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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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bestätigen oder eben auszuschließen«, erklärte er, »aber wie du weißt, funktioniert meine Nase nicht mehr. Sag mir einfach, was du riechst.«
    Cooper beugte sich über ihre Pflegemutter, deren Gesicht selbst im warmen Licht der Talgleuchten wächsern und ungesund wirkte. Big Mamas Augen waren halb geöffnet, aber sie schien ihre Umgebung nicht wahrzunehmen. Ihre unaufhörlich zuckenden Hände bildeten einen seltsamen Kontrast zu ihrer Lethargie.
    Sie schien kaum zu atmen. Aber als Cooper schnupperte, wusste sie sofort, worum es Gregory ging.
    »Es riecht total süß«, sagte sie.
    Gregory nickte und legte die Stirn in Falten. »Leberzirrhose. Schrumpfleber. Das Organ ist kurz vorm Versagen. Das Händezittern, der süßliche Atem – das sind recht klare Anzeichen.«
    Tränen liefen über Stacys blasse Wangen. »Was passiert jetzt mit ihr?«
    Gregory machte ein gequältes Gesicht. »Ich will euch nichts vormachen. Ohne ihre Medikamente wird sie sterben.«
    Stacy wandte sich ab und schluchzte, während Brent mit unbewegtem Gesicht auf Big Mama herabstarrte. »Wie viel Zeit hat sie noch?«
    »Das könnte letztlich nur eine Leberbiopsie ergeben.«
    »Was ist das?«, fragte Cooper.
    »Man entnimmt ein winzig kleines Stück der Leber und untersucht es unter Laborbedingungen.«
    »Na, das können wir uns wohl sauber abschminken«, stellte Brent fest.
    Gregory nickte. »Tja, abgesehen davon, dass wir die Gerätschaften nicht haben, bin ich dazu auch gar nicht in der Lage. Da braucht es Experten. Einen Hepatologen oder mindestens einen Internisten.« Er schaute nachdenklich auf Big Mama herab. »Ihr könnten noch ein paar Wochen bleiben, vielleicht aber auch nur wenige Tage. Mehr kann ich euch nicht sagen.«
    »Wir müssen unbedingt neue Medikamente für sie holen.« Stacy hatte sich wieder umgedreht. Ihre Stimme klang schrill. »Sie darf nicht sterben. Vielleicht können wir noch einmal mit McCann reden.«
    »Der wird uns den Hals umdrehen, Baby«, widersprach Brent. »Denk an deinen Finger.«
    Cooper sah, wie Stacy das Blut aus dem Gesicht wich, während sie unwillkürlich die verletzte Hand hinter dem Rücken versteckte.
    Big Mama begann sich auf der Liege zu regen. Sie fuhr sich mit den zitternden Händen durchs Haar, schlug die Augen auf und sah sich um, bis ihr Blick an Cooper hängen blieb.
    »Komm her, Kleine«, sagte sie mit einer seltsamen Stimme, so als ob sie versuchte, jemanden anzulocken. »Wie heißt du?«
    »Big Mama, ich bin’s. Cooper.«
    »Cooper?« Sie schien zu überlegen. »Das ist aber ein ungewöhnlicher Name für so ein kleines Mädchen wie dich. Und wie alt bist du, Cooper? Vielleicht sieben oder acht, schätz ich.«
    »Ich bin siebzehn, Big Mama. Wir haben vor einem halben Jahr meinen Geburtstag gefeiert, oben auf dem Dach, im Schnee. Erinnerst du dich nicht?«
    Die großen dunklen Augen wurden glasig, aber nur für einen Moment, dann kehrte die alte Glut wieder zurück. »Kleine Cooper, siehst du deine Eltern dort hinten?« Sie wies auf irgendeinen Punkt hinter Cooper. »Verstehst du, was mit ihnen los ist? Es tut mir sehr leid, aber du musst jetzt mit uns kommen. Deine Eltern können sich nicht mehr um dich kümmern.«
    Cooper starrte schockiert in die Gesichter der anderen. Brent runzelte die Stirn, den Blick immer noch fest auf Big Mama gerichtet. Stacy sah jetzt erst recht aus wie ein Gespenst. Totenbleich, ihre Augen riesige wasserblaue Seen.
    »Was redet sie da?«, fragte Cooper.
    Gregory schüttelte den Kopf. »Das sind psychotische Halluzinationen. Eine hepatische Enzephalopathie, denke ich. Typisch für dieses Stadium.«
    »Du meinst, sie phantasiert?«, fragte Cooper.
    Er wackelte unbestimmt mit dem Kopf. »Das ist anzunehmen.«
    Unter ihm wand Big Mama ihren Kopf hin und her, als würde sie irgendetwas suchen. »Stacy!«, rief sie. »Stacy, komm her!«
    »Ja, Big Mama?«, antwortete Stacy, den Blick voll banger Vorahnung.
    Die Kranke wandte ihr das Gesicht zu. Es nahm einen fast feindseligen Ausdruck an. »Jetzt bekommst du, was du dir gewünscht hast. Ich hoffe, du bist mit dem Ergebnis zufrieden.« Es klang ärgerlich, fast vorwurfsvoll.
    »Was redet sie da?«, fragte Cooper. »Was hast du dir gewünscht, Stacy?«
    »Gar nichts«, stieß Stacy hervor. »Sie phantasiert, das hast du doch gehört.« Doch irgendetwas in ihrer Miene passte nicht zu der atemlosen Empörung in ihrer Stimme.
    Auch Brent schien sich seine Gedanken zu machen. Es war nicht das erste Mal, dass Cooper das

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