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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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hat­te. Den
Aschen­be­cher mit zwei rot­ge­färb­ten Mund­stücken leer­te ich durch das ge­räusch­los
ge­öff­ne­te Fens­ter. Dann schlich ich zur Tür, öff­ne­te sie und horch­te nach
un­ten.
    Das Ho­tel war still wie ein Grab. Von der
Hal­le her hör­te ich Ge­mur­mel. Dann ka­men Schrit­te die Trep­pe her­auf. Ich
er­kann­te sie so­fort als Po­li­zei. Dar­in kann­te ich mich aus, ich hat­te sie in
Deutsch­land, Bel­gi­en und Frank­reich oft ge­nug ge­hört. Ich schloß rasch die Tür.
»Sie kom­men.«
    Pe­dro ließ sei­ne Zi­ga­ret­te fal­len. »Sie
ge­hen nach oben«, sag­te ich.
    Pe­dro hob sei­ne Zi­ga­ret­te auf. »Zu Me­li­kows
Zim­mer?«
    »Das wer­den wir se­hen. Warum glau­ben Sie,
daß die Po­li­zei ei­ne Haus­su­chung ma­chen könn­te?«
    »Um et­was zu fin­den.«
    »Oh­ne Haus­su­chungs­be­fehl?«
    Pe­dro hob wie­der die Schul­tern. »Be­fehl?
Bei ar­men Leu­ten?«
    »Na­tür­lich.« Das hät­te ich mir den­ken
kön­nen. Warum soll­te es in New York an­ders sein als ir­gend­wo in der Welt? Und
ich soll­te das wahr­haf­tig wis­sen. Mei­ne Pa­pie­re wa­ren gut, aber nicht sehr gut.
Pe­dros wahr­schein­lich ähn­lich. Auch bei der Pu­er­to­ri­ca­ne­rin war ich nicht
si­cher. Si­cher war ich nur bei Na­ta­scha. Man wür­de sie ent­las­sen. Bei uns
an­dern konn­te das noch et­was dau­ern. Ich schnitt ein großes Stück von un­se­rem
Scho­ko­la­de­ku­chen ab und stopf­te es in mich hin­ein. Die Ver­pfle­gung auf al­len
Po­li­zei­sta­tio­nen der Welt war schau­er­lich.
    Ich blick­te aus dem Fens­ter. Ge­gen­über
wa­ren ein paar Fens­ter er­leuch­tet. »Wo ist das Zim­mer Ih­rer Freun­din?« frag­te
ich Pe­dro. »Kann man es von hier aus se­hen?«
    Er kam her­an. Sein ge­lock­tes Haar roch nach
ei­nem süß­li­chen Öl. Im Nacken hat­te er die Nar­be ei­nes Fu­run­kels. Er blin­zel­te
nach oben. »Über uns. Ei­ne Eta­ge hö­her. Man kann es von hier aus nicht se­hen.«
    Wir muß­ten ziem­lich lan­ge war­ten. Ab und zu
horch­ten wir auf den Flur hin­aus. Nichts rühr­te sich. Je­der, der im Ho­tel war,
wuß­te an­schei­nend, daß et­was los war. Kei­ner kam nach un­ten. End­lich hör­te ich
die schwe­ren ener­gi­schen Schrit­te von oben kom­men. Sie ver­lo­ren sich nach
un­ten. Ich schloß die Tür. »Ich glau­be, die Po­li­zei geht. Kei­ne Haus­su­chung.«
    Pe­dro leb­te auf. »Warum las­sen sie die
Men­schen nicht in Ru­he? Was tut schon ein biß­chen Schnup­fen, wenn es einen
glück­lich macht? Im Krieg zer­rei­ßen sie Mil­lio­nen mit Gra­na­ten. Hier ver­fol­gen
sie das wei­ße Pul­ver, als wä­re es Dy­na­mit.«
    Ich be­trach­te­te ihn auf­merk­sam, sei­ne
feuch­ten Au­gen mit dem bläu­li­chen Weiß, und mir kam der Ge­dan­ke, daß er selbst schnup­fen
könn­te. »Ken­nen Sie Me­li­kow schon lan­ge?« frag­te ich.
    »Nicht so sehr lan­ge. Ei­ni­ge Zeit.«
    Ich schwieg; was ging es mich an? Ich
dach­te dar­über nach, ob man et­was für Me­li­kow tun könn­te. Da war nichts zu tun,
am we­nigs­ten von Aus­län­dern mit et­was zwei­fel­haf­ten Pa­pie­ren.
    Die Tür ging auf. Es war Na­ta­scha. »Sie
sind weg«, sag­te sie.
    »Mit Me­li­kow.«
    Pe­dro war auf­ge­stan­den. Die Pu­er­to­ri­ca­ne­rin
kam her­ein. »Komm, Pe­dro.«
    »Vie­len Dank«, sag­te ich zu ihr. »Vie­len
Dank für Ih­re Freund­lich­keit.«
    Sie lä­chel­te. »Ar­me Leu­te hel­fen sich gern
ge­gen­sei­tig.«
    »Nicht im­mer.«
    Na­ta­scha küß­te sie auf die Wan­ge. »Vie­len
Dank, Raquel, für die Adres­se.«
    »Was für ei­ne Adres­se?« frag­te ich, als wir
al­lein wa­ren.
    »Für Strümp­fe. Die längs­ten, die ich
ge­se­hen ha­be. Sie sind schwer zu fin­den. Die meis­ten sind zu kurz. Raquel hat
mir ih­re ge­zeigt. Fa­bel­haft.«
    Ich muß­te la­chen. »Pe­dro war we­ni­ger
un­ter­hal­tend.«
    »Na­tür­lich. Er hat­te Angst. Er schnupft.
Und er hat jetzt ein Pro­blem: Er muß einen an­de­ren Lie­fe­ran­ten su­chen.«
    »War Me­li­kow ei­ner?«
    »Ein klei­ner, glau­be ich. Der Gangs­ter, dem
die­ses Ho­tel ge­hört, hat ihn da­zu ge­zwun­gen. Er wä­re sonst her­aus­ge­flo­gen. Ei­ne
neue Stel­lung hät­te er nie be­kom­men, er ist zu alt.«
    »Kann man et­was für ihn

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