Elwin - Rosenwasser (German Edition)
befehlen, ihn loszulassen! Elwin drehte sich um, öffnete den Mund, und da geschah es. Ihm war, als drücke eine gewaltige grauschwarze Flut ihn nieder. Einem reißenden Fluss gleich, umströmte sie seinen Kopf, drückte auf seinen Körper und nahm ihm die Sicht. Der Wald, durch den sie gekommen waren, war ebenso schemenhaft wie die Umrisse des Freundes. Das schwarze Zeug presste sich ihm ins Gesicht, zerrte schmerzhaft an den Ohren. Er versuchte, die Arme zu bewegen, eine Pfote schützend vor die Augen zu legen, vergeblich, die Strömung war zu stark. Es war kein Wasser, keine Luft, nichts, was er kannte.
Elwin drehte sich seitlich in den Strom, bot ihm so weniger Widerstand. Er hatte Angst, es würde ihm die Füße wegreißen, ihn gegen die Steine des Brunnens schleudern und zerdrücken. Sein Herz schlug bis zum Hals, sein Atem raste. Groohi riss heftig an seinem Arm, Schmerzen schossen Elwin in die Schulter. Er blinzelte in den schwarzen Strom und erkannte ein entstelltes Gesicht, Groohi. Elwin war plötzlich völlig kraftlos und fühlte sich verloren. Er schloss die Augen, doch da zog Groohi ihn über die Steine.
Auf einmal war das Tosen des Stroms verstummt, und Elwin fiel hart auf den Boden. Seine linke Schulter schmerzte. Er öffnete die Augen und sah sich außerhalb des Bogens auf der Erde liegen. Die schwarze Flut war verschwunden. Groohi wischte sich mit einem Tuch Schweiß von der Stirn. »Verstehst du nun, weshalb ich nicht hinein möchte?«, fragte er erschöpft.
Elwin setzte sich auf, rieb sich den schmerzenden Kopf und schaute auf seinen Oberkörper. Sein Herz schlug so heftig, dass er es sehen konnte. »Was war das?«, fragte er atemlos.
»Fofendas Verwünschung«, erklärte Groohi. »Der Legende nach hat sie Brunnen und Zugang verflucht. Niemand durfte für die Feen Maledonias das Rosenwasser hier wegholen. Sie hoffte, die Feen verlören ihre Kraft, verdorrten zu Rosenzweigen, und sie wäre die Herrscherin.«
»Ich verstehe nicht«, erwiderte Elwin. »Fofenda ist auch eine Fee. Woher erhält sie ihr Wasser?«
Groohi hob eine Hand und deutete auf den Wald. »Man sagt, sie nimmt ihre Kraft, ihr Elixier, über die Wurzeln der Bäume auf.«
Beide schwiegen eine Weile und erholten sich von den Strapazen. Sie waren zu erschöpft und beachteten den Waldboden und die Bäume nicht weiter. Es war Elwin, der die Stille brach.
»Wie kommt ihr denn unbeschadet mit der schweren Schatzkiste heraus?«
»Das Wasser der Quelle gibt uns die Kraft. Für jeden Wächter steht am Brunnen ein Becher bereit, den wir beim Verlassen austrinken. Alle Verwünschungen Fofendas sind dagegen machtlos.«
»Hast du einen Becher mitgenommen?«
»Nein. Sie stehen bereits gefüllt am Brunnen, wenn wir kommen.«
»So? Und wer füllt sie?«, fragte Elwin, stand auf und spähte durch die Pforte.
Groohi winkte ab. »Wir Ehrenwächter sprechen nicht darüber; es bringt Unglück.«
»Hier, inmitten des verwunschenen Waldes, mit deinem bestem Freund, kann die Geschichte dir kein Unglück bringen«, erklärte Elwin fest und Groohi begann zu erzählen.
»Viele Jahre, nachdem die Feen um Königin Mala verdorrt waren, suchte ein Fremder, ein Troll mit dem Namen Bohabo, Fofendas Wald auf. Er war mit seinem Stamm durch Maledonia gezogen. Die Geschichte der Feen und des verwunschenen Waldes, in dem Fofenda ihre Strafe verbüßt, kannte damals jedes Kind. So hatte auch Bohabo von den Feen erfahren und machte sich auf die Suche nach den verdorrten Rosen. Fofenda beobachtete ihn auf seinen Wanderungen durch ihren Wald, sprach mit ihm, versuchte ihn zu vertreiben, aber Bohabo war aus irgendeinem Grund gegen ihre Flüche gefeit. Eines Tages entdeckte er eine geheimnisvolle Quelle, stieg mit seinen Söhnen hinab und lernte Pletomuk, den Wassergeist, kennen.«
Elwin grinste. »Ein Wassergeist! Du erzählst mir ein Märchen!«
Groohi war nicht nach Spaßen zumute. »Möchtest du die Geschichte hören oder nicht?«
Elwin hob entschuldigend die Pfoten und Groohi nahm die Geschichte wieder auf.
»Pletomuk reichte ihnen Rosenwasser und erklärte, wo sie die Rosensträucher finden konnten. Bohabo betupfte mit dem Elixier die Rosenzweige und befreite die Feen so aus ihrer Verbannung. Fofenda verwünschte ihn auf der Stelle, ebenso seine Söhne und die gerade erwachten Feen. Aber gegen Pletomuks Wasser war sie machtlos. Die Feen um Königin Mala beschützten wieder Maledonia, aber Fofenda blieb im Wald gefangen. Bohabos Stamm ließ sich in der
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