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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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mir
ver­mie­ten?«
    »Warum nicht?«
    »Was kos­tet es?«
    Peystre rück­te sich
zu­recht. »Wo­zu über Geld re­den? Se­hen Sie es sich doch erst ein­mal an. Sie
kön­nen es ha­ben, wenn Sie wol­len.«
    »Oh­ne ir­gend­wel­che
Be­din­gun­gen?«
    »Oh­ne die
ge­rings­ten. Es wür­de mir na­tür­lich Ver­gnü­gen ma­chen, wenn Sie ge­le­gent­lich
ein­mal mit mir es­sen gin­gen – aber auch das ist kei­ne Be­din­gung.«
    Lil­li­an lach­te. »Es
gibt noch un­ei­gen­nüt­zi­ge Men­schen.«
    »Wann wol­len Sie es
an­se­hen? Mor­gen? Kann ich Sie mit­tags zum Es­sen ab­ho­len?«
    Lil­li­an be­trach­te­te
den schma­len Kopf mit der wei­ßen Schnurr­bart­bürs­te. »Mein On­kel woll­te mich
ei­gent­lich ver­hei­ra­ten«, sag­te sie.
    »Da­zu ha­ben Sie
noch viel Zeit. Ihr On­kel hat alt­mo­di­sche An­sich­ten.«
    »Ist die Woh­nung
groß ge­nug für zwei?«
    »Ich glau­be schon.
Warum?«
    »Für den Fall, daß
ich mit mei­nem Freund dort le­ben möch­te.«
    Peystre be­trach­te­te
sie einen Au­gen­blick. »Auch dar­über wä­re viel­leicht zu re­den«, sag­te er dann,
»ob­schon sie, of­fen ge­sagt, da­zu et­was be­schränkt wä­re. Warum wol­len Sie nicht
ei­ne Zeit­lang al­lein le­ben? Sie sind erst ein paar Wo­chen in Pa­ris. Se­hen Sie
sich doch die Stadt erst ein­mal gründ­lich an. Sie bie­tet vie­le Mög­lich­kei­ten.«
    »Sie ha­ben recht.«
    Der Wa­gen hielt,
und Lil­li­an stieg aus. »Al­so wann, mor­gen?« frag­te der Vi­com­te.
    »Ich wer­de es mir
über­le­gen. Ha­ben Sie et­was da­ge­gen, wenn ich On­kel Gas­ton fra­ge?«
    »Das wür­de ich
nicht tun. Es wür­de ihm un­nüt­ze Ge­dan­ken ma­chen. Sie wer­den es auch nicht tun.«
    »Nein?«
    »Wer vor­her fragt,
tut es nie. Sie sind sehr schön und sehr jung, Ma­de­moi­sel­le. Es wä­re ein
Ver­gnü­gen, Ih­nen den Rah­men zu ge­ben, den Sie nö­tig ha­ben. Und glau­ben Sie
ei­nem Man­ne, der nicht mehr jung ist: dies hier ist rei­zend, aber ver­lo­re­ne
Zeit für Sie. Über On­kel Gas­ton brau­chen wir nicht zu re­den. Was Sie brau­chen
ist Lu­xus. Großen Lu­xus. Ver­zei­hen Sie dies Kom­pli­ment; aber ich ha­be gu­te
Au­gen. Gu­te Nacht, Ma­de­moi­sel­le.«
    Sie stieg die Trep­pe
hin­auf. Die Hei­rats­ga­le­rie On­kel Gas­tons hat­te sie in ei­ner ma­ka­b­ren Wei­se
be­lus­tigt und de­pri­miert. Sie war sich an­fangs vor­ge­kom­men wie ein ster­ben­der
Sol­dat, dem je­mand Ge­schich­ten von ei­nem opu­len­ten Le­ben er­zählt. Dann hat­te
sie ge­glaubt, auf ei­nem frem­den Pla­ne­ten zu sein, auf dem die Leu­te ewig leb­ten
und ent­spre­chen­de Pro­ble­me hat­ten. Sie hat­te nicht ver­stan­den, wo­von sie
re­de­ten. Das, was ihr gleich­gül­tig war, war für sie von höchs­ter
Be­deu­tung – und das, was sie such­te, war für die an­dern von ei­nem
merk­wür­di­gen Ta­bu um­ge­ben. Das An­ge­bot des Vi­com­te de Peystre er­schi­en ihr von
al­lem noch das Ver­nünf­tigs­te.
    »Hat On­kel Gas­ton
sich Mü­he ge­ge­ben?« fragt Cler­fa­yt vom Kor­ri­dor her.
    »Du bist schon
hier? Ich dach­te, du wärst ir­gend­wo trin­ken!«
    »Ich ha­be kei­ne
Lust mehr da­zu.«
    »Hast du auf mich
ge­war­tet?«
    »Ja«, sag­te
Cler­fa­yt. »Du machst mich zu ei­nem or­dent­li­chen Men­schen. Ich will nicht mehr
trin­ken. Nicht mehr oh­ne dich.«
    »Hast du frü­her
ge­trun­ken?«
    »Ja. Zwi­schen den
Ren­nen. Und oft zwi­schen den Ka­ta­stro­phen. Aus Feig­heit, glau­be ich. Oder um
vor mir selbst da­von­zu­lau­fen. Das ist vor­bei. Ich war heu­te Mit­tag in der
Sain­te-Cha­pel­le. Mor­gen ge­he ich ins Cluny-Mu­se­um. Je­mand, der uns zu­sam­men
ge­se­hen hat, be­haup­tet, du sä­hest aus wie die Da­me auf den Tep­pi­chen mit dem
Ein­horn, die dort hän­gen. Du hast sehr viel Er­folg. Willst du noch aus­ge­hen?«
    »Heu­te abend
nicht.«
    »Heu­te abend warst
du bei der Bür­ger­lich­keit zu Gast, die glaubt, das Le­ben wä­re ei­ne Kü­che, ein
Sa­lon und ein Schlaf­zim­mer und nicht ein Se­gel­boot mit viel zu vie­len Se­geln,
das al­le Au­gen­bli­cke um­schla­gen kann. Du muß dich da­von er­ho­len.«
    Lil­lians Au­gen
be­gan­nen zu glän­zen. »Hast du doch ge­trun­ken?«
    »Das brau­che ich
nicht mit dir.

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