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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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sich vor
und sah im Fens­ter ne­ben­an Lil­lians Pro­fil. Sie lehn­te aus dem Fens­ter, sehr
ge­sam­melt und auf­merk­sam, oh­ne zu be­mer­ken, daß er sie be­ob­ach­te­te, und ließ an
ei­nem Bind­fa­den ein fla­ches Körb­chen hin­un­ter­schwe­ben. Un­ten hat­te sich ge­ra­de
vor der Tür des Re­stau­rants der Aus­tern­händ­ler mit sei­nen Kis­ten auf­ge­baut. Er
schi­en die Pro­ze­dur schon zu ken­nen. Das Körb­chen er­reich­te ihn, er leg­te es
mit feuch­tem Tang aus und blick­te nach oben. »Ma­ren­nes? Be­lons? Die Be­lons sind
heu­te bes­ser.«
    »Sechs Be­lons«,
er­wi­der­te Lil­li­an.
    »Zwölf«, sag­te
Cler­fa­yt.
    Sie dreh­te sich um
und lach­te. »Willst du kein Früh­stück?«
    »Das da. Und statt
Oran­gen­saft einen leich­ten Pouil­ly.«
    »Zwölf?« frag­te der
Aus­tern­mann.
    »Acht­zehn«, er­wi­der­te
Lil­li­an und zu Cler­fa­yt: »Komm her­über. Bring den Wein mit.«
    Cler­fa­yt hol­te ei­ne
Fla­sche Pouil­ly und Glä­ser aus dem Re­stau­rant. Er brach­te auch Brot, But­ter und
ein Stück rei­fen Pont d'Evêque. »Machst du das öf­ter?« frag­te er.
    »Fast je­den Tag.«
Lil­li­an zeig­te auf einen Brief. »Über­mor­gen ist mein Di­ner bei On­kel Gas­ton.
Möch­test du ein­ge­la­den wer­den?«
    »Nein.«
    »Gut. Es wür­de auch
den Zweck des Di­ners sa­bo­tie­ren: mir einen rei­chen Mann zu fin­den. Oder bist du
reich?«
    »Im­mer nur für ein
paar Wo­chen. Wirst du hei­ra­ten, wenn der Mann reich ge­nug ist?«
    »Gib mir von dei­nem
Wein«, er­wi­der­te sie. »Und sei nicht al­bern.«
    »Ich traue dir
al­les zu.«
    »Seit wann?«
    »Ich ha­be über dich
nach­ge­dacht.«
    »Wann?«
    »Im Schlaf. Man
kann dich nicht vor­aus­be­rech­nen. Du funk­tio­nierst nach an­de­ren Ge­set­zen als
de­nen, die ich ken­ne.«
    »Gut«, sag­te
Lil­li­an. »Das kann nie scha­den. Was tun wir heu­te Mit­tag?«
    »Heu­te Mit­tag neh­me
ich dich mit in das Ritz Ho­tel. Dort set­ze ich dich für fünf­zehn Mi­nu­ten mit
ei­ni­gen Ma­ga­zi­nen in ei­ne ver­steck­te Ecke der Hal­le, wäh­rend ich auf mein
Zim­mer ge­he und mich um­zie­he. Dann es­sen wir zu Mit­tag, zu Abend, wie­der zu
Mit­tag, zu Abend und noch ein­mal zu Mit­tag – als Sa­bo­ta­ge ge­gen On­kel
Gas­ton über­mor­gen abend.«
    Sie sah aus dem
Fens­ter und ant­wor­te­te nicht. »Wenn du willst, ge­he ich auch mit dir in die
Sain­te-Cha­pel­le«, sag­te Cler­fa­yt. »Oder zu Notre-Da­me oder selbst in ein
Mu­se­um, du ge­fähr­li­che Kom­bi­na­ti­on von ei­nem Blau­strumpf und ei­ner grie­chi­schen
He­tä­re der Spät­zeit, die nach By­zanz ver­schla­gen ist. So­gar auf den Eif­fel­turm
zu fah­ren oder zu ei­ner Tour mit dem Ba­teau-Mou­che bin ich be­reit.«
    »Die Tour auf der
Sei­ne ha­be ich schon ge­macht. Ich hät­te dort die Ge­lieb­te ei­nes Groß­metz­gers
wer­den kön­nen mit ei­ner ei­ge­nen Woh­nung von drei Zim­mern.«
    »Und auf dem
Eif­fel­turm?«
    »Da­hin ge­he ich mit
dir, mein Ge­lieb­ter.«
    »Das dach­te ich
mir. Bist du glück­lich?«
    »Was ist das?«
    »Weißt du es im­mer
noch nicht? Aber wer weiß es schon wirk­lich? Auf ei­ner Na­del­spit­ze tan­zen,
viel­leicht.«
    Lil­li­an kam von dem Di­ner
On­kel Gas­tons zu­rück. Der Vi­com­te de Peystre brach­te sie in sei­nem Au­to ins
Ho­tel. Sie hat­te einen be­stür­zend lang­wei­li­gen Abend bei aus­ge­zeich­ne­tem Es­sen
zu­ge­bracht. Ein paar Frau­en und sechs Män­ner wa­ren da­ge­we­sen. Die Frau­en hat­ten
ge­wirkt als wä­ren sie Igel, ei­ne so neu­gie­ri­ge Feind­se­lig­keit hat­ten sie
aus­ge­strahlt. Von den Män­nern wa­ren vier un­ver­hei­ra­tet ge­we­sen, al­le reich,
zwei jung, und der Vi­com­te de Peystre der äl­tes­te und reichs­te. »Wes­halb woh­nen
Sie an der Rive Gau­che?« frag­te er. »Aus ro­man­ti­schen Grün­den?«
    »Aus Zu­fall. Es ist
der bes­te Grund, den ich ken­ne.«
    »Sie soll­ten an der
Place Ven­dô­me woh­nen.«
    »Es ist
er­staun­lich«, sag­te Lil­li­an, »wie vie­le Leu­te bes­ser wis­sen, wo ich woh­nen
soll­te, als ich selbst.«
    »Ich be­sit­ze ei­ne
Woh­nung an der Place Ven­dô­me, die ich nie be­nüt­ze. Ein Ate­lier, das mo­dern
ein­ge­rich­tet ist.«
    »Wol­len Sie es

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