Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
Vom Netzwerk:
Kaf­fee?« frag­te ich.
    »Ein großes Stück. Und schon vor dem
Kaf­fee. Der Win­ter macht ge­frä­ßig. Wenn Schnee auf den Stra­ßen liegt, ist
Scho­ko­la­de­ku­chen wie Me­di­zin.«
    Ich stand auf, hol­te die elek­tri­sche
Koch­plat­te aus ih­rem Ver­steck im Kof­fer und setz­te den Alu­mi­ni­um­kes­sel mit
Was­ser auf. Da­zu zün­de­te ich mir ei­ne Whi­te-Owl-Zi­gar­re an, da­mit der Duft des
Kaf­fees nicht all­zu stark auf den Kor­ri­dor drin­ge. Es be­stand kei­ne Ge­fahr,
ob­schon Ko­chen im Zim­mer ver­bo­ten war, war ich vor­sich­tig. Es konn­te sein, daß
der un­sicht­ba­re Be­sit­zer des Ho­tels durch die Gän­ge schlich. Er hat­te das nie
ge­tan, ge­ra­de das aber mach­te mich vor­sich­tig. Din­ge, die nie­mals ge­sche­hen
konn­ten, wa­ren in mei­nem Le­ben zu oft pas­siert, das war ei­nes der
un­ge­schrie­be­nen Ge­set­ze der Emi­gra­ti­on.
    Als ich den Kaf­fee auf­goß, klopf­te es an
der Tür, lei­se und hart­nä­ckig. »Ver­steck dich un­ter mei­nem Man­tel«, sag­te ich.
»Bei­ne und Kopf auch. Ich will nach­se­hen, was los ist.«
    Ich schloß auf und öff­ne­te die Tür einen
Spalt. Drau­ßen stand die Pu­er­to­ri­ca­ne­rin. Sie leg­te einen Fin­ger an die Lip­pen.
»Po­li­zei«, flüs­ter­te sie.
    »Was?«
    »Un­ten. Drei Mann. Ach­tung. Viel­leicht
kom­men sie her­auf. Ho­tel durch­su­chen. Vor­sicht!«
    »Was ist denn los?«
    »Sind Sie al­lein? Kei­ne Frau hier?«
    »Nein«, sag­te ich. »Ist die Po­li­zei
des­we­gen hier?«
    »Weiß nicht. Glau­be we­gen Me­li­kow. Aber man
weiß nicht. Viel­leicht durch­su­chen. Frau mit­neh­men, wenn fin­den.«
    Ins Ba­de­zim­mer, dach­te ich rasch. Aber wenn
die Po­li­zei ei­ne Raz­zia macht und Na­ta­scha im Ba­de­zim­mer fand, dann war das
noch be­las­ten­der. In die Hal­le nach un­ten konn­te sie nicht, wenn die Bul­len
schon da wa­ren. Ver­dammt, dach­te ich, was tun?
    Plötz­lich stand Na­ta­scha ne­ben mir. Wie sie
so rasch an­ge­zo­gen sein konn­te, war fast ein Wun­der. Sie hat­te so­gar ih­re
klei­ne Kap­pe auf dem Haar und war kühl und ru­hig. »Me­li­kow«, sag­te sie. »Sie
ha­ben ihn ge­schnappt.«
    Die Pu­er­to­ri­ca­ne­rin mach­te Zei­chen.
»Schnell! Sie zu mir in Zim­mer, Pe­dro hier. Ver­ste­hen?«
    »Ja.«
    Na­ta­scha schau­te sich rasch um. »Bis
spä­ter.« Sie folg­te der Frau. Aus dem Schat­ten des Kor­ri­dors tauch­te Pe­dro, der
Me­xi­ka­ner, auf. Er knöpf­te sei­ne Ho­sen­trä­ger auf und band sei­ne Kra­wat­te. »Buen­as
tar­des,
Señor. Bes­ser so!«
    Ich ver­stand. Wenn die Po­li­zei kom­men
soll­te, war Pe­dro mein Gast, Na­ta­scha der der Pu­er­to­ri­ca­ne­rin. Ei­ne viel
ein­fa­che­re Lö­sung als die dra­ma­ti­sche der An­gel­sa­chen, durch Klo­sett­fens­ter und
über ver­eis­te Dä­cher zu flie­hen. Ei­ne la­tei­ni­sche Lö­sung.
    »Set­zen Sie sich, Pe­dro«, sag­te ich. »Ei­ne
Zi­gar­re?«
    »Dan­ke. Lie­ber ei­ne Zi­ga­ret­te. Vie­len Dank,
Señor Ro­ber­to. Ich ha­be ei­ge­ne.«
    Er war ner­vös. »Pa­pie­re«, mur­mel­te er.
»Schwie­rig. Viel­leicht kom­men sie nicht.«
    »Ha­ben Sie kei­ne? Sie kön­nen sie ver­ges­sen
ha­ben.«
    »Schwie­rig. Ha­ben Sie gu­te?«
    »Ja. Ganz gut. Aber wer sieht ger­ne die
Po­li­zei?« Ich war selbst sehr ner­vös. »Wol­len Sie einen Wod­ka, Pe­dro?«
    »Zu stark in die­ser Si­tua­ti­on. Bes­ser, klar
zu sein. Aber einen Kaf­fee sehr ger­ne, Señor!«
    Ich schenk­te den Kaf­fee ein. Pe­dro trank
has­tig. »Was ist mit Me­li­kow?« frag­te ich. »Wis­sen Sie et­was da­von?«
    Pe­dro schüt­tel­te hef­tig den Kopf. Dann
leg­te er ihn auf die Sei­te, schloß ein Au­ge, hob die Hand und hielt sie an die
Na­se, als schnup­fe er et­was hin­ein. Ich be­griff. »Glau­ben Sie das?«
    Er hob die Schul­tern und öff­ne­te die Hän­de.
Ich er­in­ner­te mich an die An­deu­tun­gen Na­ta­schas. Was konn­te ich tun? »Nichts«,
ant­wor­te­te Pe­dro, des­sen Au­gen mir ge­folgt wa­ren. »Den Mund hal­ten«, sag­te
Pe­dro, wäh­rend sei­ne Hän­de flat­ter­ten. »Sonst wird es nur schlim­mer für
Me­li­kow.«
    Ich pack­te die Koch­plat­te in den Kof­fer und
sah mich um, ob Na­ta­scha noch ir­gend­wel­che Spu­ren hin­ter­las­sen

Weitere Kostenlose Bücher