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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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sol­len sie sich den­ken? Gott weiß, wie­viel sie über­haupt von uns wis­sen.
Sie se­hen sel­ber nicht glück­lich aus.«
    »Jetzt nicht«, sag­te 7105.
    Nie­mand ant­wor­te­te. Sie be­gan­nen den schwe­ren Auf­stieg zum La­ger. »Ich woll­te,
ich hät­te den Hund«, sag­te 7105.
    »Es wä­re ein gu­ter Bra­ten«, er­wi­der­te Mün­zer. »Si­cher drei­ßig Pfund net­to.«
    »Ich mei­ne nicht zum Es­sen. Ein­fach so.«
    Der Wa­gen kam nicht mehr durch. Die Stra­ßen wa­ren über­all ver­schüt­tet.
»Fahr zu­rück, Al­fred«, sag­te Neu­bau­er. »War­te bei mei­nem Hau­se auf mich.«
    Er stieg aus und ver­such­te, zu Fuß wei­ter­zu­kom­men. Er klet­ter­te über ei­ne
zu­sam­men­ge­stürz­te Wand, die quer über die Stra­ße ge­fal­len war. Der Rest des
Hau­ses stand noch. Die Wand war ab­ge­ris­sen wor­den wie ein Vor­hang, und man sah
in die Woh­nun­gen.
    Die Trep­pen wan­den sich nackt em­por. Im ers­ten Stock war ein
Ma­ha­go­nischlaf­zim­mer voll­stän­dig er­hal­ten. Die bei­den Bet­ten stan­den
ne­ben­ein­an­der; nur ein Stuhl war um­ge­fal­len, und der Spie­gel war zer­bro­chen. Im
Stock dar­über war die Was­ser­lei­tung in der Kü­che ab­ge­ris­sen wor­den. Das Was­ser
floß über den Fuß­bo­den und von da in Kas­ka­den ins Freie; ein glit­zern­der,
dün­ner Was­ser­fall. Im Sa­lon stand ein ro­tes Plüsch­so­fa auf­recht. Bil­der in
Gol­d­rah­men hin­gen schief auf ei­ner ge­streif­ten Ta­pe­te. Ein Mann stand da, wo
die Vor­der­wand weg­ge­ris­sen war. Er blu­te­te und starr­te re­gungs­los nach un­ten.
    Hin­ter ihm rann­te ei­ne Frau mit Kof­fern hin und her, in die sie Nipp­sa­chen,
So­fa­kis­sen und Wä­sche zu stop­fen ver­such­te.
    Neu­bau­er fühl­te, daß sich un­ter sei­nem Fuß die Trüm­mer be­weg­ten. Er trat
zu­rück. Die Trüm­mer be­weg­ten sich wei­ter. Er beug­te sich nie­der und riß Stei­ne
und Mör­tel weg. Ei­ne ver­staub­te Hand und ein Stück Arm ka­men grau her­vor wie
ei­ne mü­de Schlan­ge. »Hil­fe!« schrie Neu­bau­er. »Hier ist noch je­mand! Hil­fe!«
    Nie­mand hör­te ihn. Er sah sich um. Es wa­ren kei­ne Men­schen auf der Stra­ße.
»Hil­fe!« schrie er zu dem Mann im zwei­ten Stock em­por. Der Mann wisch­te sich
lang­sam das Blut vom Ge­sicht und rea­gier­te nicht.
    Neu­bau­er schob einen Klum­pen Mör­tel bei­sei­te. Er sah Haar und griff hin­ein, um
es hoch­zu­zie­hen. Es gab nicht nach.
    »Al­fred!« schrie er und blick­te sich um. Der Wa­gen war nicht mehr da.
»Schwei­ne«, sag­te er, plötz­lich sinn­los wü­tend. »Wenn man sie braucht, sind sie
nicht da.«
    Er ar­bei­te­te wei­ter. Schweiß lief ihm in den Uni­form­kra­gen. Er war kei­ne
An­stren­gung mehr ge­wohnt. Po­li­zei, dach­te er. Ret­tungs­ko­lon­nen! Wo sind all
die­se Gau­ner?
    Ein Stück Mör­tel zer­brach und gab nach, und Neu­bau­er sah dar­un­ter das, was kurz
vor­her noch ein Ge­sicht ge­we­sen war. Es war jetzt ei­ne fla­che, grau­ver­schmier­te
Mas­se. Die Na­se war ein­ge­drückt. Die Au­gen wa­ren nicht mehr da, sie wa­ren
aus­ge­füllt mit Kalk­staub; die Lip­pen wa­ren ver­schwun­den, und der Mund war ei­ne
Mas­se von Mör­tel und lo­sen Zäh­nen. Das gan­ze Ge­sicht war nur noch ein grau­es
Oval mit Haa­ren dar­über, durch das et­was Blut si­cker­te.
    Neu­bau­er würg­te und be­gann zu kot­zen. Er kotz­te ein Mit­tages­sen von Sau­er­kraut,
har­ter Mett­wurst, Kar­tof­feln, Reis­pud­ding und Kaf­fee ne­ben den plat­ten Kopf. Er
ver­such­te, sich ir­gend­wo fest­zu­hal­ten, aber es war nichts da. Er dreh­te sich
halb um und kotz­te wei­ter.
    »Was ist denn hier los?« frag­te je­mand hin­ter ihm.
    Ein Mann war her­an­ge­kom­men, oh­ne daß er es ge­hört hat­te. Er trug ei­ne Schau­fel.
    Neu­bau­er deu­te­te auf den Kopf in den Trüm­mern.
    »Ei­ner ver­schüt­tet?«
    Der Kopf be­weg­te sich et­was. Gleich­zei­tig be­weg­te es sich in der grau­en Mas­se
des Ge­sich­tes. Neu­bau­er kotz­te wie­der. Er hat­te viel zu Mit­tag ge­ges­sen.
    »Der er­stickt ja«, rief der Mann mit der Schau­fel und sprang her­an. Er rieb mit
den Hän­den über das Ge­sicht, um die Na­se zu fin­den und frei zu be­kom­men, und
bohr­te mit den Fin­gern da, wo der

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