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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Welt. Die Frau­en hier fürch­ten sich
schon vor ei­nem Sa­lat­blatt, sie es­sen wie Ka­nin­chen, wäh­rend gan­ze Kon­ti­nen­te
hun­gern. Du aber hast den Mut, mit ge­schärf­tem Steak­mes­ser ei­nem tüch­ti­gen
Cha­teau­bri­and zu­lei­be zu rücken. Es ist ein Ver­gnü­gen, dich es­sen zu se­hen. Bei
an­dern Frau­en gibt man einen Hau­fen Geld aus, sie sto­chern et­was auf ih­rem
Tel­ler her­um und las­sen al­les ste­hen. Vor Wut er­würgt man sie dann in ei­ner
dunklen Al­lee. Du aber ...«
    »Wel­che an­de­ren Frau­en?« un­ter­brach
Na­ta­scha.
    »Ir­gend­wel­che! Schau dich um! Die­ses
herr­li­che Re­stau­rant ist voll da­von. Sie es­sen Sa­lat und trin­ken Kaf­fee und
ma­chen den Män­nern ganz ein­fach des­we­gen Sze­nen, weil sie vor Hun­ger wü­tend
wer­den. Das ist die ein­zi­ge Wut, de­ren sie fä­hig sind. Im Bett sind sie dann
We­sen, ge­gen die ei­ne Holz­lat­te ei­ne Vi­per ist. Wäh­rend du ...«
    Sie lach­te. »Ge­nug!«
    »Ich hat­te nicht die Ab­sicht, da in De­tails
zu ge­hen, Na­ta­scha. Ich war noch bei ei­ner Ode auf dei­nen pracht­vol­len
Ap­pe­tit.«
    »Ich weiß, Ro­bert. Ich ha­be es auch nicht
er­war­tet. Ich weiß aber auch, daß du ger­ne Oden und Hym­nen an­stimmst, wenn du
an et­was ganz an­de­res denkst.«
    »Was?« frag­te ich über­rascht.
    »Ja«, sag­te sie. »Du Falsch­mün­zer und
Dop­pel­den­ker und Schwind­ler! Ich fra­ge nicht, was dir im Ma­gen liegt und was du
ver­ges­sen willst, aber ich weiß es.« Sie strich zärt­lich über mei­ne Hand. »Wir
le­ben in ei­ner ex­al­tier­ten Zeit, wie? Da müs­sen wir man­ches grö­ßer oder klei­ner
ma­chen, um durch­zu­kom­men. Ist es nicht so?«
    »Viel­leicht«, er­wi­der­te ich vor­sich­tig.
»Aber wir brau­chen es gar nicht selbst zu tun, die ver­damm­te Zeit tut es für
uns.«
    Sie lach­te. »Glaubst du nicht, daß wir es
tun, um das biß­chen Per­sön­lich­keit hoch­zu­hal­ten, das die Zeit sonst platt­wal­zen
wür­de?«
    »Du wirst mir un­heim­lich! Wo­hin sind wir
plötz­lich ge­kom­men? Du bist auf ein­mal ei­ne Sphinx und ein spre­chen­der
Ama­zo­nas-Pa­pa­gei ge­wor­den. Und da­zu noch mit dei­nen glü­hen­den Ju­we­len und der
Kriegs­be­ma­lung. Ein Ora­kel von Del­phi im Ur­wald von Su­ma­tra. Oh, Na­ta­scha!«
    »Oh, Ro­bert! Du Mann der vie­len Wor­te! Ich
glau­be sie nicht, aber ich hö­re sie ger­ne. Weißt du nicht, wie un­nö­tig sie
sind? Frau­en lie­ben hilflo­se Män­ner, das ist ihr wohl­ge­hü­te­tes Ge­heim­nis.«
    »Ei­ne Fal­le, um an­de­re hilf­los zu ma­chen.«
    Sie er­wi­der­te nichts. Es war son­der­bar, wie
fremd­ar­tig sie im­mer noch wirk­te mit den paar künst­li­chen Hilfs­mit­teln, von
de­nen ich doch wuß­te. Wie leicht man zu be­trü­gen ist und wie ger­ne man glaubt,
dach­te ich, und ich sah sie an und wünsch­te, wir wä­ren al­lein. »Ich re­de vie­les
da­her, und ich ver­ste­he nichts von Frau­en«, sag­te ich schließ­lich. »Aber ich
bin glück­lich mit dir. Es mag auch sein, daß ich et­was ver­ber­ge, und es mag
sein, daß ich aus all dem Elend, dem man zwar nicht ent­rin­nen kann und von dem
ich hier nur ein schat­ten­haf­tes Echo spü­re, einen Fet­zen Glück für mich
be­hal­ten will, für mich, der nie­man­dem et­was weg­nimmt, der auf nie­man­den
schießt und der kei­nen bes­tiehlt – das al­les mag sein, Na­ta­scha, aber es
hat trotz­dem nichts da­mit zu tun, weil es kei­ne Fol­ge da­von ist, son­dern für
sich be­steht, so wie die Stei­ne an dei­nen Oh­ren nichts mehr zu tun ha­ben mit
der Schwär­ze und dem Druck der Er­de, der sie ent­stam­men und die sie ge­macht
hat. Sie sind da, und ich bin glück­lich mit dir. Das war ei­ne lan­ge Er­klä­rung
für einen ein­fa­chen Satz, und du mußt sie mir ver­zei­hen, denn schließ­lich bin
ich, wenn auch nur ein ge­we­se­ner Jour­na­list, den­noch ein Mann der Wor­te, der
mit Wor­ten so­gar Geld ver­dient hat. So et­was ver­gißt man nicht so
leicht.« – »Bist du kei­ner mehr?«
    »Ich bin stumm ge­wor­den. Eng­lisch kann ich
ge­ra­de ge­nug, um zu spre­chen, fran­zö­sisch auch ge­nug, um zu schrei­ben, von
deut­schen Blät­tern bin ich ver­bannt. Ist es da ein Wun­der, wenn die Phan­ta­sie
wie ein Un­kraut

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