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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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ei­nes selt­sa­men Tros­tes. Es
wun­der­te mich nicht, als ich das durch­sich­ti­ge In­sekt mit den grü­nen Flü­geln an
mei­ner Lam­pe ent­deck­te.

XXVII.
    S il­vers reis­te zwei Wo­chen
spä­ter nach New York zu­rück. Es war ei­gen­tüm­lich: Hier, wo er ge­ra­de­zu
hin­zu­ge­hö­ren schi­en, konn­te er viel we­ni­ger ver­kau­fen als in New York. Nie­mand
gab hier viel auf Bil­der als Sta­tus­sym­bol; Geld al­lein re­gier­te hier durch­aus
nicht im­mer. Es war so selbst­ver­ständ­lich, es zu be­sit­zen und gleich­zei­tig auch
noch das, was man Ruhm nann­te, daß ei­nes oh­ne das an­de­re fast nicht denk­bar
war. Man war be­rühmt und hat­te da­durch Geld, in New York war man als Mil­lio­när
nur in sei­nen ei­ge­nen Krei­sen be­kannt, und man muß­te et­was Be­son­de­res tun, um
wei­te­ren Krei­sen be­kannt zu wer­den. Und Sil­vers, mit sei­nen Tricks, be­son­ders
dem, daß er ei­gent­lich nicht ver­kau­fen wol­le und selbst ein Samm­ler sei,
er­reg­te zum min­des­ten amü­sier­te Auf­merk­sam­keit un­ter den Hai­en, die in ih­rem
Wunsch, be­rühm­te Samm­ler zu wer­den, ihm doch mehr glaub­ten, als sie zu­ge­ben
woll­ten.
    Er ver­kauf­te schließ­lich mit Mü­he den
Gau­guin an Wel­ler, aber er brauch­te da­zu, zäh­ne­knir­schend, mei­ne Hil­fe. Für
Wel­ler war ich viel wich­ti­ger als er. Wel­ler brauch­te mich für sei­nen Film,
Sil­vers brauch­te er nicht. Sil­vers fuhr ge­kränkt nach New York zu­rück, sei­ne
Ei­tel­keit war noch grö­ßer als sei­ne Ge­schäfts­gier. »Blei­ben Sie hier als ei­ne
Art Brücken­kopf mei­ner Fir­ma«, er­klär­te er. »Sie pas­sen bes­ser zu die­sen
la­ckier­ten Bar­ba­ren hier.« Er ver­such­te, mei­ne Ver­käu­fe, wenn ich wel­che ma­chen
soll­te, auf mein Ge­halt zu ver­rech­nen. Ich lehn­te das ab; ich könn­te von
Wel­lers Be­ra­ter­ho­no­rar le­ben. Erst am Tag der Ab­fahrt gab Sil­vers nach. Ich
er­hielt einen klei­nen Pro­zent­satz des­sen, was ich ver­kauf­te, da­für kürz­te er
mein Ge­halt auf die Hälf­te. »Wie einen Sohn be­hand­le ich Sie«, fauch­te er.
»An­ders­wo müß­ten Sie be­zah­len für das, was Sie bei mir ler­nen! Ich brin­ge Sie
auf die Uni­ver­si­tät des Han­dels! Al­les, was Sie wol­len, ist Geld, Geld, Geld!
Welch ei­ne Ge­ne­ra­ti­on!«
    ***
    Ich kam mor­gens zu Holt
ins Stu­dio. Mei­ne Ar­beit war ziem­lich ein­fach. Ich hat­te das, was der Ver­fas­ser
des Dreh­bu­ches im­mer noch in ein et­was blu­men­haf­tes Eng­lisch der Gangs­ter und
Cow­boys ge­klei­det hat­te, in die pri­mi­ti­ve Bü­ro­kra­tie ei­ner Mord­ma­schi­ne des 20.
Jahr­hun­derts zu über­tra­gen, nüch­tern, oh­ne je­de Spur von Bra­va­do, Schi­zo­phre­nie
oder de­for­mier­ter Phan­ta­sie. In ei­ne Mord­ma­schi­ne von klei­nen Bür­gern mit gu­tem
Ge­wis­sen. Holts Ar­gu­ment war im­mer das­sel­be: »Nie­mand glaubt uns das! Es ist
psy­cho­lo­gisch nicht fun­diert!«
    Er hat­te die al­te ro­man­ti­sche Vor­stel­lung
von Mör­dern und Fol­ter­knech­ten und such­te sie zu rea­li­sie­ren, um die Ta­ten
glaub­haft zu ma­chen. Sei­ne Ro­man­tik be­stand dar­in, daß zu scheuß­li­chen Ta­ten
auch ent­spre­chend scheuß­li­che Cha­rak­tere ge­hö­ren müß­ten. Er war be­reit
zu­zu­ge­ben, daß sie nicht fort­ge­setzt scheuß­lich zu sein brauch­ten, aber ei­ne
spon­ta­ne Scheuß­lich­keit hat­te im­mer wie­der durch­zu­bre­chen, sonst wür­den die
Fi­gu­ren psy­cho­lo­gisch un­wahr­schein­lich. Als al­ten Film­ha­sen reiz­te ihn der
Ge­gen­satz schon – er war be­reit, ei­nem Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger-Kom­man­dan­ten
ei­ne be­son­de­re Tier­lie­be zu­zu­ge­ste­hen, am liebs­ten zu wei­ßen An­go­ra­ka­nin­chen,
von de­nen er nie ei­nes schlach­ten ließ –, das aber nur, um die Grau­sam­keit
auf der an­de­ren Sei­te in wir­kungs­vol­len Kon­trast zu brin­gen. Er fand das rea­lis­tisch
und wur­de är­ger­lich, wenn ich es ro­man­tisch nann­te. Das wirk­li­che Grau­en –
der Klein­bür­ger, pflicht­be­wußt und schlau und mit gu­tem Ge­wis­sen bei der
blu­ti­gen Ar­beit, nicht an­ders als beim Holz­sä­gen oder beim fa­bri­zie­ren von
Kin­der­spiel­zeug –, das

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