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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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hautlosen Monstern. Ihre grässlichen Körper wiegten sich hin und her, als wären sie in einer Art Dämmerzustand. Jimmy wusste nicht, was dieses Verhalten zu bedeuten hatte, und er wollte es auch gar nicht herausfinden. Im Augenblick war der Elektrozaun alles, was ihn und die anderen Kinder vor diesen seltsamen Wesen schützte, doch auch wenn er gesehen hatte, was der Zaun mit einem der Malachim gemacht hatte, konnte sich Jimmy nicht vorstellen, dass er wirklich auf Dauer ein unüberwindliches Hindernis für sie darstellte.
    Umgekehrt allerdings war die Umzäunung genau das. Er und Rasim wären vielleicht mit etwas Geschick und Glück darüber hinweggekommen, irgendetwas wäre ihnen schon eingefallen. Aber bei den kleineren Kindern wie Mara und insbesondere Ruby, die vor Fieber glühte und offensichtlich mit ihren toten Eltern sprach, war das ausgeschlossen. Doch Jimmy würde sie nicht zurücklassen, keinen von ihnen, so viel stand fest.
    Allerdings war er sich nicht sicher, dass Rasim das genauso sah. Er warf dem dunkelhäutigen Jungen einen verstohlenen Blick zu. Rasim war ganz in den Anblick der Einstiegsluke versunken. Ohne ihn hätte Jimmy das Ding wohl nicht einmal aufbekommen.
    Außer Ruby, die sie im Schatten des kleinen Hauses abgelegt hatten, und dem kleinen Martin, der sie bewachte, hatten sich alle Kinder um das Loch versammelt. Die Sonne brannte unerbittlich auf sie hinab. Ihre Essensvorräte gingen zur Neige, das wenige Restwasser, das sie noch hatten, war für Ruby bestimmt. Sie hatten keine Zeit zu verlieren.
    »Na dann los!«, sagte Jimmy.
    Niemand rührte sich. Unverständnis und Verwirrung in den meisten Gesichtern. Nur Rasim sah aus, als wollte er sich jeden Moment vor Lachen ausschütten.
    »Was?«, fragte Jimmy ärgerlich.
    Rasim verdrehte die Augen, dann trat er an Jimmy heran, legte ihm die Hand ans Ohr und flüsterte: »Du musst das schon ein bisschen erklären.«
    »Was soll das heißen?«, zischelte Jimmy aufgebracht zurück und so laut, dass es jeder hören konnte. »Ich meine, wir müssen eben einfach da runter. Was gibt’s da noch zu erklären?« Die Augen der anderen Kinder wurden noch größer.
    »Na ja«, erwiderte Rasim immer noch flüsternd. »Ein guter Anführer würde es erklären. Eine Rede halten oder so.«
    Es fehlte nicht viel, und Jimmy hätte mit dem Fuß aufgestampft. »Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass ich kein Anführer bin!«
    »Ja, Alter. Weiß ich doch, aber die da«, er wies mit dem Daumen auf die restlichen Kinder, »die wissen’s nicht.«
    Jimmy hatte für ein paar Sekunden die anderen vergessen. Die meisten von ihnen wirkten regelrecht verzweifelt. Auch wenn Jimmy es nicht wahrhaben wollte, er wusste genau, dass Rasim recht hatte. Resigniert stieß er einen leisen Seufzer aus und fügte sich in sein Schicksal.
    »Hört mal«, begann er, und sogleich erschien ein Hoffnungsschimmer in den Augen der Umstehenden. Er wäre am liebsten noch in derselben Sekunde weggelaufen, stattdessen sprach er weiter. »Ihr wisst, wie die Lage ist. Wir sind kurz vorm Verdursten, das Essen reicht vielleicht noch einen halben Tag. Keiner weiß genau, was Ruby hat und ob es vielleicht tödlich ist oder ansteckend oder so. Ihr wisst schon.« Die Kinder hingen gebannt an seinen Lippen. Er schien den richtigen Ton zu treffen. »Draußen vor den Zäunen steht eine Armee Malachim. Irgendwie scheinen sie zu schlafen, aber das könnte sich jeden Moment ändern, und ihr habt alle gesehen, was sie mit Patrick gemacht haben. Also, wenn wir hier oben bleiben, sind wir bald alle verdurstet oder verhungert oder zerfleischt oder todkrank oder alles zusammen.«
    Er merkte, wie ihn das Gewicht der eigenen Worte vorantrieb. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, der Anführer dieser Gruppe zu sein. Er überlegte, was so ein Anführer noch alles sagen würde, um zu erreichen, was er wollte.
    »Dort unten wartet zwar ein ungewisses Schicksal auf uns, aber hier oben erwartet uns der sichere Tod.« Das klang gut. »Also müssen wir wohl oder übel nach unten in die Dunkelheit, klar?«
    Er sah sich um, doch das Ergebnis seiner Rede war ernüchternd. Entsetzen in allen Augen. Mara war in Tränen ausgebrochen. Sogar einer der Größeren weinte. Nur neben Jimmy war ein leises Kichern zu hören.
    »Ich hatte da eigentlich mehr an etwas Ermutigendes gedacht«, flüsterte Rasim. »Aber ansonsten war das große Klasse, Alter. Echt wuchtig.«
    Jimmy fuhr herum in dem fast unwiderstehlichen Impuls, Rasim

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