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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Men­schen.«
    »Sie wa­ren da und ka­men dann zu mir, um
sich auf­zu­hei­tern. Ich fürch­te, ich ha­be sie im Stich ge­las­sen.«
    Ich ging. Es war fast wie ei­ne Er­lö­sung, in
die, wenn auch et­was ba­ro­cke, so doch kla­re, ge­schäft­li­che At­mo­sphä­re von
Sil­vers zu ge­lan­gen.
    ***
    »Geht dein Be­kann­ter von der
57. Stra­ße nicht bald ein­mal auf Win­ter­ur­laub?« frag­te ich Na­ta­scha. »Nach
Flo­ri­da, Mi­a­mi oder Palm Be­ach? Ist er nicht lun­gen­krank, hat­te er nicht schon
ei­ne Herzat­ta­cke, Asth­ma oder ei­ne der Krank­hei­ten, für die das Kli­ma von New
York zu rauh ist?«
    »Er ver­trägt kei­ne Hit­ze. Nicht die­se
Wasch­kü­chenat­mo­sphä­re im Som­mer.«
    »Das nützt uns jetzt nichts. Wie schwer es
ist, als ar­mer Mensch in Ame­ri­ka der Lie­be zu pfle­gen! Oh­ne ei­ge­nes Ap­par­te­ment
ist es fast un­mög­lich. Das Land muß voll von trost­lo­sen Ona­nis­ten sein. Hu­ren
ha­be ich in die­sen ste­ri­len Brei­ten auch noch nicht ge­se­hen. Hü­nen­haf­te
Po­li­zis­ten, die ge­ra­de we­gen ih­rer Sta­tur vom Mi­li­tär­dienst dis­pen­siert wor­den
sind, fan­gen die­se schwa­chen Er­satz­steck­lin­ge der Ero­tik auf den Stra­ßen wie
Hun­de­fän­ger her­ren­lo­se Mop­se und brin­gen sie vor ver­ständ­nis­lo­se Rich­ter, die sie
zu ho­hen Stra­fen ver­don­nern. Wo fin­det der Sex nur statt?«
    »In den Au­tos.«
    »Und wenn man kein Au­to hat«, sag­te ich und
ver­mied es, an den ge­räu­mi­gen Rolls-Roy­ce mit der ein­ge­bau­ten Bar zu
den­ken – viel­leicht konn­te Fra­ser nicht selbst fah­ren, und der Chauf­feur
war mein Schutz­en­gel. »Was tun al­le die­se kräf­ti­gen jun­gen Leu­te, wenn es kei­ne
Bor­del­le gibt? In Eu­ro­pa schwär­men die Hu­ren al­ler Preis­la­gen wie Zug­vö­gel
durch die Stra­ßen. Hier ha­be ich noch kei­ne ge­se­hen. Nicht ein­mal ein
öf­fent­li­ches Pis­soir. Glaubst du, da sei ein Zu­sam­men­hang? In Pa­ris ste­hen
die­se trau­ten Schil­der­häus­chen al­le paar hun­dert Me­ter wie Bas­tio­nen aus Blech
an den Stra­ßen und wer­den flei­ßig be­nutzt. Die Da­men der Nacht flie­gen be­reits
um elf Uhr mor­gens aus, und das Land kennt kei­ne Psych­ia­ter und kaum
Ner­ven­zu­sam­men­brü­che. Hier hat fast je­der einen Psych­ia­ter, und es gibt kei­ne
Pis­soirs und Hu­ren nur über ge­hei­me Te­le­fon­num­mern für die Wohl­ha­ben­den. Was
ma­chen die är­me­ren Leu­te, zwi­schen Po­li­zei­ver­bo­ten, kei­fen­den Wir­tin­nen, from­men
Pres­by­te­ria­nern und Gen­darmen im Win­ter, was tun sie oh­ne Au­to, die­ser letz­ten
Zu­flucht zu­sam­men­ge­krümm­ter Lie­be?«
    »Sie lei­hen sich eins.«
    Ich saß in ei­nem wa­cke­li­gen Ses­sel, der mit
Plüsch der­sel­ben Far­be über­zo­gen war wie die Mö­bel der Hal­le. Der mys­te­ri­öse
Be­sit­zer des Ho­tels muß­te vor drei­ßig Jah­ren einen Plüschwag­gon über­fal­len und
be­raubt ha­ben, in dem au­ßer­dem auch ver­bo­te­ner Whis­ky war, denn an­ders war es
kaum zu er­klä­ren, daß das gan­ze Ho­tel von un­ten bis zum Dach in die­ser wüs­ten
Far­be aus­ge­stat­tet und gleich­zei­tig mit dunklen Whis­kyfle­cken über­sät war.
    Na­ta­scha lag auf dem Bett. Auf dem Tisch
vor uns stan­den die Res­te un­se­res Abendes­sens, her­über­ge­holt von dem Trost
al­ler Leu­te oh­ne Fa­mi­lie und oh­ne Kü­che: dem ame­ri­ka­ni­schen De­li­ka­tes­sen­la­den,
die­ser groß­ar­ti­gen Ein­rich­tung, in der man hei­ße Hüh­ner vom Rost,
Scho­ko­la­de­ku­chen, Wurstauf­schnitt, sämt­li­che Kon­ser­ven, lu­xu­ri­öses
Toi­let­ten­pa­pier, Dill­gur­ken, ro­ten Ka­vi­ar, Brot, But­ter und Heft­pflas­ter, wo
man kurz­um al­les kau­fen konn­te, au­ßer Prä­ser­va­ti­ve. Prä­ser­va­ti­ve be­kam man in
der an­de­ren ame­ri­ka­ni­schen Ein­rich­tung, der Kom­bi­na­ti­on von Apo­the­ke und
Re­stau­rant, dem Drug­sto­re, wo sie ei­nem von ei­nem weiß­ge­klei­de­ten Be­sit­zer
ver­schwö­re­risch aus­ge­hän­digt wur­den, als sei er ein ab­ge­fal­le­ner ka­tho­li­scher
Pries­ter, der so­eben einen sym­bo­li­schen Kinds­mord be­ge­he.
    »Möch­test du ein Stück Scho­ko­la­de­ku­chen zu
dei­nem

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