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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Ka­ta­stro­phe und Ka­ta­stro­phe! Sei
ge­grüßt! Sei be­dankt! Ich muß­te dich ver­lie­ren, um es zu wis­sen! Sei ge­grüßt!
    Der Re­gen war zu ei­nem sil­ber­nen, flim­mern­den Vor­hang
ge­wor­den. Die Bü­sche be­gan­nen zu duf­ten. Die Er­de roch stark und dank­bar.
Je­mand stürz­te aus dem Haus ge­gen­über und riß das Ver­deck über den gel­ben
Road­s­ter. Es war gleich. Al­les war gleich. Die Nacht war da, sie schüt­te­te den
Re­gen von den Ster­nen, mys­tisch be­fruch­tend stürz­te er auf die stei­ner­ne Stadt
mit ih­ren Al­leen und Gär­ten, Mil­lio­nen Blü­ten hiel­ten ihm ihr bun­tes Ge­schlecht
hin und emp­fin­gen ihn, und er warf sich in Mil­lio­nen aus­ge­brei­te­te, ge­fie­der­te
Ast­ar­me und wühl­te sich in die Er­de zu dunk­ler Ver­mäh­lung mit Mil­lio­nen
war­ten­der Wur­zeln; der Re­gen, die Nacht, die Na­tur, das Wach­sen, sie wa­ren da,
un­be­küm­mert um Zer­stö­rung, Tod, Ver­bre­cher, falsche Hei­li­ge, Sieg oder
Nie­der­la­ge; sie wa­ren da wie in je­dem Jahr, und in die­ser Nacht ge­hör­te er
da­zu, auf­ge­bro­che­ne Scha­le, sich re­cken­des Le­ben, Le­ben, Le­ben, ge­grüßt und
ge­be­ne­deit!
    Er ging rasch durch die Gär­ten und Stra­ßen. Er sah nicht
zu­rück; er ging und ging, und die Kro­nen des Bois emp­fin­gen ihn wie ein
rie­si­ger, sum­men­der Bie­nen­korb; der Re­gen trom­mel­te auf sie, sie schwank­ten und
ant­wor­te­ten, und es war ihm, als wä­re er wie­der jung und gin­ge das ers­te­mal zu
ei­ner Frau.

24
    24    »Was
soll es sein?« frag­te der Kell­ner Ra­vic.
    »Brin­gen Sie mir einen ...«
    »Was?« Ra­vic ant­wor­te­te nicht.
    »Ich ha­be Sie nicht ver­stan­den, mein Herr«, sag­te der
Kell­ner. »Ir­gend et­was. Brin­gen Sie mir ir­gend et­was.«
    »Einen Per­nod?«
    »Ja ...«
    Ra­vic schloß die Au­gen. Er öff­ne­te sie lang­sam wie­der.
Der Mann saß noch im­mer da. Die­ses Mal war kein Irr­tum mehr mög­lich.
    Haa­ke saß am Tisch ne­ben der Tür. Er war al­lein und aß.
Auf dem Tisch stand ei­ne Sil­ber­plat­te mit zwei hal­b­en Lan­gus­ten und ei­ne
Fla­sche Cham­pa­gne na­ture in ei­nem Küh­ler. Ein Kell­ner stand am Tisch und
misch­te einen grü­nen Sa­lat mit To­ma­ten. Ra­vic sah das al­les über­deut­lich, als
prä­ge es sich wie ein Re­li­ef hin­ter sei­nen Au­gen in Wachs. Er sah einen
Sie­gel­ring mit ei­nem Wap­pen in ro­tem Stein, als Haa­ke die Fla­sche aus dem
Küh­ler nahm. Er kann­te die­sen Ring und die wei­ße, flei­schi­ge Hand wie­der. Er hat­te
sie im Wir­bel me­tho­di­schen Wahn­sinns ge­se­hen, als er, zu­sam­men­ge­bro­chen ne­ben
dem Prü­gel­tisch, aus ei­ner Ohn­macht in grel­les Licht zu­rück­ge­wor­fen war – Haa­ke
vor ihm, vor­sich­tig zu­rück­tre­tend, um sei­ne ta­del­lo­se Uni­form zu schüt­zen vor
dem Was­ser, das über Ra­vic ge­schüt­tet wur­de –, die flei­schi­ge, zu wei­ße Hand
aus­ge­streckt, auf ihn zei­gend und mit sanf­ter Stim­me er­klä­rend: »Das war nur
der An­fang. Es war noch nichts. Wol­len Sie uns jetzt die Na­men nen­nen? Oder
sol­len wir fort­fah­ren? Wir ha­ben noch vie­le Mög­lich­kei­ten. Ih­re Fin­ger­nä­gel
sind noch heil, wie ich se­he.«
    Haa­ke blick­te auf. Er
sah Ra­vic di­rekt in die Au­gen. Ra­vic brauch­te al­le Kraft, sit­zen zu
blei­ben. Er nahm das Glas Per­nod, trank einen Schluck und zwang sich, lang­sam
auf die Sa­lat­schüs­sel zu bli­cken, als in­ter­es­sie­re ihn die Zu­be­rei­tung. Er
wuß­te nicht, ob Haa­ke ihn er­kannt hat­te. Er spür­te, wie sein Rücken in ei­ner
Mi­nu­te voll­kom­men naß ge­wor­den war.
    Nach ei­ner Wei­le streif­te er den Tisch wie­der mit ei­nem
Blick. Haa­ke aß die Lan­gus­te. Er sah auf sei­nen Tel­ler. Das Licht spie­gel­te
sich auf sei­ner Glat­ze. Ra­vic blick­te sich um. Das Lo­kal war voll be­setzt. Es
war un­mög­lich, et­was zu tun. Er hat­te kei­ne Waf­fe bei sich, und wenn er sich
auf Haa­ke ge­stürzt hät­te, wä­ren im nächs­ten Au­gen­blick zehn Leu­te da­ge­we­sen, um
ihn zu­rück­zu­rei­ßen. Zwei Mi­nu­ten spä­ter die Po­li­zei. Es gab nichts an­de­res, als
zu war­ten und Haa­ke zu fol­gen. Her­aus­zu­fin­den, wo er wohn­te.
    Er zwang sich, ei­ne

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