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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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hat­te nicht
ver­ges­sen, was Du­rant zu Le­val ge­sagt hat­te. »Mon­sieur Le­val er­klär­te mir
ei­ni­ges dar­über«, sag­te er. »Vor mei­ner Aus­wei­sung.«
    Er sah, daß Ve­ber den Kopf hob. Du­rant er­wi­der­te nichts.
»Dok­tor Ve­ber kann die Ope­ra­ti­on für Sie ma­chen«, sag­te Ra­vic.
    »Sie ha­ben doch oft ge­nug für mich ope­riert. Wenn der
Preis ...«
    »Der Preis spielt kei­ne Rol­le. Ich ope­rie­re nicht mehr,
seit ich zu­rück bin. Be­son­ders nicht an Pa­ti­en­ten, die kei­ne Er­laub­nis für
die­se Art von Ope­ra­ti­on ge­ge­ben ha­ben.«
    Du­rant starr­te ihn an. »Man kann die Pa­ti­en­tin doch jetzt
nicht aus der Nar­ko­se ho­len, um sie zu fra­gen.«
    »Doch, man kann. Aber Sie ris­kie­ren die Sep­sis.«
    Du­rants Ge­sicht war naß. Ve­ber sah Ra­vic an. Ra­vic
nick­te. »Sind Ih­re Schwes­tern zu­ver­läs­sig?« frag­te Ve­ber Du­rant.
    »Ja ...«
    »Den As­sis­ten­ten brau­chen wir nicht«, sag­te Ve­ber zu
Ra­vic. »Wir sind drei Ärz­te und zwei Schwes­tern.«
    »Ra­vic …«, Du­rant ver­stumm­te.
    »Sie hät­ten Bi­not ru­fen sol­len«, er­klär­te Ra­vic. »Oder
Mal­lon, oder Mar­tel. Erst­klas­si­ge Chir­ur­gen.«
    Du­rant ant­wor­te­te nicht.
    »Wol­len Sie hier vor Ve­ber er­klä­ren, daß Sie ei­ne
Per­fo­ra­ti­on des Ute­rus ge­macht und ei­ne Darm­schlin­ge, die Sie für ei­ne
Fö­tus-Mem­bra­ne hiel­ten, ver­letzt ha­ben?«
    Es dau­er­te ei­ne
Zeit­lang. »Ja«, sag­te Du­rant dann hei­ser.
    »Wol­len Sie wei­ter er­klä­ren, daß Sie Ve­ber bit­ten, mit
mir als zu­fäl­lig an­we­sen­dem As­sis­ten­ten ei­ne Hys­te­rek­to­mie, ei­ne Darm­re­sek­ti­on
und ei­ne Anas­to­mo­se zu ma­chen?«
    »Ja.«
    »Wol­len Sie die vol­le Ver­ant­wor­tung für die Ope­ra­ti­on und
ih­ren Aus­gang und die Tat­sa­che über­neh­men, daß der Pa­ti­ent nicht in­for­miert ist
und kei­ne Zu­stim­mung ge­ge­ben hat?«
    »Ja, na­tür­lich doch«, krächz­te Du­rant.
    »Gut. Ru­fen Sie die Schwes­tern. Den As­sis­ten­ten brau­chen
wir nicht. Er­klä­ren Sie ihm, daß Sie Ve­ber und mir er­laubt ha­ben, bei ei­nem
kom­pli­zier­ten Spe­zi­al­fall zu as­sis­tie­ren. Al­tes Ver­spre­chen oder so was. Die
An­äs­the­sie kön­nen Sie selbst wei­ter über­neh­men. Müs­sen die Schwes­tern sich neu
ste­ri­li­sie­ren?«
    »Nicht nö­tig, sie sind zu­ver­läs­sig. Ha­ben nichts
an­ge­rührt.«
    »Um so bes­ser.«
    Der Bauch war of­fen. Ra­vic zog die Darm­schlin­ge mit
äu­ßers­ter Vor­sicht aus dem Loch in der Ge­bär­mut­ter und wi­ckel­te sie Stück um
Stück in ste­ri­le Tü­cher, um die Sep­sis zu ver­hü­ten, bis die ver­letz­te Stel­le
her­aus war. Dann deck­te er die Ge­bär­mut­ter völ­lig mit Tü­chern ab.
»Exr­raute­ri­ne Schwan­ger­schaft«, mur­mel­te er zu Ve­ber hin­über. »Se­hen Sie hier
– halb in der Ge­bär­mut­ter, halb in der Tu­be. Man kann ihm nicht ein­mal all­zu
große Vor­wür­fe ma­chen. Ziem­lich sel­te­ner Fall. Trotz­dem ...«
    »Was?« frag­te Du­rant hin­ter dem Schirm am Kopf­en­de des
Ti­sches her. »Was sag­ten Sie?«
    »Nichts.«
    Ra­vic klemm­te den Darm ab und mach­te die Re­sek­ti­on. Dann
be­gann er rasch die of­fe­nen En­den zu schlie­ßen und mach­te ei­ne seit­li­che
Anas­to­mo­se.
    Er spür­te die In­ten­si­tät der Ope­ra­ti­on. Er ver­gaß Du­rant.
Er un­ter­band die Tu­be und die zu­füh­ren­den Blut­ge­fäße und schnitt das En­de der
Tu­be ab. Dann be­gann er, den Ute­rus her­aus­zu­schnei­den. Warum blu­tet das nicht
viel mehr? dach­te er. Warum blu­tet so et­was nicht mehr als das Herz? Wenn man
das Wun­der des Le­bens und die Fä­hig­keit, es wei­ter­zu­ge­ben, her­aus­schnei­det?
    Der schö­ne Mensch, der hier lag, war tot. Er konn­te
wei­ter­le­ben, aber er war tot. Ein to­ter Zweig am Baum der Ge­ne­ra­tio­nen.
Blü­hend, aber oh­ne das Ge­heim­nis der Frucht. Aus Koh­len­wäl­dern hat­ten rie­si­ge
Af­fen­menschen sich her­auf­ge­kämpft durch Tau­sen­de von Ge­ne­ra­tio­nen, Ägyp­ter
hat­ten Tem­pel ge­baut, Hel­las hat­te ge­blüht, mys­tisch war das Blut
wei­ter­ge­lau­fen, hin­auf, hin­auf, um end­lich die­sen Men­schen zu schaf­fen, der

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