Elysion: Roman (German Edition)
mögen das sein?«, fragte McCann schließlich.
David zog die Schultern hoch. »Keine Ahnung. Ich kann sie nicht einmal alle sehen, geschweige denn zählen. Sie scheinen sich jedenfalls rund um die Mauer dieses Gebäudes versammelt zu haben. Können Hunderte sein, aber auch Tausende. Wirklich schwer zu sagen von hier aus.«
»Hm.« McCann kraulte sich am Bart. »Ich könnte Kundschafter ausschicken, aber dann riskiere ich, dass die Burschen auf mich aufmerksam werden.«
»Falls das nicht schon längst passiert ist«, warf David ein.
McCann grinste. »Dann hätten wir alle hier unseren letzten Atemzug getan. Nein, mein Freund, ich kenne mich nach all der Zeit ganz gut aus mit diesen Kreaturen. Wir sind hier etwa zweihundert Meter entfernt von ihnen, so weit hören und sehen nicht einmal sie.«
David betete still und heimlich, dass McCann sich nicht irrte. Er mochte sich äußerlich angemessen überrascht geben. Tatsächlich hatte ihn das, was er durch das Fernglas gesehen hatte, in blanken Schrecken versetzt. Malachim scharenweise. Eine ganze verdammte Armee davon. Was mochte sie nur zusammengebracht haben?
»Und jetzt?«, fragte er.
»Klettern wir erst mal von diesem Baum«, antwortete McCann fast fröhlich. Ein bisschen zu fröhlich für Davids Geschmack.
Ein paar Minuten später sah er McCann zu, wie dieser seinen Männern am Boden berichtete, was sie gerade gesehen hatten. David, der selbst einmal Männer in den Kampf geführt hatte, musste zugeben, dass er den Kerl dafür bewunderte, wie er es schaffte, seinen Leuten die Begegnung mit einem schier übermächtigen Gegner auch noch als grandiose Chance zu verkaufen. Am Ende einer kurzen, aber wirkungsvollen Ansprache schienen alle Feuer und Flamme zu sein, das Heer der Malachim anzugreifen. Doch zunächst befahl McCann seiner Gefolgschaft erst einmal Ruhe und eine Mahlzeit. Während die Männer ihr Gepäck abluden und Essen zubereiteten, suchte McCann erneut Davids Nähe.
»Das lief besser, als ich dachte«, sagte er und bot David eine Zigarre an.
»Allerdings«, sagte David und ergriff die Zigarre. »Ich weiß nicht, wovor ich mehr Angst haben soll. Vor deiner Überzeugungskraft oder dem Geisteszustand deiner Männer.«
McCann lachte. »Auf jeden Fall Letzteres, mein Freund«, sagte er dann und gab ihm Feuer. »Außerdem ist mittlerweile der Großteil von ihnen ohne Zweifel süchtig.«
»Süchtig?« David runzelte die Stirn. »Wonach? Sterben?«
McCann paffte mit vergnügtem Gesichtsausdruck an seiner Zigarre. »Scheint so, als hättest du noch nie von Teer gehört. Kennt man das bei euch Waldschraten und Malachim-Arschleckern etwa nicht?«
»Ich fürchte, nein.«
»Es ist das, was zurückbleibt, wenn du diese Monster mit gutem altem Starkstrom grillst. Sieht ein bisschen aus wie flüssiges Pech. Daher auch der Name. Zieh’s dir rein, und du bist zu wahren Wundertaten fähig. Kannst durch Wände gehen, deinen Körper durchlässig machen, Dinge auflösen und mit anderen Dingen verschmelzen, hast den Geruchssinn eines Hundes, siehst wie ein Adler, und das Allerbeste: Wer es schluckt, für den verlangsamt sich der Lauf der Dinge. Alles, was passiert, scheint auf einmal in Zeitlupe abzulaufen. Und das bedeutet, du kannst doppelt so schnell reagieren.«
»Klingt ja nach einem echten Wundermittel«, sagte David skeptisch. »Wo ist der Haken?«
»Wie gesagt, es macht süchtig, und zwar schnell und äußerst heftig. Nur einmal genommen, und du willst immer mehr, und ehe du dich versiehst, bist du voll drauf mit Entzugserscheinungen und allem Drum und Dran. Ich hab das selber mal ausprobiert und bin knapp dran vorbeigekommen.«
»Aha. Und trotzdem erlaubst du deinen Männern, sich das Zeug reinzuziehen?«
McCann zwinkerte ihm zu. »Du glaubst gar nicht, wie das die Kampfmoral stärkt. Ich meine, diese Jungs«, er nickte in Richtung seiner Männer, »müssen nicht erst zum Jagen getragen werden, wenn du verstehst. Zwei Tage ohne, und die flehen mich um ein Rendezvous mit diesen Monstern an.«
David schürzte die Lippen und nickte anerkennend. Damit war klar, warum McCanns kurze Ansprache ein derart durchschlagender Erfolg gewesen war. Eine Frage aber brannte ihm gleichwohl auf der Seele. »Aber wie …«
»… will ich gegen diese immense Übermacht bestehen?«, führte McCann den Satz grinsend zu Ende.
David nickte.
»Nun ja, mein Freund. Für genau diese Art von Feinplanung ist bisher immer meine rechte Hand zuständig gewesen, und wenn ich mich
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