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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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hat­test.«
    »Ja«, er­wi­der­te Ra­vic oh­ne Über­zeu­gung.
    Mo­ro­sow sah ihn an. »Du bist doch kein sol­cher Idi­ot, daß
du we­gen Mords oder Mord­ver­suchs vor Ge­richt kom­men willst.«
    Ra­vic ant­wor­te­te nicht.
    »Ra­vic ...«
    Mo­ro­sow setz­te die Fla­sche hart auf den Tisch. »Sei kein
Phan­tast.«
    »Das bin ich nicht. Aber ver­stehst du mich, daß es mir in
den Kno­chen sitzt, die Ge­le­gen­heit ver­säumt zu ha­ben? Zwei Stun­den frü­her hät­te
ich ihn ir­gend­wo­hin schlep­pen kön­nen – oder sonst et­was tun ...«
    Mo­ro­sow schenk­te zwei Glä­ser ein. »Trink das! Wod­ka. Du
wirst ihn wie­der­krie­gen.«
    »Oder nicht.«
    »Du wirst ihn krie­gen. Er wird kom­men. Die Sor­te kommt,
du hast einen gu­ten Ha­ken aus­ge­hängt. Prost!«
    Ra­vic trank sein Glas aus.
    »Ich kann im­mer noch zum Ga­re du Nord ge­hen. Se­hen, ob er
ab­fährt.«
    »Na­tür­lich. Du kannst auch ver­su­chen, ihn da zu
er­schie­ßen. – Zwan­zig Jah­re Zucht­haus min­des­tens. Hast du noch mehr sol­cher
Ide­en?«
    »Ja. Ich könn­te be­ob­ach­ten, ob er ab­fährt.«
    »Und ge­se­hen wer­den von ihm und al­les ver­der­ben.«
    »Ich hät­te ihn fra­gen sol­len, in wel­chem Ho­tel er
ab­steigt.«
    »Und ihn miß­trau­isch ma­chen.« Mo­ro­sow goß die Glä­ser
wie­der voll. »Hör zu, Ra­vic. Ich weiß, du sitzt jetzt da und glaubst, al­les
falsch ge­macht zu ha­ben. Wer­de das los! Hau was ka­putt, wenn du das willst.
Ir­gend et­was Großes und nicht zu Teu­res. Den Pal­men­gar­ten im »In­ter­na­tio­nal«
mei­net­we­gen.«
    »Zweck­los.«
    »Dann re­de. Re­de dar­über, bis du schlapp wirst. Re­de es
aus dir her­aus. Re­de dich ru­hig. Du bist kein Rus­se, sonst wür­dest du das
ver­stehn.«
    Ra­vic rich­te­te sich auf. »Bo­ris«, sag­te er. »Ich weiß,
Rat­ten muß man ver­nich­ten und sich nicht auf ei­ne Bei­ße­rei mit ih­nen ein­las­sen.
Aber ich kann nicht dar­über re­den. Ich wer­de da­für nach­den­ken. Nach­den­ken, wie
ich es ma­chen kann. Ich wer­de es prä­pa­rie­ren wie ei­ne Ope­ra­ti­on. So­weit man
et­was prä­pa­rie­ren kann. Ich wer­de mich ge­wöh­nen. Ich ha­be vier­zehn Ta­ge Zeit.
Das ist gut. Das ist ver­dammt gut. Ich kann mich dar­in ge­wöh­nen, ru­hig zu sein.
Du hast recht. Man kann et­was zer­re­den, um ru­hig und über­legt zu wer­den. Man
kann aber auch et­was zer­den­ken und das­sel­be er­rei­chen. Den Haß. Kalt zer­den­ken
in Zweck. Ich wer­de so oft tö­ten in mei­nen Ge­dan­ken, daß es schon wie ei­ne
Ge­wohn­heit sein wird, wenn er wie­der­kommt. Das tau­sends­te Mal ist man
über­leg­ter und ru­hi­ger als das ers­te­mal. Und jetzt laß uns re­den. Aber von was
an­de­rem. Von den wei­ßen Ro­sen drü­ben mei­net­we­gen! Sieh dir sie an! Sie sind wie
Schnee in die­ser schwü­len Nacht. Wie Gischt auf der un­ru­hi­gen Bran­dung der
Nacht. Bist du nun zu­frie­den?«
    »Nein«, sag­te Mo­ro­sow.
    »Gut. Sieh dir die­sen Som­mer an. Den Som­mer 1939. Er
riecht nach Schwe­fel. Die Ro­sen se­hen be­reits aus wie Schnee auf ei­nem
Mas­sen­grab im nächs­ten Win­ter. Ei­ne fröh­li­che Ge­sell­schaft sind wir da­für, wie?
Es le­be das Jahr­hun­dert der Nicht­ein­mi­schung!
    Der mo­ra­li­schen Ge­fühls­ver­stei­ne­rung! Es wird viel
ge­tö­tet in die­ser Nacht, Bo­ris. In je­der Nacht. Viel ge­tö­tet. Städ­te bren­nen,
Ju­den heu­len ir­gend­wo, Tsche­chen ver­re­cken in Wäl­dern, Chi­ne­sen bren­nen un­ter
ja­pa­ni­schem Ga­so­lin, durch Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger kriecht der Peit­schen­tod –
soll­ten wir da sen­ti­men­ta­le Wei­ber sein, wenn ein Mör­der eli­mi­niert wird? Wir wer­den
ihn krie­gen und ihn aus­lö­schen, fer­tig – wie wir es oft ge­nug ha­ben tun müs­sen
mit un­schul­di­gen Leu­ten, die sich nur durch ei­ne Uni­form von uns un­ter­schie­den
...«
    »Gut«, sag­te Mo­ro­sow. »Oder we­nigs­tens bes­ser. Hast du je
ge­lernt, was man mit ei­nem Mes­ser ma­chen kann? Ein Mes­ser knallt nicht.«
    »Laß mich da­mit heu­te in Ru­he. Ich muß schla­fen,
ir­gend­wann. Weiß der Teu­fel, ob ich’s kann, trotz­dem ich so ru­hig tue.
Ver­stehst du das?«
    »Ja.«
    »In die­ser Nacht wer­de ich tö­ten und tö­ten. In

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