großvater erzählte uns immer wieder die Geschichte vom Fluss, vom Nebel und seinen weißen Fingern. Er sagte: Sind die Tage vor Mittsommer neblig und kalt, kommt der Tod sehr bald!«
»Ein Riese! Das ist doch nur ein Märchen«, erwiderte Elwin schmunzelnd.
Pat hob die Schultern. »Du denkst, es sei ein Märchen?« Er schüttelte den Kopf. »Sieh dich doch um, alle sind nervös. Ich nicht. Es ist vorbei, das weiß ich. Diesmal nahm er das Rosenwasser und bringt uns alle um.« Er fasste das Glas auf der Theke mit beiden Händen und starrte es an, als wollte er die verbleibende Zeit schweigen und sie untrennbar mit seinem Getränk verbringen.
»Der Riese«, brummelte der Wirt und sah augenzwinkernd zu Groohi. »Jedes Kind kennt die Geschichte, nur gesehen hat ihn noch niemand.«
Elwin wusste nicht, ob er Pat glauben sollte. Groohi lehnte sich zu ihm, unterbrach ihn in seinen Gedanken und flüsterte: »Alte Leute erzählen diese Geschichte besonders gerne während langer Winternächte am Kamin. Manche können das so gut und so glaubhaft, da spürst du die Kälte in allen Gliedern, obwohl du im Geborgenen am warmen Feuer sitzt.«
Elwin grinste und schaute sich in der Gaststube um. An einem Ecktisch saßen vier Männer und sprachen mit gedämpfter Stimme. Einer sah immer wieder zu ihnen herüber. Elwin hob die Ohren und lauschte, während er vorgab, sich die Gaststätte genauer anzusehen. Leider verstand er sie nur lückenhaft. Die Männer verdächtigten die Bohaben und misstrauten Groohi, weil er den Diebstahl entdeckt hatte. Sie glaubten, er habe gewartet, bis die Kollegen mit dem Schatz verschwunden waren, und erst dann Alarm geschlagen. Nun sei sein Freund im Dorf, eine fremde, verdächtige Gestalt mit seltsamen Ohren, die Groohi helfen solle, die Macht an sich zu reißen.
Neben dem Podium saßen zwei Freunde von Groohi. Sie sprachen nur wenig miteinander und schauten wie Pat in ihr Glas, als könnten sie darin eine Antwort finden. Am Ende der Theke stand ein Dorfbewohner mit zwei Frauen. Immer wieder lachten sie, zogen missfällige Blicke der anderen auf sich; dann dämpften sie die Stimmen und kicherten weiter.
»Wo halten sich die Feen auf?«, fragte Elwin in
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