E.M. Remarque
durch ihr Lorgnon auf Lillian.
»Woher kommt diese
Person?«
»Nicht aus
Italien.«
»Das sehe ich.
Wahrscheinlich irgendeine Kreuzung ...«
»So wie ich«, sagte
Teresa Marchetti spitz, »amerikanisch, indianisch, spanisch – aber
willkommen genug, um Ugo Marchetti mit Papas Dollars auszuhelfen, seinen
klapprigen Palazzo von Ratten zu befreien, Badezimmer einzubauen und seine
Mätressen in Stil auszuhalten.«
Die Contessa
Vitelleschi tat, als hätte sie nichts gehört. »Sie haben leicht reden. Sie
haben einen Sohn und ein Bankkonto. Ich habe vier Töchter und Schulden. Fiola
sollte heiraten. Wohin soll das führen, wenn die paar wohlhabenden
Junggesellen, die wir noch haben, englische Mannequins heiraten, wie das jetzt
Mode geworden ist. Das Land wird ausgeraubt.«
»Es sollte ein Gesetz
dagegen erlassen werden«, sagte Teresa Marchetti ironisch. »Auch dagegen, daß
die mittellosen jüngeren Brüder reiche Amerikanerinnen heiraten, die nicht
wissen, daß sie, nach der stürmischen Cour vor der Ehe, nachher in einen
mittelalterlichen Einzelharem verbannt werden: die italienische Ehe.«
Die Contessa hörte
wiederum nicht zu. Sie dirigierte zwei ihrer Töchter. Fiola hatte an einem der
aufgestellten Tische haltgemacht. Lillian verabschiedete ihn und ließ sich von
Torriani zu Clerfayt bringen.
»Warum tanzt du
nicht mit mir?« fragte sie Clerfayt.
»Ich tanze mit
dir«, erwiderte er, »ohne aufzustehen.«
Torriani lachte.
»Er tanzt nicht gern. Er ist eitel.«
»Das ist wahr«,
sagte Clerfayt. »Ich tanze miserabel, Lillian. Du solltest das noch von der
Palace Bar her wissen.«
»Das habe ich
längst vergessen.«
Sie ging mit
Torriani zur Tanzfläche zurück. Levalli setzte sich wieder zu Clerfayt. »Eine
dunkle Flamme«, sagte er. »Oder ein Dolch. Finden Sie nicht diese erleuchteten
Glasplatten wirklich geschmacklos?« fuhr er nach einer Weile heftig fort. »Der
Mond ist hell genug. Luigi!« rief er, »lösche das Licht unter der Tanzfläche.
Und bring von dem alten Grappa. – Sie macht mich traurig«, sagte er
plötzlich zu Clerfayt, und sein Gesicht schien trostlos im Dunkel, mit tiefen
Höhlen. »Schönheit bei einer Frau macht mich traurig. Warum?«
»Weil man weiß, daß
sie vergehen wird, und möchte, daß sie bleibt.«
»Ist das so
einfach?«
»Das weiß ich
nicht. Mir genügt es.«
»Macht es sie auch
traurig?«
»Nein«, sagte
Clerfayt. »Es gibt ganz andere Dinge, die mich traurig machen.«
»Ich verstehe.«
Levalli trank von seinem Grappa.
»Ich kenne sie
auch. Aber ich laufe davor weg. Ich will eine dicker Pierrot bleiben. Versuchen
Sie diesen Grappa.«
Sie tranken und
schwiegen. Lillian kam wieder bei ihnen vorbei. Ich habe keine Zukunft, dachte
sie. Das ist fast wie keine Schwerkraft zu haben. Sie sah Clerfayt an und
formte einen lautlosen Satz mit den Lippen. Clerfayt saß jetzt im Dunkeln. Sie
konnte sein Gesicht kaum erkennen. Es schien auch nicht nötig zu sein. Dem
Leben brauchte man nicht ins Gesicht zu sehen. Man brauchte es nur zu fühlen.
13
W o
liege
ich?« fragte Clerfayt durch den Lärm, als er am Lager hielt.
»An siebter
Stelle«, schrie Torriani. »Wie ist die Straße?«
»Zum Kotzen! Frisst
Gummi in der Hitze, als wäre es Kaviar. Hast du Lillian gesehen?«
»Ja. Sie ist auf
der Tribüne.«
Torriani hielt
Clerfayt einen Krug mit Zitronenlimonade an den Mund. Der Rennleiter kam heran.
»Fertig?« rief er. »Los! Los!«
»Wir können nicht
hexen«, schrie der Chefmonteur.
»Räder wechseln in
dreißig Sekunden kann nicht mal der Teufel!«
»Los! Macht schon!«
Das Benzin schoß in
den Tank. »Clerfayt«, sagte der Rennleiter. »Duval liegt vor Ihnen. Hetzen Sie
ihn! Hetzen Sie ihn, bis er kocht! Dann halten Sie ihn
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