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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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»Hil­fe! Mei­ne Her­ren! Bit­te! Mei­ne Her­ren!« Er
wirk­te wie ein ein­ge­klam­mer­ter See­hund, der spre­chen konn­te.
    Sie pack­ten ihn un­ter die Ar­me und be­ka­men ihn end­lich durch. Er fiel, sprang
auf und rann­te oh­ne ein Wort da­von. Sie preß­ten ein Brett ge­gen den Ein­gang und
er­wei­ter­ten ihn. Dann tra­ten sie zu­rück.
    Die Men­schen klet­ter­ten hin­aus. Frau­en, Kin­der, Män­ner – man­che ei­lig, blaß,
schwit­zend, ei­nem Gra­be ent­kom­mend, an­de­re hys­te­risch, schluch­zend, schrei­end,
flu­chend –, und dann lang­sam und schwei­gend die, die nicht von der Pa­nik
ge­packt wor­den wa­ren.
    Sie rann­ten und klet­ter­ten an den Ge­fan­ge­nen vor­bei.
    »Mei­ne Her­ren«, flüs­ter­te Gold­stein. »Habt ihr das ge­hört? Bit­te, mei­ne Her­ren!
Der Mann mein­te uns ...«
    Le­wins­ky nick­te. »Ich ge­be euch ...« , wie­der­hol­te er die Wor­te des See­hun­des.
»Gar nichts«, füg­te er hin­zu. »Ab­ge­hau­en ist er wie ein Waldaf­fe.« Er sah
Gold­stein an. »Was ist los mit dir?«
    Gold­stein lehn­te sich an ihn. »Zu ko­misch!« Er konn­te kaum noch at­men. »An­statt
– daß sie uns be­frei­en ...« , keuch­te er, »be­frei­en wir – sie ...«
    Er ki­cher­te und kipp­te lang­sam zur Sei­te. Sie hiel­ten ihn fest und lie­ßen ihn
auf den Erd­hau­fen glei­ten. Dann war­te­ten sie, bis der Bun­ker leer war.
    Sie stan­den da, die Ge­fan­ge­nen vie­ler Jah­re, und sa­hen die, die für we­ni­ge
Stun­den Ge­fan­ge­ne ge­we­sen wa­ren, an sich vor­über­has­ten. Le­wins­ky er­in­ner­te
sich, daß es schon ein­mal ähn­lich ge­we­sen war – als die Häft­lin­ge auf der
Stra­ße dem Zug der Flücht­lin­ge aus der Stadt be­geg­net wa­ren. Er sah das
Dienst­mäd­chen in dem blau­en Kleid mit den wei­ßen Tup­fen aus dem Ein­gang
krie­chen. Es schüt­tel­te sei­ne Rö­cke und lä­chel­te ihm zu. Ein ein­bei­ni­ger Sol­dat
folg­te. Er rich­te­te sich auf, schob die Krücken un­ter die Ar­me und grüß­te die
Ge­fan­ge­nen, be­vor er wei­ter­hum­pel­te. Als ei­ner der letz­ten kam ein sehr al­ter Mann
her­aus. Sein Ge­sicht hat­te lan­ge Fal­ten wie das ei­nes Blut­hun­des. Er sah die
Häft­lin­ge an. »Dan­ke«, sag­te er. »Drin­nen sind noch Ver­schüt­te­te.« Lang­sam,
ge­brech­lich und mit Wür­de ging er die schie­fen Stu­fen hin­auf.
    Hin­ter ihm klet­ter­ten die Häft­lin­ge in den Bun­ker.
    Sie mar­schier­ten zu­rück. Sie wa­ren ka­putt. Sie tru­gen ih­re To­ten und
Ver­wun­de­ten.
    Der Ver­schüt­te­te war in­zwi­schen ge­stor­ben. Ein herr­li­ches Abend­rot stand am
Him­mel.
    Die Luft war ganz durch­leuch­tet da­von, und es war von ei­ner so wei­ten Schön­heit,
daß es schi­en, als stün­de die Zeit still und als könn­te es für ei­ne Stun­de
kei­ne Rui­nen und kei­nen Tod ge­ben. »Schö­ne Hel­den sind wir«, sag­te Gold­stein.
Er hat­te sich von sei­nem An­fall er­holt. »Schuf­ten uns ab für die hier ...«
    Wer­ner sah ihn an. »Du darfst nicht mehr mit auf­räu­men ge­hen. Es ist ver­rückt.
Du machst dich ka­putt, auch wenn du dich noch so drückst.«
    »Was soll ich sonst ma­chen? War­ten, daß die SS mich oben fin­det?«
    »Wir müs­sen dir et­was an­de­res ver­schaf­fen.«
    Gold­stein lä­chel­te müh­sam. »Ich ge­hö­re wohl all­mäh­lich ins Klei­ne La­ger, was?«
    Wer­ner war nicht über­rascht. »Warum nicht? Es ist si­cher, und wir könn­ten
je­mand von uns da ge­brau­chen.«
    Der Ka­po, der 7105 ge­tre­ten hat­te, kam her­an. Er ging ei­ne Wei­le ne­ben ihm her,
dann schob er ihm et­was in die Hand und blieb wie­der zu­rück. 7105 sah nach.
»Zi­ga­ret­te«, sag­te er er­staunt.
    »Sie wer­den weich. Die Rui­nen ge­hen ih­nen auf die Ner­ven«, er­klär­te Le­wins­ky.
»Sie den­ken an die Zu­kunft.«
    Wer­ner nick­te. »Sie krie­gen Angst. Merk dir den Ka­po. Viel­leicht kön­nen wir ihn
ver­wen­den.«
    Sie schlepp­ten sich wei­ter durch das wei­che Licht. »Ei­ne Stadt«, sag­te Mün­zer
nach ei­ner Wei­le. »Häu­ser. Freie Men­schen. Zwei Me­ter von ei­nem ent­fernt. Es
ist, als wä­re man schon nicht mehr ganz so ein­ge­sperrt.«
    7105 hob den Schä­del. »Ich möch­te wis­sen, was die von uns den­ken?«
    »Was

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