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Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Titel: Elwin - Rosenwasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Föhr
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Strahlen auf den Boden durch. In einem Teil des Waldes hingen lange Schlingpflanzen herab, in der Mitte verwachsen, erinnerten sie an eine riesige Schaukel.
    Elwin suchte immer wieder die Baumkronen nach Vögeln ab, leider hörte noch sah er welche. Dabei musste das hier ein Paradies sein. Die hohen Bäume, die prächtigen Blätter boten überreichlich Material zum Nestbau. Wieder wanderte sein Blick an einem gewaltigen Baumstamm hinauf, dann stockte er und schrie vor Schreck. Groohi blieb sofort stehen, riss den Kopf herum, sah das Grauen in Elwins Gesicht und folgte seinem Blick.
    Zwischen zwei Ästen hing ein Tier mit drei dünnen langen Beinen und Krallen eines Adlers als Füße. Der Kopf war flach und schmal. Seine seitlichen grünblauen Augen pulsierten, eine lange dünne tiefrote Zunge tänzelte vor dem halb offenen Maul. Vier gebogene Eckzähne griffen ineinander. Das Tier löste die hintere Kralle und setzte sich auf den Ast. Nun sah Elwin, dass das dritte Bein der Schwanz der Kreatur war, der sich zu einem Arm mit Kralle entwickelt hatte. Der kräftige schwarze Körper schien unbehaart.
    Selbst Groohi erblasste, schwieg und signalisierte Elwin mit der Hand, ihm zu folgen. Elwin schaute auf das Ungeheuer auf dem Ast über dem Weg, sah den Freund weitergehen, nahm allen Mut zusammen, sprang unter dem Ast hindurch und lief Groohi nach. Hinter sich hörte er Knurren und Schaben, dann Rascheln. Seine Neugierde war größer als die Furcht. Er drehte sich um, aber das seltsame Vieh war verschwunden.
    Der weitere Weg führte stetig bergab. Eigentlich war es kein Pfad, eher eine breite Furche im Wald, infolge eines Erdbebens vor langer Zeit. Elwin sah sich um und prägte sich die Umgebung ein. Die Stämme der Bäume waren kräftiger geworden, obgleich sie ebenso hoch waren wie die Bäume weiter oben. Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber je länger er auf die Baumstämme sah, desto mehr glaubte er, Gesichter in ihnen zu sehen.
    Groohi hatte eben eine lange Reihe bis zwölf abgezählt, neben einer Birke blieb er stehen, der Graben teilte sich.
    »Wir sind gleich da«, erklärte er. »Einen Teil der Bäume pflanzten meine Vorfahren. Kein Fremder kann diesen Wegweiser entschlüsseln, nur der Zufall führt ihn zum Brunnen.« Er stützte sich mit einer Hand an der Birke ab, mit der anderen deutete er auf den Wald. »Und? Ist dir an den Bäumen etwas aufgefallen?«, fragte er.
    »Ihre Stämme rechts und links des Grabens sind größer und dicker als am Eingang.«
    »Stimmt. Was noch?«
    »Manchmal glaube ich, Gesichter zu erkennen, in Astlöchern, sogar in den Wurzeln.«
    Groohi schmunzelte. »Sehr gut. Ich sehe, auf deinen Scharfblick kann ich mich nach wie vor verlassen. Es sind Gesichter! Sie beobachten und belauschen uns. Manchmal drehen sie ihre Augen und strecken ihre Zungen heraus. Beachte sie nicht! Wir gehen nun auf die Quelle zu.«
    »Gibt es etwas, das ich noch wissen sollte?«, fragte Elwin vorsichtig.
    »Ja. Fofenda steckt überall, sie wandert von Baum zu Baum und redet Unfug. Wir Bohaben können bestimmen, ob wir ihr Gequatsche anhören möchten oder nicht. Wir halten die Ohren fest zu, dann müssen wir ihr Gerede nicht ertragen. Vielleicht funktioniert dass auch bei dir. Schau nur auf den Boden. Ich gehe vor, bleib du dicht hinter mir.«
    Elwin sah ihn sprachlos an.
    »Bist du bereit?«, fragte Groohi und sein Freund nickte. Da drehte Groohi sich entschlossen um, bog links ab und schritt den tiefer werdenden Graben hinab.

Ragos Leute
    Die schwarzen Stiefel der beiden Männer waren nass vom Morgentau. Müde stapften sie hintereinander durch das hohe Gras, Nallan als zweiter setzte seine Stiefel in Jerris Fußabdrücke. Er wusste, sie mussten gut aufpassen und durften nicht zu viel Gras niedertreten. Andererseits, wer sollte sie hier kontrollieren? Rago war weit weg.
    Nallans Gedanken waren bei der ungeöffneten Schatzkiste. Noch eine Nacht bis Mittsommer, dann hatten sie ihr Ziel erreicht. Könnte er die Kiste nur öffnen und Taron das Rosenwasser reichen! Der Prinz würde mächtiger als jemals zuvor werden, und er, Nallan, hätte ihm dazu verholfen. Doch Rago beharrte auf seiner Meinung, es sei zu gefährlich, die Kiste aufzubrechen. Sollte er Rago übergehen und die Kiste in einem günstigen Augenblick vielleicht doch gewaltsam öffnen?
    Jerri blieb stehen und riss ihn aus seinen Gedanken.
    »Hörst du?« Er deutete mit dem Kopf nach Longor. »Die Bande beginnt mit der Schatzsuche.« Er lachte.

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