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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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An­ge­bot und sei­en Sie jetzt still.«
    »Ein schrift­li­ches An­ge­bot? Sind wir denn
Na­zis? Ich mei­ne, mein Wort ...«
    »Die­ser Lei­chen­gei­er«, sag­te Tan­nen­baum
bit­ter. »Er hat Bet­ty nie be­sucht, aber der ar­men Lis­sy möch­te er die Woh­nung
weg­neh­men, be­vor sie weiß, was sie wert ist!«
    »Blei­ben Sie hier?« frag­te ich. »Oder ha­ben
Sie noch in Hol­ly­wood zu tun?«
    »Ich muß zu­rück. Ei­ne klei­ne Rol­le in ei­nem
Cow­boy­film. Sehr in­ter­essant. Wis­sen Sie, daß Car­men ge­hei­ra­tet hat?«
    »Was?«
    »Vor ei­ner Wo­che. Den Be­sit­zer ei­ner
Gärt­ne­rei im San-Fer­n­an­do-Tal. War sie nicht ein­mal mit Kahn zu­sam­men?«
    »Das weiß ich nicht. Ich glau­be, nicht
rich­tig. Wis­sen Sie es be­stimmt?«
    »Ich war bei der Hoch­zeit. Zeu­ge für
Car­men. Der Mann ist groß, harm­los und mit­tel­mä­ßig. War frü­her ein gu­ter
Ba­se­ball­spie­ler, heißt es. Sie züch­ten Sa­lat und Blu­men und ha­ben ei­ne
Hüh­ner­farm.«
    »Hüh­ner«, sag­te ich, »ich ver­ste­he.«
    »Der Mann ist der Bru­der der Wir­tin, bei
der sie wohn­te.«
    Ich hat­te mich ge­wun­dert, daß Kahn nicht
zur Trau­er­fei­er ge­kom­men war. Jetzt wuß­te ich, warum er weg­ge­blie­ben war. Er
woll­te idio­ti­sche Fra­gen ver­mei­den. Ich be­schloß, ihn auf­zu­su­chen. Es war
Mit­tag, und er hat­te frei um die­se Zeit.
    Ich fand ihn mit Hol­zer und Frank. Hol­zer
war Schau­spie­ler, Frank ein in Deutsch­land frü­her sehr be­kann­ter
Schrift­stel­ler.
    »Wie war es bei Bet­ty?« frag­te Kahn. »Ich
has­se Lei­chen­be­gäng­nis­se in Ame­ri­ka, des­halb war ich nicht da. Hat der
un­ver­meid­li­che Ro­sen­baum am Sarg ge­re­det?«
    »Er war nicht auf­zu­hal­ten. In Deutsch und
so­gar in säch­si­schem Eng­lisch. In Eng­lisch zum Glück kurz. Ihm fehl­te die
Sua­da.«
    »Die­ser Mann ist die Ne­me­sis der
Emi­gran­ten«, sag­te Kahn zu Frank. »Er ist ein frü­he­rer Rechts­an­walt und darf
hier nicht prak­ti­zie­ren, da­für re­det er, wo er nur kann. Am liebs­ten bei
Ver­samm­lun­gen. Kein Emi­grant kommt oh­ne Ro­sen­baums sal­bungs­vol­le Wor­te ins
Kre­ma­to­ri­um. Er drängt sich über­all ein, un­ge­fragt. Er zwei­felt nie dar­an, daß
man ihn drin­gend braucht. Wenn ich ein­mal ster­ben soll­te, wür­de ich ver­su­chen,
es auf ho­her See zu tun, um ihm zu ent­ge­hen, aber er wür­de ent­we­der als blin­der
Pas­sa­gier auf­tau­chen oder von ei­nem He­li­ko­pter her­un­ter­pre­di­gen. Er ist
un­ver­meid­lich.«
    Ich sah Kahn an. Er war sehr be­herrscht.
»Er kann an mei­nem Gra­be pre­di­gen«, sag­te Hol­zer düs­ter. »In Wi­en, wenn es frei
wird. Am Gra­be ei­nes ver­hin­der­ten, ält­li­chen ju­gend­li­chen Lieb­ha­bers mit ei­ner
Glat­ze.«
    »Für Glat­zen gibt es Pe­rücken«, sag­te ich.
    Hol­zer war 1932 das ge­we­sen, was man ein
Ma­ti­nee-Idol nennt. Ein na­tür­li­cher, fri­scher, ta­len­tier­ter ju­gend­li­cher
Lieb­ha­ber, der die sel­te­nen Ei­gen­schaf­ten von Ta­lent und glän­zen­dem Aus­se­hen
ver­ei­nigt hat­te. Jetzt war er fünf­zehn Pfund schwe­rer, hat­te ei­ne Glat­ze
be­kom­men, war selbst als Ex­tra bei den eng­li­schen Thea­tern ab­ge­wie­sen wor­den,
und sei­ne Miß­er­fol­ge hat­ten ihn zu ei­nem gräm­li­chen Mis­an­thro­pen ge­macht.
    »Ich kann mich mei­nem Pu­bli­kum nicht mehr
zei­gen«, er­klär­te er.
    »Ihr Pu­bli­kum ist auch zwölf Jah­re äl­ter
ge­wor­den«, sag­te ich. Er wisch­te das bei­sei­te: »Es hat mich aber nicht al­tern
se­hen. Es ist nicht mit mir zu­sam­men äl­ter ge­wor­den. Es er­in­nert sich an mich
nur als den Hol­zer von 1932.«
    »Sie sind ko­misch, Hol­zer«, sag­te Frank.
»Das ist doch kein Pro­blem. Sie wech­seln hin­über ins Cha­rak­ter­fach, fer­tig.«
    »Ich bin kein Cha­rak­ter­schau­spie­ler. Ich
bin der aus­ge­spro­che­ne ju­gend­li­che Lieb­ha­ber.«
    »Schön«, er­wi­der­te Frank un­ge­dul­dig. »Dann
wer­den Sie ein Held, oder wie man das im Thea­ter­jar­gon nennt. Mei­net­we­gen ein
äl­te­rer Held. Auch Cae­sar hat­te ei­ne Glat­ze. Spie­len Sie den Kö­nig Le­ar!«
    »Da­für bin ich nun doch nicht alt ge­nug,
Herr Frank.«
    »Mann!« sag­te Frank. »Das ist

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