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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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ge­gen euch sind, wenn ihr ge­win­nen wür­det und die Macht hät­tet?
Oder de­nen, die nicht für euch sind?«
    Wer­ner schwieg einen Mo­ment. »Da gibt es vie­le ver­schie­de­ne We­ge«, sag­te er
dann.
    »Ich ken­ne wel­che. Du auch. Tö­ten, Fol­tern, Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger – meinst du die
auch?«
    »Un­ter an­de­rem. Je nach­dem, was not­wen­dig ist,«
    »Das ist ein Fort­schritt. Wert, da­für hier ge­we­sen zu sein!«
    »Es ist ein Fort­schritt«, er­klär­te Wer­ner un­be­irrt. »Es ist ein Fort­schritt im
Ziel. Und auch in der Me­tho­de. Wir tun nichts aus Grau­sam­keit. Nur aus
Not­wen­dig­keit.«
    »Das ha­be ich oft ge­nug ge­hört. We­ber hat es mir auch er­klärt, als er mir
Streich­höl­zer un­ter die Nä­gel trieb und sie ver­brann­te. Es war not­wen­dig, um
In­for­ma­tio­nen zu be­kom­men.« Das At­men des weiß­haa­ri­gen Man­nes ging in das
sto­cken­de To­des­rö­cheln über, das je­der im La­ger kann­te. Das Rö­cheln setz­te
manch­mal aus; dann hör­te nun in der Stil­le das lei­se Grol­len am Ho­ri­zont. Es
war wie ei­ne Li­ta­nei – der letz­te Atem des Ster­ben­den und die Ant­wort aus der
Fer­ne. Wer­ner sah 509 an. Er wuß­te, daß We­ber ihn wo­chen­lang ge­fol­tert hat­te,
um Na­men und Adres­sen von ihm zu be­kom­men.
    Wer­ners Adres­se auch. 509 hat­te ge­schwie­gen. Wer­ner war dann spä­ter von ei­nem
schwa­chen Par­tei­ge­nos­sen ver­ra­ten wor­den.
    »Warum kommst du nicht zu uns, Kol­ler?« frag­te er. »Wir kön­nen dich
ge­brau­chen.«
    »Das hat Le­wins­ky mich auch ge­fragt. Und dar­über ha­ben wir bei­de schon vor
zwan­zig Jah­ren dis­ku­tiert.«
    Wer­ner lä­chel­te. Es war ein gu­tes, ent­waff­nen­des Lä­cheln.
    »Das ha­ben wir. Oft ge­nug. Trotz­dem fra­ge ich dich wie­der. Die Zeit des In­di­vi­dua­lis­mus
ist vor­bei. Man kann nicht mehr al­lein ste­hen. Und die Zu­kunft ge­hört uns.
Nicht der kor­rup­ten Mit­te.«
    509 blick­te auf den As­ke­ten­kopf. »Wenn die­ses hier vor­bei ist«, sag­te er
lang­sam, »dann soll es mich wun­dern, wie lan­ge es dau­ern wird, bis du eben­so
mein Feind bist, wie die da auf den Tür­men es jetzt sind.«
    »Nicht lan­ge. Wir hier hat­ten ei­ne Not­ge­mein­schaft ge­gen die Na­zis. Die fällt
weg, wenn der Krieg zu En­de ist.«
    509 nick­te. »Es soll mich eben­falls wun­dem, wie lan­ge es dau­ern wür­de, wenn ihr
die Macht hät­tet, bis du mich ein­sper­ren ließest.«
    »Nicht lan­ge. Du bist im­mer noch ge­fähr­lich. Aber du wür­dest nicht ge­fol­tert
wer­den.«
    509 zuck­te die Ach­seln.
    »Wir wür­den dich ein­sper­ren und ar­bei­ten las­sen. Oder dich er­schie­ßen.«
    »Das ist tröst­lich. So ha­be ich mir eu­er gol­de­nes Zeit­al­ter im­mer vor­ge­stellt.«
    »Dei­ne Iro­nie ist bil­lig. Du weißt, daß Zwang nö­tig ist. Er ist die
Ver­tei­di­gung für den Be­ginn. Spä­ter wird er nicht mehr er­for­der­lich sein.«
    »Doch«, sag­te 509. »Je­de Ty­ran­nei braucht ihn. Und je­des Jahr mehr, nicht
we­ni­ger. Das ist ihr Schick­sal. Und im­mer ihr En­de. Du siehst es hier.«
    »Nein. Die Na­zis ha­ben den fun­da­men­ta­len Irr­tum be­gan­gen, einen Krieg
an­zu­fan­gen, dem sie nicht ge­wach­sen wa­ren.«
    »Es war kein Irr­tum. Es war ei­ne Not­wen­dig­keit. Sie konn­ten nicht an­ders.
Hät­ten sie ab­rüs­ten müs­sen und Frie­den hal­ten, so wä­ren sie bank­rott ge­we­sen.
Es wird euch eben­so ge­hen.«
    »Wir wer­den un­se­re Krie­ge ge­win­nen. Wir füh­ren sie an­ders. Von in­nen.«
    »Ja, von in­nen und nach in­nen. Ihr könnt die La­ger hier dann gleich be­hal­ten.
Und sie fül­len.«
    »Das kön­nen wir«, sag­te Wer­ner völ­lig ernst. »Warum kommst du nicht zu uns?«
wie­der­hol­te er dann.
    »Ge­nau des­halb nicht. Wenn du drau­ßen an die Macht kämst, wür­dest du mich
li­qui­die­ren las­sen. Ich dich nicht. Das ist der Grund.«
    Der weiß­haa­ri­ge Mann rö­chel­te jetzt in großen Zwi­schen­räu­men. Sulz­ba­cher kam
her­ein. »Sie sa­gen, daß deut­sche Flie­ger mor­gen früh das La­ger bom­bar­die­ren
sol­len. Al­les zer­stö­ren.«
    »Ei­ne neue La­tri­nen­pa­ro­le«, er­klär­te Wer­ner. »Ich woll­te, es wä­re schon dun­kel.
Ich muß nach

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