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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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gibt es denn heute Leckeres?«
    Irgendwie gehörte Cooper offensichtlich auch in diesen seltsamen Traum, als unverheiratete Lieblingsschwester oder so. Kitschiger Unsinn. Eine plüschrosa Traumwelt, wie nur Stacy sie sich ausmalen konnte. Wenn er bloß daran dachte, kam ihm die Galle hoch. Er biss sich auf die Lippen, als er ihren fragenden Gesichtsausdruck bemerkte.
    »Mach dir keine Sorgen um Coop. Die kommt schon allein klar«, sagte er, den Blick in die Ferne gerichtet.
    Es mochte angesichts der Ereignisse der letzten zwei Stunden seltsam erscheinen, aber Brent war sich sicher, dass er recht hatte. Cooper war eben aus einem völlig anderen Holz geschnitzt als Stacy. Kein Püppchen. Niemand, dem die Jungs in Rockwell Heights nachgepfiffen hätten, als dort noch die katholische Schule gewesen war. Aber jemand, der ein halbes Dutzend Malach fast im Alleingang erledigt hatte. Eine verdammte Kampfmaschine im Kleinformat.
    Er spuckte aus. »Und jetzt komm endlich!«
    Erneut zog er sie am Oberarm. Widerwillig ließ Stacy sich mitziehen.
    Die breite Straße war von Industriegebäuden gesäumt, von denen die meisten älter als hundert Jahre waren. Alter Backsteinadel. Hölzerne oder gusseiserne Doppelkastenfenster. Das meiste Glas zerbrochen oder blind vom Staub der Jahrzehnte. Die Mutter einer Habichtfamilie, die ihr Nest auf halber Höhe einer Feuerleiter errichtet hatte, krähte aufgeregt, als sie die beiden Menschen bemerkte. Die Gegend war schon vor der Entvölkerung alles andere als ein beliebtes Wohngebiet gewesen.
    Ein paar Minuten später waren sie vor ihrem Domizil angekommen. Brent sog die Morgenluft in sich ein. Feuchtwarm, schon um diese Tageszeit. Er nahm das Gebäude in Augenschein. In dieser Stadt war Misstrauen nie eine schlechte Idee. Aber es sah alles friedlich aus. Nicht anders, als sie es verlassen hatten.
    Das Gebäude war ein fünfstöckiger Backsteinquader an der Ecke 15th und Laflin Street, schlicht und funktional. Im Erdgeschoss waren die meisten der großen Fenster irgendwann nach der ersten Bauphase zugemauert worden, ab dem ersten Stock bestanden sie aus Glasbausteinen, Sperrholzplatten oder Plastikfolie; nur hier und dort sah man noch echtes Fensterglas. Eine alte Fabrik der Otis Elevator Company. Sie hatte schon lange vor dem Bürgerkrieg leer gestanden.
    Cooper und er hatten das Gebäude ausgesucht, weil die Gegend hier fast komplett menschenleer war und ihnen das angesichts ihrer Hauptbeschäftigung sicherer erschien. In wochenlanger Arbeit hatten beide den Übergang zwischen erstem und zweitem Stock mit Nato-Draht geschützt und alle Eingänge auf Bodenniveau zugemauert. Der einzige reguläre Zugang war damit passenderweise eine Art Außenfahrstuhl, eine Eigenkonstruktion und Coopers ganzer Stolz. Er bestand aus einem schlichten mannshohen Käfig, der über einen Flaschenzug und eine Seilwinde aus dem Inneren des Gebäudes bedient werden konnte.
    Brent stieß einen schrillen Pfiff aus. Das vereinbarte Zeichen, den Korb, der auf Höhe des ersten Stockwerkes neben einer völlig verrosteten Außentreppe baumelte, herabzulassen.
    Ein paar Minuten lang war nur das Krähen der Habichtmutter zu hören, die sich offenbar immer noch nicht beruhigt hatte. Dann setzte sich der Korb scheinbar wie von Geisterhand in Bewegung und berührte schließlich drei Meter vor ihnen die großen Bordsteinplatten. Schweigend ließ sich Stacy von ihrem Freund in den Korb ziehen, der an einer Seite offen war und in dem bequem auch noch eine dritte Person Platz gefunden hätte. Nachdem er eine kleine Sicherungskette vorgelegt hatte, pfiff er ein zweites Mal, und ein paar Augenblicke später wurden sie langsam schaukelnd in die Höhe gezogen.
    Für Brent war es immer noch ein kleines Wunder, dass eine Person in der Lage war, den mächtigen Eisenkorb nebst Füllung über drei Stockwerke nach oben zu bewegen. Cooper hatte einmal versucht, ihm zu erklären, wie das funktionierte. Irgendwas von Hebelgesetz und einem von diesen alten, griechischen Philosophen – Archidingsdas oder so ähnlich. Es hatte verdammt langweilig geklungen. Trotzdem war es irgendwie cool gewesen, diese Dinge aus dem Mund eines Mädchens zu hören, auch wenn Cooper nicht nur aus diesem Grund seine Definition von »Mädchen« nur bedingt erfüllte.
    Mit einem letzten Ruck kam der Korb vor einer mannshohen Öffnung im dritten Stock zum Stehen. Aus dem Dämmer des Inneren griff eine sehnige Hand mit schwarzer Haut nach dem Rand des Korbs. Zwei

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