Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
Vom Netzwerk:
der
Wurst.« Lil­li­an zeig­te auf das Nachtes­sen des Haus­knechts.
    »Ich ge­be Ih­nen
mei­ne, Ma­da­me. In der Kü­che ist noch ge­nug da­von.«
    »Brin­gen Sie die
aus der Kü­che«, sag­te Cler­fa­yt. »Mit dunklem Brot und ei­nem Stück Brie.«
    »Und ei­ne Fla­sche
Bier«, sag­te Lil­li­an.
    »Kei­nen Cham­pa­gner,
Ma­da­me?« Das Ge­sicht des Bur­schen fiel. Er dach­te an sei­ne Pro­zen­te.
    »Auf je­den Fall den
Dom Pe­ri­gnon«, er­klär­te Cler­fa­yt. »Und wenn er nur für mich ist. Ich will et­was
fei­ern.«
    »Was?«
    »Den Durch­bruch des
Ge­fühls.« Cler­fa­yt nahm in der Lo­ge des Haus­knech­tes Platz. »Ge­hen Sie! Ich
pas­se so­lan­ge auf.«
    »Kannst du den
Kas­ten be­die­nen?« frag­te Lil­li­an.
    »Na­tür­lich. Ich
ha­be das im Krieg ge­lernt.«
    Sie lehn­te sich mit
dem Ell­bo­gen auf den Tisch. »Du hast viel im Krieg ge­lernt, wie?«
    »Das meis­te. Es ist
ja fast im­mer Krieg.«
    Cler­fa­yt no­tier­te
ei­ne Be­stel­lung für ei­ne Fla­sche Was­ser und den Wunsch ei­nes Rei­sen­den, mor­gens
um sechs ge­weckt zu wer­den. Er gab ei­nem er­staun­ten kahl­köp­fi­gen Mann den
Schlüs­sel für Zim­mer zwölf und zwei jun­gen Eng­län­de­rin­nen die Schlüs­sel zu
vier­und­zwan­zig, fünf­und­zwan­zig. Ein ziem­lich be­trun­ke­ner Mann kam von der
Stra­ße her­ein und woll­te wis­sen, ob Lil­li­an frei sei und was sie kos­te.
    »Tau­send Dol­lar«,
sag­te Cler­fa­yt.
    »Das ist kei­ne Frau
wert, du Dumm­kopf«, er­wi­der­te der Mann und ver­schwand in der plät­schern­den
Nacht am Quai.
    Der Haus­knecht
brach­te die Fla­schen und die Wurst und er­klär­te sich noch ein­mal be­reit, zum
Tour d'Ar­gent oder zu Lapérou­se zu ge­hen, wenn
noch et­was ge­braucht wür­de. Er ha­be auch ein Fahr­rad.
    »Mor­gen«, sag­te
Cler­fa­yt. »Ha­ben Sie noch ein Zim­mer frei?«
    Der Bur­sche sah ihn
an, als hät­te er den Ver­stand ver­lo­ren. »Aber Ma­da­me hat doch ihr Zim­mer.«
    »Ma­da­me ist
ver­hei­ra­tet. Mit mir«, füg­te Cler­fa­yt hin­zu und brach­te den Haus­knecht in neue
Ver­wir­rung, da er jetzt sicht­lich nicht mehr wuß­te, wo­zu der Dom Pe­ri­gnon
be­stellt wor­den war.
    »Wir hät­ten Num­mer
sechs«, er­klär­te der Mann. »Ne­ben Ma­da­me.«
    »Gut. Brin­gen Sie
al­les hin­auf.«
    Der Haus­knecht
stell­te die Sa­chen ab und er­klär­te, nach­dem er sein Trink­geld an­ge­schaut hat­te,
daß er, wenn es nö­tig sei, die gan­ze Nacht hin­durch über­all mit sei­nem Fahr­rad
Be­sor­gun­gen ma­chen kön­ne. Cler­fa­yt schrieb ihm auf einen Zet­tel, am nächs­ten
Mor­gen ei­ne Zahn­bürs­te, Sei­fe und ei­ni­ge an­de­re Din­ge zu be­sor­gen und vor sei­ne
Tür zu le­gen. Der Mann ver­sprach es und ging. Er kam noch ein­mal zu­rück und
brach­te Eis; dann ver­schwand er end­gül­tig.
    »Ich hät­te
ge­glaubt, dich nie wie­der zu se­hen, hät­te ich dich heu­te abend al­lein­ge­las­sen«,
sag­te Cler­fa­yt.
    Lil­li­an setz­te sich
auf das Fens­ter­brett. »Ich den­ke das je­de Nacht.«
    »Was?«
    »Daß ich al­les nie
wie­der se­hen wer­de.«
    Er fühl­te einen
schar­fen Schmerz. Sie sah plötz­lich sehr ein­sam aus mit dem sanf­ten Pro­fil
ge­gen die Nacht – ein­sam, nicht ver­las­sen. »Ich lie­be dich«, sag­te er.
»Ich weiß nicht, ob es dir et­was hilft, aber es ist wahr.«
    Sie ant­wor­te­te
nicht. »Du weißt, daß ich das nicht we­gen heu­te abend sa­ge«, sag­te er und ahn­te
nicht, daß er log. »Ver­giß den Abend. Es war ein Zu­fall, ei­ne Dumm­heit und viel
Ver­wir­rung. Ich woll­te dich um al­les in der Welt nicht ver­let­zen.«
    Sie schwieg noch
ei­ne Wei­le. »Ich glau­be, ich bin in ge­wis­ser Be­zie­hung un­ver­letz­bar«, sag­te sie
dann nach­denk­lich. »Ich glau­be das wirk­lich. Viel­leicht ist es ein Aus­gleich
für das an­de­re.«
    Cler­fa­yt wuß­te
nicht, was er ant­wor­ten soll­te. Er spür­te va­ge, was sie mein­te; aber er hät­te
lie­ber das Ge­gen­teil ge­glaubt. Er sah sie an. »Dei­ne Haut ist nachts wie die
In­nen­sei­te ei­ner Mu­schel«, sag­te er. »Sie schim­mert. Sie ver­schluckt das Licht
nicht; sie gibt es zu­rück. Willst du wirk­lich das Bier trin­ken?«
    »Ja. Und gib mir
et­was von der Wurst aus Ly­on. Mit Brot.

Weitere Kostenlose Bücher