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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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herr­li­chen Scho­ko­la­den­auf­lauf mit
Va­nil­le­sau­ce.«
    Ich ha­be es
her­aus­ge­for­dert, dach­te Lil­li­an. Nicht, weil ich mu­tig bin, son­dern weil ich
Angst ha­be. Ich ha­be ge­lo­gen. Ich woll­te das Ge­gen­teil hö­ren! Man will trotz
al­lem im­mer das Ge­gen­teil hö­ren!
    Es klopf­te und
Holl­mann kam her­ein. »Cler­fa­yt fährt mor­gen. Heu­te nacht ist Voll­mond. Das
üb­li­che Fest oben auf der Ber­ger­hüt­te. Wol­len wir noch ein­mal aus­rei­ßen und mit
ihm hin­auf­fah­ren?«
    »Sie auch?«
    »Ja. Zum
letz­ten­mal.«
    »Ma­nue­la ist
ge­stor­ben.«
    »Ich ha­be es
ge­hört. Es ist ei­ne Er­leich­te­rung für uns al­le. Für ih­re drei Ver­wand­ten
si­cher – und für Ma­nue­la wahr­schein­lich auch.«
    »Sie re­den wie
Cler­fa­yt«, sag­te Lil­li­an feind­lich.
    »Ich glau­be, wir
al­le müs­sen mit der Zeit wie Cler­fa­yt re­den«, er­wi­der­te Holl­mann ru­hig. »Bei
ihm ist die Di­stanz nur kür­zer, des­halb klingt es schär­fer. Er lebt von ei­nem
Ren­nen zum an­dern. Und die Chan­cen sind je­des Jahr mehr und mehr ge­gen ihn.
Wol­len wir heu­te abend mit ihm Zu­sam­men­sein?«
    »Ich weiß es
nicht.«
    »Es ist sein
letz­ter Abend. Und Ma­nue­la wird nicht wie­der le­ben­dig, ganz gleich, was wir
tun.«
    »Sie re­den wie­der
wie er.«
    »Warum soll­te ich
nicht?«
    »Wann fährt er?«
    »Mor­gen nach­mit­tag.
Er will aus den Ber­gen her­aus sein, be­vor es wie­der schneit. Die
Wet­ter­vor­aus­sa­ge ist Schnee für mor­gen nacht.«
    »Fährt er al­lein?«
frag­te Lil­li­an mit Über­win­dung.
    »Ja. Kom­men Sie
heu­te abend?«
    Lil­li­an ant­wor­te­te
nicht. Zu vie­le Din­ge stürz­ten zu glei­cher Zeit auf sie los. Sie muß­te
nach­den­ken. Aber was war schon nach­zu­den­ken? Hat­te sie das nicht seit Mo­na­ten
ge­tan? Es war nur noch et­was zu ent­schei­den. »Woll­ten Sie nicht von jetzt an
vor­sich­ti­ger sein? –« frag­te sie.
    »Heu­te abend nicht.
Do­lo­res, Ma­ria und Charles kom­men auch. Jo­sef ist an der Tür. Wenn wir uns um
zehn Uhr hier her­aus­schmug­geln, er­rei­chen wir recht­zei­tig die Draht­seil­bahn.
Sie fährt heu­te nacht bis ein Uhr. Ich ho­le Sie ab.« Holl­mann lach­te. »Von
mor­gen an wer­de ich dann wie­der der folg­sams­te und vor­sich­tigs­te Be­woh­ner des
Bel­la Vis­ta sein. Heu­te fei­ern wir.«
    »Was?«
    »Ir­gend­was. Daß Voll­mond
ist. Daß Gi­u­sep­pe ge­kom­men ist. Daß wir noch le­ben. Ab­schied.«
    »Daß wir mor­gen
wie­der idea­le Pa­ti­en­ten wer­den?«
    »Auch das. Ich ho­le
Sie ab. Es ist ein Ko­stüm­fest, Sie ha­ben das nicht ver­ges­sen?«
    »Nein.«
    Holl­mann schloß die
Tür hin­ter sich. Mor­gen, dach­te Lil­li­an. Mor­gen – was war das plötz­lich
ge­wor­den? Es war ein an­de­res Mor­gen als das Mor­gen von ges­tern und al­le Mor­gen
vor­her. Mor­gen abend wür­de Cler­fa­yt ab­ge­reist sein, und die Rou­ti­ne des
Sa­na­to­ri­ums wür­de sich wie­der über al­les brei­ten – wie feuch­ter Schnee,
den der kran­ke Wind im­mer brach­te, weich, sanft, al­les zu­de­ckend und al­les
lang­sam er­sti­ckend. Nicht mich! dach­te sie. Nicht mich!
    Die Berg­hüt­te lag hoch
über dem Dorf, und ein­mal im Mo­nat im Win­ter bei Voll­mond wur­de sie nachts
of­fen ge­hal­ten für ei­ne Ski­ab­fahrt mit Fa­ckeln. Das Pa­lace Ho­tel hat­te da­für
ei­ne klei­ne Zi­geu­ner­ka­pel­le hin­auf­ge­schickt, zwei Gei­ger und einen
Cim­bal­spie­ler. Sie brach­ten das Cim­bal mit; die Ber­ger­hüt­te hat­te kein Kla­vier.
    Die Gäs­te ka­men in
Ski­an­zü­gen oder Ko­stü­men. Charles Ney und Holl­mann tru­gen an­ge­kleb­te
Schnurr­bar­te, da­mit man sie nicht er­ken­nen soll­te. Charles Ney war im
Abend­an­zug. Er trug ihn als Ko­stüm; sonst hat­te er nie Ge­le­gen­heit da­zu. Ma­ria
Sa­vi­ni hat­te spa­ni­sche Spit­zen und einen klei­nen Schlei­er im Haar. Do­lo­res
Pal­mer trug ihr chi­ne­si­sches Kleid; Lil­li­an Dun­ker­que ih­re hell­blau­en Ho­sen und
ei­ne kur­ze Pelz­ja­cke.
    Die Hüt­te war
über­füllt, aber Cler­fa­yt hat­te einen Tisch am Fens­ter re­ser­viert be­kom­men; der
Ober­kell­ner des Pa­lace Ho­tels, dem auch die Hüt­te un­ter­stand, war

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