Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
Vom Netzwerk:
ist nicht not­wen­dig.«
    »Ich weiß.«
    »Es wä­re gut, wenn du ein­mal nicht lü­gen
wür­dest. We­nigs­tens zum Schluß nicht.«
    »Ich wer­de es ver­su­chen.«
    Sie sah mich rasch an. »Du gibst es al­so
zu?«
    »Wie kann ich das? Aber wie kann ich es
auch be­strei­ten? Du mußt glau­ben, was du willst.«
    »Das ist ein­fach, wie?«
    »Nein, das ist gar nicht ein­fach. Ich ge­he
fort, das ist wahr. Ich kann dir nicht ein­mal er­klä­ren, wes­halb. Al­les, was ich
sa­gen kann, ist, daß es so ist, als wenn je­mand in den Krieg muß.«
    »Muß?« frag­te sie.
    Ich schwieg ge­quält. Ich muß­te es
durch­ste­hen. »Ich kann nichts da­zu sa­gen«, er­wi­der­te ich schließ­lich. »Du hast
recht. Wenn Recht ir­gend et­was da­mit zu tun hat. Ich bin al­les das, was du
ge­sagt hast. Ein Lüg­ner, ein Schwind­ler, ein Ego­ist. Und ich bin es auch nicht.
Wer kann al­les das un­ter­schei­den in ei­ner Si­tua­ti­on, in der die Wahr­heit das
Un­rich­tigs­te ist?«
    »Und was ist wich­ti­ger?«
    »Daß ich dich lie­be«, sag­te ich mit
An­stren­gung. »Dies ist nicht die Zeit, um das zu sa­gen.«
    »Nein«, sag­te sie, plötz­lich sanft. »Dies
ist nicht die Zeit, Ro­bert.«
    »Doch«, er­wi­der­te ich. »Es ist im­mer die
Zeit.«
    Daß ich sie so lei­den sah, schmerz­te mich,
als schnit­te ich mir die Hand an ei­nem schar­ti­gen Mes­ser. Ich hät­te es ger­ne
an­ders ge­habt, aber ich wuß­te auch, daß das ein jam­mer­vol­ler, kom­for­ta­bler
Ego­is­mus war.
    »Es macht nichts«, sag­te sie. »Wir wa­ren
uns we­ni­ger, als wir dach­ten. Wir wa­ren bei­de Lüg­ner.«
    »Ja«, er­wi­der­te ich er­ge­ben.
    »Ich war in un­se­rer Zeit auch mit an­de­ren
Män­nern zu­sam­men. Du warst nicht der ein­zi­ge.«
    »Ich weiß, Na­ta­scha.«
    »Du weißt es?«
    »Nein«, sag­te ich rasch. »Ich ha­be es nicht
ge­wußt. Ich hät­te es nie ge­glaubt.«
    »Du kannst es glau­ben. Es ist wahr.«
    Ich sah den trost­lo­sen Aus­weg für ih­ren
Stolz. Ich glaub­te ihr auch in die­sem Au­gen­blick nicht. »Ich glau­be es dir«,
sag­te ich. »Ich hät­te es nie er­war­tet.«
    Sie reck­te das Kinn hö­her. Ich lieb­te sie
sehr, als ich sie so sah. Ich war ver­zwei­felt wie sie, nur war sie es noch
mehr. Der zu­rück­bleibt, ist es im­mer, selbst wenn man ihm die Waf­fe über­läßt,
um einen zu ver­wun­den. »Ich lie­be dich, Na­ta­scha. Ich woll­te, du könn­test das
ver­ste­hen. Nicht für mich. Für dich.«
    »Nicht für dich?«
    Ich merk­te, daß ich wie­der einen Feh­ler
ge­macht hat­te. »Ich bin hilf­los«, er­klär­te ich. »Siehst du das nicht?«
    »Wir ge­hen aus­ein­an­der wie gleich­gül­ti­ge
Leu­te, die zu­fäl­lig ein Stück Weges zu­sam­men ge­gan­gen sind und die sich nie
ver­stan­den ha­ben. Wie könn­ten wir auch?«
    Ich war­te­te dar­auf, daß mein Cha­rak­ter als
Deut­scher wie­der her­hal­ten muß­te, aber ich sah auch, daß sie wuß­te, daß ich
dar­auf war­te­te. Was sie nicht wuß­te, war, daß ich nicht wi­der­spro­chen hät­te. So
un­ter­ließ ich es. »Es ist gut, daß es so ge­kom­men ist«, sag­te sie. »Ich woll­te
dich ver­las­sen. Ich wuß­te nur nicht, wie ich es dir bei­brin­gen soll­te.«
    Ich wuß­te, was ich ant­wor­ten soll­te. Ich
konn­te es nicht. »Du woll­test weg­ge­hen?« frag­te ich schließ­lich doch.
    »Ja. Schon lan­ge. Wir wa­ren schon viel zu
lan­ge zu­sam­men. Af­fä­ren wie un­se­re soll­ten kurz sein.«
    »Ja«, sag­te ich. »Ich dan­ke dir, daß du
ge­war­tet hast. Ich wä­re sonst ver­lo­ren ge­we­sen.«
    Sie dreh­te sich um. »Warum lügst du schon
wie­der?«
    »Ich lü­ge nicht.«
    »Wor­te! Im­mer hast du so vie­le Wor­te. Im­mer
die pas­sen­den.«
    »Jetzt nicht.«
    »Jetzt nicht?«
    »Nein, Na­ta­scha. Kei­ne. Ich bin trau­rig und
hilf­los.«
    »Schon wie­der Wor­te!«
    Sie stand auf und griff nach ih­rem Klei­de.
»Sieh mich nicht an«, sag­te sie, »ich will nicht mehr, daß du mich so
an­siehst.«
    Sie zog ih­re Strümp­fe und Schu­he an. Ich
blick­te aus dem Fens­ter. Die Flü­gel stan­den of­fen, und es war warm. Je­mand üb­te
auf ei­ner Gei­ge ›La Pa­lo­ma‹. Er mach­te im­mer den­sel­ben Feh­ler und wie­der­hol­te
die ers­ten acht Tak­te un­er­müd­lich. Ich fühl­te mich sehr elend und

Weitere Kostenlose Bücher