E.M. Remarque
Zigarette zu rauchen und erst wieder
zu Haake hinüberzusehen, als sie zu Ende war. Langsam, als suche er jemand,
blickte er um sich. Haake war gerade fertig mit seiner Languste. Er hatte die
Serviette in den Händen und wischte sich die Lippen. Er tat es nicht mit einer
Hand; er tat es mit beiden. Er hielt die Serviette etwas gespannt und tupfte
damit die Lippen ab – erst die eine, dann die andere, wie eine Frau, die
Lippenrouge abnimmt. Er sah Ravic dabei voll an.
Ravic ließ seinen Blick weiterwandern. Er spürte, daß
Haake ihn ansah. Er winkte dem Kellner und ließ sich einen zweiten Pernod
geben. Ein anderer Kellner verdeckte jetzt Haakes Tisch. Er räumte den Rest der
Languste weg, schenkte das leere Glas nach und brachte eine Platte mit Käse.
Haake deutete auf einen fließenden Brie, der auf einer Strohunterlage lag.
Ravic rauchte eine neue Zigarette. Nach einer Weile, aus
schrägen Augenwinkeln, spürte er wieder Haakes Blick. Das war nicht mehr
zufällig. Er spürte, wie seine Haut sich zusammenzog. Wenn Haake ihn erkannt
hatte – er hielt den Kellner an, als er vorbeikam. »Können Sie mir den Pernod
’rausbringen? Ich möchte auf der Terrasse sitzen. Kühler da.«
Der Kellner zögerte. »Es wäre bequemer, wenn Sie hier
bezahlen. Draußen ist ein anderer Kellner. Ich kann Ihnen dann das Glas
herausbringen.«
Ravic schüttelte den Kopf und holte einen Geldschein
heraus.
»Kann es hier trinken und draußen ein anderes bestellen.
Dann gibt es keine Konfusion.«
»Sehr wohl, mein Herr. Danke, mein Herr.«
Ravic trank sein Glas ohne Hast aus. Haake hatte
zugehört, das wußte er. Er hatte aufgehört zu essen, während Ravic sprach.
Jetzt aß er weiter. Ravic hielt sich noch eine Weile ruhig. Wenn Haake ihn
erkannt hatte, gab es nur eins: so zu tun, als ob er selbst Haake nicht erkannt
hatte, und ihn aus seinem Versteck weiter zu beobachten.
Er stand nach ein paar Minuten auf und schlenderte
hinaus. Draußen waren fast alle Tische besetzt. Ravic blieb stehen, bis er
einen Platz fand, von dem aus er ein Stück von Haakes Tisch im Restaurant im
Auge hatte. Haake selbst konnte er nicht sehen; aber er mußte ihn sehen, wenn
er aufstand, um fortzugehen. Er bestellte einen Pernod und zahlte gleich. Er
wollte bereit sein, um sofort zu folgen.
»Ravic …«, sagte jemand neben ihm.
Er fuhr zusammen, als habe ihn jemand geschlagen. Joan
stand neben ihm. Er starrte sie an. »Ravic …«, wiederholte sie. »Kennst du mich
nicht mehr?«
»Ja, natürlich.« Seine Augen waren an Haakes Tisch. Der
Kellner stand dort und brachte Kaffee. Er holte Atem. Es war noch Zeit.
»Joan«, sagte er mit
Mühe. »Wie kommst du hierher?«
»Was für eine Frage. Jeder Mensch kommt doch jeden Tag zu
Fouquet’s.«
»Bist du allein?«
»Ja.«
Er sah, daß sie immer noch stand und daß er saß. Er stand
auf, so daß er den Tisch Haakes schräg vor sich hatte. »Ich habe hier etwas zu
tun, Joan«, sagte er eilig, ohne sie anzusehen. »Ich kann dir nicht erklären,
was. Aber ich kann dich nicht dabei brauchen. Du mußt mich allein lassen.«
»Ich werde warten.« Joan setzte sich. »Ich will sehen,
wie die Frau aussieht.«
»Was für eine Frau?« fragte Ravic verständnislos.
»Die Frau, auf die du wartest.«
»Es ist keine Frau.«
»Was sonst?«
Er sah sie an. »Du erkennst mich nicht«, sagte sie. »Du
willst mich wegschicken, du bist aufgeregt – ich weiß, daß da jemand ist. Und
ich will sehen, wer das ist.«
Fünf Minuten, dachte Ravic. Vielleicht auch zehn oder
fünfzehn für den Kaffee. Haake würde noch eine Zigarette rauchen. Eine
Zigarette wahrscheinlich. Er mußte sehen, daß er Joan bis dahin los wurde.
»Gut«, sagte er. »Ich kann dich nicht hindern. Aber setz
dich anderswohin.«
Sie antwortete nicht. Ihre Augen wurden heller, und ihr
Gesieht
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