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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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und ein paar gezielten Napalmwürfen in den mittleren Zaun, dessen Ladung sie hoffentlich grillen wird.«
    McCann schüttelte unwillig den Kopf. »Das ist doch viel zu umständlich. Warum verbrennen wir sie nicht gleich zu Asche?«
    »Nun, nach dem, was du mir über deine Männer erzählt hast, bin ich davon ausgegangen, dass bei der ganzen Aktion etwas von diesem – wie nennt ihr es noch mal? – Teer herausspringen soll.«
    McCanns Gesicht hellte sich auf. Er klopfte David auf die Schulter. »Hast recht. Hätt ich in meinem Eifer doch beinah übersehen. Stimmt, die Männer müssen auf ihre Kosten kommen.« Er rieb sich den Bart und betrachtete wieder das Modell. »Wie lange brauchst du für die Vorbereitungen?«
    »Wenn ich ein halbes Dutzend deiner Männer bekomme, etwa eine halbe Stunde für die Herstellung und eine weitere für die Verteilung des Napalms.«
    »Hört sich gut an. Du kriegst die Männer.« Ohne ein weiteres Wort drehte sich McCann um und ging zu seiner Truppe.
    David atmete auf. Offensichtlich hatte er die Schwächen seines Plans tatsächlich gut übertüncht. Zum Beispiel die Gefahr, bei der seit Tagen herrschenden Trockenheit einen Waldbrand heraufzubeschwören, der sie am Ende alle verschlingen konnte.
    Aber das verschwieg er McCann lieber …

    Cooper schloss die Augen und öffnete sie wieder.
    Er war immer noch da.
    Er ging vor ihr auf und ab. Er bewegte die Hände und gestikulierte wild. Er sprach. Auch wenn sie beim besten Willen kein Wort von dem begriff, was er da erzählte. Jedes Mal, wenn sie sich darauf konzentrieren wollte, schweiften ihre Gedanken sogleich wieder ab und beschäftigten sich mit seinem Äußeren.
    Sie konnte gar nicht genug davon kriegen, ihn anzusehen. Sie sog seine Gestalt und die Veränderungen, die ihr auffielen, regelrecht in sich auf. Seine Haare waren silbergrau und so lang, dass sie ihm über die Schultern fielen. Damals waren sie schwarz gewesen und militärisch kurz. Weiße Bartstoppeln; früher war er immer glatt rasiert gewesen. Tiefe Falten hatten sich in sein Gesicht gegraben, er schien ihr blass, und seine Wangen waren hohl, die Stimme merkwürdig rau. Aber es war seine Stimme, unverkennbar.
    Sie berührte etwas tief in ihr. Etwas, das ihr Herz zum Flattern brachte, ihr die Kehle zuschnüren wollte. Etwas, das sie zugleich kopflos flüchten und für immer hier sitzen lassen wollte. Etwas, das den Sinn seiner Worte zur Nebensache machte.
    Bei alldem konnte sie sich des seltsamen Gefühls nicht erwehren, ein Eindringling in der Welt eines Fremden zu sein. Jener Welt des vor seiner Zeit gealterten Mannes dort vor ihr. Ja, er war ihr vertraut und fremd zugleich. Die Jahre schienen zwischen ihnen zu stehen wie eine unüberwindbare Mauer. Etwas war für immer verloren, etwas Unwiederbringliches, das wurde ihr nun schlagartig klar.
    »Ist das hier deine Arbeit, zu der du damals immer gegangen bist?«, fragte sie irgendwann und unterbrach seinen Wortschwall.
    Er blickte sich um, als wäre er zum ersten Mal in diesem Labor.
    »Ja«, sagte er schließlich. »Das ist das USAILEP . Damals, als du klein warst, durfte ich nicht darüber reden, nicht einmal mit deiner Mutter.«
    Mutter. Das Wort hallte eine Weile nach wie das Grollen eines fernen Donners. Cooper spürte, wie ihr Mund trocken wurde. Sie schluckte und fasste sich ein Herz. »Hast du gesehen, wie sie … Wie sie Mutter …?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich sah sie erst, als sie schon im Schnee lag. Sie hatten mich im Haus festgehalten, als sie nach draußen stürmte, um dich zu warnen. Danach erst konnte ich mich losreißen und bin zum Fenster gerannt. Und dann … traf mich der Schuss von hinten hier.« Er drehte ihr die rechte Gesichtshälfte zu und zeigte auf sein Ohr, vor dem eine hässliche Narbe zu sehen war.
    »Ich hab dich am Fenster gesehen«, sagte Cooper. »Ich dachte, sie hätten dich …« Wieder versagte ihre Stimme. Sie sah schnell auf den Boden und biss sich auf die Lippe.
    »Das dachte ich auch«, sagte er. »An den Schuss selbst kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich muss ohnmächtig geworden sein. Als ich wieder erwachte, lag ich am Boden. Mein Kopf und die Bretter darunter waren voller Blut. Sie müssen mich für tot gehalten haben. Dann habe ich deine Mutter vor der Hütte gefunden. Aber du warst verschwunden. All die Jahre habe ich Gott angefleht, dass sie dich nur entführt haben.«
    Sie stellte ihn sich vor, wie er für ihr Leben gebetet hatte. Es war ein schöner Gedanke.

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