E.M. Remarque
weiß, was Sie fragen wollen«, sagte
Holt. »Warum sind die nicht im Krieg? Einige sind nicht gesund, sie haben beim
Fußballspielen oder beim Tennis Unfälle gehabt, andere bei der Arbeit, noch
andere finden, daß sie hier unentbehrlich sind. Aber es gibt viele, die
wirklich im Krieg sind, oft solche, von denen man es nicht geglaubt hätte. Sie
wollten das doch fragen, nicht wahr?«
»Nein. Ich wollte fragen, ob hier ein
Obristentreffen veranstaltet worden ist. Es wimmelt ja hier von Obristen!«
Holt lachte. »Das sind unsere
Hollywood-Obristen. Sie sind alle gleich Majore, Oberstleutnants, Vizeadmirale,
Kapitäne und Obristen geworden, ohne gedient zu haben. Der Kapitän, den Sie
dort sehen, ist nie weiter als bis Santa Monica geschwommen, der Admiral ist in
Washington Besitzer eines herrlichen Polstersessels. Die Obristen sind
Filmproduzenten, Regisseure und Agenten, die in der Abteilung ›Filme‹ der Armee
untergekommen sind. Unter Major gibt es hier nichts.«
»Sie sind Major?«
»Ich habe einen Herzfehler und drehe
Antinazifilme. Zum Lachen, was?«
»Überhaupt nicht. Das ist überall in der
Welt dasselbe. Ich nehme an, sogar in Deutschland. Die Kämpfer sieht man nicht.
Man sieht die Nichtkämpfer. Die Etappenhengste und die Heimatkrieger. Das
trifft nicht Sie, Holt. Wieviel schöne Menschen hier sind! So, glaubt man
immer, müßte ein Fest aussehen.«
Er lachte. »Sie sind in Hollywood. Wo sonst
sollten Sie schöne Menschen finden? Da, wo jeder sein Aussehen hoch verkaufen
kann. Die Regisseure und Produzenten natürlich ausgenommen. Da ist unser Chef
Weller!«
Ein kleiner Mann in der Uniform eines
Oberst trat auf uns zu. Er hatte Lachfalten und wirkte völlig unmilitärisch. Er
zog mich sofort beiseite, als er hörte, daß ich bei Holt beschäftigt sei.
Silvers machte große Augen; er hockte ziemlich vereinsamt in einem Sessel, von
dem aus er den Gauguin sehen konnte, um den sich sonst niemand kümmerte. Der
Gauguin leuchtete wie ein Fleck südlicher Sonne über dem Flügel, um den sich,
fürchtete ich, bald die üblichen Chorsänger sammeln würden.
Ich machte mich mit Mühe frei. Plötzlich
war ich etwas geworden, was ich nie erwartet hätte, eine Art Salonlöwe des
Grauens. Weller produzierte mich stolz lächelnd als einen Mann, der im KZ
gesessen hatte, und einige Filmhelden und mehrere Mädchen mit der Haut reifer
Pfirsiche begannen sich für mich zu interessieren. Ich begann vor Unbehagen zu
schwitzen und schoß ärgerliche Blicke auf Holt, obwohl er ziemlich unschuldig
an der Situation war. Tannenbaum rettete mich nach einiger Zeit. Wie eine Katze
um einen Teller mit Gulasch, so war er den ganzen Abend um mich herumgestrichen
und benutzte die erste Gelegenheit, mit mir einen Whisky zu trinken, da er mir
ein Geheimnis anvertrauen wollte. »Die Zwillinge sind angekommen«, flüsterte er
mir zu.
Ich wußte, daß er den Zwillingen zwei
kleine Rollen in Holts Film verschafft hatte. »Gottlob!« sagte ich. »Dann ist
ja für Ihren Bedarf an eingebildeten Leiden gesorgt.«
Er schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil,
voller Erfolg!«
»Was? Bei beiden? Gratuliere.«
»Nicht beiden. Das ist unmöglich. Die
Zwillinge sind katholisch. Bei einem!«
»Bravo! Ich hätte es nie geglaubt. Bei
Ihrer zarten und komplizierten Veranlagung!«
»Ich auch nicht!« erklärte Tannenbaum
glücklich. »Der Film hat es getan!«
»Ich verstehe. Weil Sie den beiden die
Rollen besorgt haben.«
»Das war es nicht. Das habe ich schon
zweimal getan. Zwillinge kann man im Film immer in Nebenrollen gebrauchen. Es
hat nie vorher genützt. Aber jetzt!«
»Gratuliere nochmals.«
»Meine Rolle als Gruppenführer. Wie Sie
vielleicht wissen, bin ich ein Schüler der
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