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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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gut, weil der Boß auch an ei­ner Schnaps­fa­brik
be­tei­ligt ist. Des­halb be­kom­men wir ihn so­gar bil­li­ger. Auch weil der Chef die
Ab­sicht, mit mir zu schla­fen, im­mer noch nicht ganz auf­ge­ge­ben hat. Er ist
über­aus ge­dul­dig. Das ist sei­ne Stär­ke.«
    »Na­ta­scha!« sag­te Me­li­kow.
    »Gut, wir ge­hen schon. Oder wol­len Sie noch
einen von den Gangs­ter-Wod­kas?« frag­te sie mich.
    Ich schüt­tel­te den Kopf.
    »Er war­tet lie­ber auf den
Rolls-Roy­ce-Wod­ka«, er­klär­te Me­li­kow.
    »Neh­men Sie lie­ber hier einen«, sag­te
Na­ta­scha zu mir. »Im Rolls-Roy­ce steht, durch einen un­er­klär­li­chen
Schick­sals­schlag, nur ei­ne Fla­sche Sher­ry-Bran­dy aus Ko­pen­ha­gen. Der Be­sit­zer
des Ge­fährts muß ges­tern mit ei­ner Da­me spa­zie­ren ge­fah­ren sein.«
    Wir gin­gen hin­aus. Auf der Stra­ße stand der
Chauf­feur und rauch­te. »Wol­len Sie nicht fah­ren, Sir?« frag­te er mich.
    »Den Rolls-Roy­ce? Ich wür­de mich nicht
trau­en. Au­ßer­dem ha­be ich kei­nen Füh­rer­schein. Und drit­tens kann ich nicht
fah­ren.«
    »Wie schön! Nichts ist lang­wei­li­ger als ein
Ama­teur-Renn­fah­rer!«
    Ich sah sie an. Lan­ge­wei­le schi­en et­was zu
sein, das sie fürch­te­te. Ich lieb­te Na­ta­scha. Sie war Si­cher­heit. Sie lieb­te
da­für wahr­schein­lich Aben­teu­er, die ich haß­te; sie wa­ren zu lan­ge mein
täg­li­ches Brot ge­we­sen. Ein tro­ckenes Brot. Tro­cken wie Hand­fes­seln.
    »Wol­len Sie wirk­lich zum Zoo?«
    »Warum nicht! Das Re­stau­rant ist noch nicht
ge­schlos­sen. Man sitzt drau­ßen und schaut den See­lö­wen-Clowns zu. Die Ti­ger
ge­hen schla­fen. Die Tau­ben flie­gen auf den Tisch. So­gar die Eich­hörn­chen kom­men
auf die Ter­ras­se. Wo ist man nä­her beim Pa­ra­dies?«
    »Glau­ben Sie, daß der ele­gan­te Chauf­feur
des Rolls-Roy­ce da­mit zu­frie­den ist, wenn wir ihm zum Di­ner ein Ham­bur­ger mit
Mi­ne­ral­was­ser an­bie­ten? Al­ko­hol darf er ja wahr­schein­lich nicht trin­ken.«
    »Ha­ben Sie ei­ne Ah­nung! Er säuft wie ein
durs­ti­ges Pferd. Heu­te al­ler­dings nicht. Er muß sei­nen Ge­bie­ter vom Thea­ter
ab­ho­len. Und Ham­bur­ger sind sei­ne Lei­den­schaft. Mei­ne auch.«
    ***
    Es war sehr still.
Nur we­ni­ge Leu­te wa­ren noch da. In den Bäu­men hing die Däm­me­rung. Die brau­nen
Bä­ren rüs­te­ten zur Ru­he. Nur die Eis­bä­ren schwam­men ru­he­los in ih­ren klei­nen
Be­cken auf und ab. John, der Chauf­feur, aß ab­seits drei große Ham­bur­ger, mit
To­ma­tensau­ce be­schmiert, und sau­re Gur­ken. Er trank da­zu Kaf­fee.
    »Es ist scha­de, daß man nachts im Cen­tral
Park nicht Spa­zie­ren­ge­hen kann«, sag­te Na­ta­scha. »In ei­ner Stun­de wird es
ge­fähr­lich. Die vier­bei­ni­gen Raub­tie­re ge­hen dann schla­fen und die zwei­bei­ni­gen
wa­chen auf. Wo wa­ren Sie heu­te? Bei Ih­rem Raub­tier in Bil­dern?«
    »Ja. Er hat mir an ei­nem De­gas das Le­ben
er­klärt. Sein Le­ben. Nicht das von De­gas.«
    »Son­der­bar, wie vie­le Ratschlä­ge man
über­all be­kom­men kann, wie?« – »Sie auch?«
    »Im­mer­fort. Je­der will mich un­un­ter­bro­chen
er­zie­hen. Und je­der weiß al­les bes­ser als ich. Und an die­ser fer­ti­gen Weis­heit
soll­te man glau­ben, das Glück sei über­all zu Hau­se. Dem ist nicht so. Der
Mensch ist groß in Plä­nen – für an­de­re.«
    Ich sah sie an. »Ich fin­de, Sie brau­chen
nicht vie­le Ratschlä­ge.«
    »Ich brau­che un­end­lich vie­le. Aber sie
nüt­zen mir nichts. Ich ma­che trotz­dem al­les ver­kehrt. Ich will nicht
un­glück­lich sein, aber ich bin es. Ich will nicht al­lein sein, aber ich bin es
im­mer wie­der. Sie la­chen jetzt. Sie mei­nen, daß ich vie­le Men­schen ken­ne. Das
ist wahr. Aber das an­de­re ist auch wahr.«
    Sie sah sehr lieb­lich aus, wäh­rend sie in
der Däm­me­rung zwi­schen den letz­ten Raub­tier­ru­fen die­sen kind­li­chen Un­sinn
schwätz­te. Ich hör­te ihr zu und hat­te ein ähn­li­ches Ge­fühl wie heu­te nach­mit­tag
bei Sil­vers, wie un­ver­ständ­lich weit auch die­ses Le­ben von mei­nem ent­fernt
schi­en. Es war, eben­so wie das an­de­re, ge­trie­ben von ein­fa­chen Emo­tio­nen, von
ver­nünf­ti­gem Un­glück und der

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