Elysion: Roman (German Edition)
recht. Die Kinder werden nur dir folgen.«
Jimmys Gesicht färbte sich dunkelrot. »Na gut«, grummelte er, ohne ihr in die Augen zu sehen, »wenn du unbedingt willst.«
Cooper schluckte. Erst jetzt, da es beschlossen war, wurde ihr bewusst, was sie auf sich genommen hatte. Jimmys und Rasims finstere Mienen machten ihr Herz nicht leichter. Es war schon seltsam, mit welcher Entschiedenheit manche Leute ihr eigenes Todesurteil unterzeichneten. Aber auch wenn Rasim ein Arschloch war, in einem hatte er recht. Es war ihre Schuld. Zumindest fühlte es sich so an.
Irgendwie war es, als hätte ihr Vater auch in ihrem Namen gehandelt. War es nicht das, was er ihr hatte erklären wollen? Dass es ihr Verschwinden und der Tod ihrer Mutter gewesen waren, die ihn von dem liebevollen Familienmenschen ihrer Kindertage in jenen erbarmungslosen Mann verwandelt hatten, der Jimmy seinen Bruder und so vielen Menschen ihre Lieben genommen hatte? Der die Malachim über die Erde gebracht hatte? Zwischen ihr und diesen Ereignissen bestand eine klare Verbindung. Egal, ob sie es gewollt hatte oder nicht, sie hatte all das ausgelöst.
Sie wünschte, sie hätte sich von all dem lossagen können. Aber er war nun einmal ihr Vater. Wenn sie in sein Gesicht blickte, sah sie ihre eigenen Augen. Sie würde akzeptieren müssen, dass sie die Tochter eines … Monsters war. Oder vielmehr eines Menschen, der aus Liebe zu ihr zu einem Monster geworden war. Ihr Monster.
Sie schluckte ein würgendes Gefühl herunter. »Also abgemacht.«
Jimmy nickte, sichtlich widerwillig, während sich Rasim keine Mühe gab, seine Erleichterung zu verbergen.
»Dann werde ich ihn jetzt mal nach dem Weg fragen.« Sie drängte sich an den beiden vorbei in den Kontrollraum zurück.
Der Stuhl vor dem Schaltpult war leer.
Mara schaute sich die Schachteln in dem Regal an, eine nach der andern. Sie hatten merkwürdige Namen, mit vielen Silben und eine Unmenge von Xen, Ypsilons oder Zetts, viel mehr, als normale Worte hatten. Sie betrachtete sie bestimmt schon das zehnte Mal, seit Jimmy und Rasim mit dem komischen Mädchen und dem Pontifex verschwunden waren.
Wie lange mochte das wohl her sein? Es war schwer, die Zeit einzuschätzen, wenn man tief unter der Erde festsaß. Sie gähnte ausgiebig, streckte sich und drehte sich um. Die anderen Kinder hatten es sich in kleinen Grüppchen auf dem Boden des Raumes bequem gemacht. Einige flüsterten miteinander, andere dösten. Das grüne Licht verbreitete eine schläfrige Atmosphäre, zumal endlich dieses schreckliche Geräusch aufgehört hatte. Der kleine Marcus saugte an einem der durchsichtigen Beutel voll süßsalziger Flüssigkeit.
Zeit, nach Ruby zu sehen. Sie hatten sie auf eine Art Bett mit Griffen zum Tragen gelegt und eine Decke über sie gebreitet. Mara hätte selbst gern eine Decke gehabt, denn es war recht kühl im Raum. Ruby warf sich hin und her. Ihr Mund bewegte sich, aber es drangen keine Worte daraus hervor. Ihr Gesicht war immer noch voller kleiner Punkte. Mara legte ihr die Hand auf die Stirn. Sie war immer noch sehr heiß und auch ein bisschen feucht, aber nicht mehr ganz so heiß wie zuvor. Jedenfalls kam es Mara so vor.
Sie lehnte sich neben Rubys Lager gegen die Wand, die sich unglaublich glatt und ein bisschen kalt anfühlte. Mara fragte sich, ob sie nun hierbleiben mussten. Von selbst wäre sie nicht auf diesen Gedanken gekommen, aber Marcus, mit dem sie vorhin ein paar Worte gewechselt hatte, hatte die Frage gestellt. Es hatte nach einer echt komischen Idee geklungen. Deswegen hatte sie Marcus nur ausgelacht, und er war ganz rot geworden, aber je mehr sie darüber nachdachte, desto weniger dumm kam es ihr vor.
Oben an der Oberfläche waren die Malachim, und wer wollte denen schon noch einmal begegnen. Hier unten aber gab es zumindest Essen und Trinken. Alles in allem war es gar nicht mal so schlecht. Besser jedenfalls als in dem Waisenhaus, in dem sie die letzten Jahre seit der Hinrichtung ihrer Eltern verbracht hatte. Keine Erwachsenen, die sie herumkommandierten oder schlugen. Nur den Himmel vermisste sie ein bisschen.
Ein Poltern ließ sie herumfahren. Die Tür sprang auf. Mara hielt den Atem an. Im Türrahmen stand ein Mann. Ein großer, starker Mann mit nackten Armen und einer seltsam fleckigen Kleidung. Er sah überhaupt nicht nett aus. Er hatte keine Haare mehr, dafür aber einen Bart, der sein halbes Gesicht bedeckte. Und er hielt ein riesiges Messer in der Hand. Während sein Blick durch
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