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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Krei­sen.« Er hob sein Glas, ex­ami­nier­te es, fand es leer und
stell­te es wie­der zu­rück. »Sie rüs­ten hier nicht ein­mal. Glau­ben, daß wir
nichts von ih­nen ver­lan­gen wer­den, wenn sie nicht ge­rüs­tet sind. Wenn Sie die
Zif­fern ih­rer Flug­zeu­ge und Tanks wüß­ten … Sie wür­den sich tot­la­chen über die­se
Selbst­mord­kan­di­da­ten.«
    Ra­vic hör­te ihm zu. Er
war äu­ßerst kon­zen­triert, und trotz­dem schwamm al­les um ihn her­um, wie ein
Traum ge­ra­de vor dem Er­wa­chen. Die Ti­sche, die Kell­ner, der sü­ße, abend­li­che
Auf­ruhr des Le­bens, die glei­ten­den Au­to­rei­hen, der Mond über den Häu­sern, die
bun­ten Licht­re­kla­men an den Häu­ser­fron­ten – und der red­se­li­ge, viel­fa­che Mör­der
ihm ge­gen­über, der sein Le­ben zer­stört hat­te.
    Zwei Frau­en in knap­pen Tai­lor­ma­de-Ko­stü­men ka­men vor­über.
Sie lä­chel­ten Ra­vic zu. Es wa­ren Yvet­te und Mar­the aus der Osi­ris. Sie hat­ten
ih­ren frei­en Tag.
    »Schick, Don­ner­wet­ter«, sag­te Haa­ke.
    Ei­ne Sei­ten­stra­ße, dach­te Ra­vic. Ei­ne schma­le, lee­re
Sei­ten­stra­ße – wenn ich ihn da­hin be­kom­men könn­te. Oder ins Bois. »Das sind
zwei Da­men, die von der Lie­be le­ben«, sag­te er.
    Haa­ke sah ih­nen nach. »Se­hen gut aus. Sie wis­sen si­cher
ziem­lich gut dar­über Be­scheid hier, wie?« Er be­stell­te einen zwei­ten Fi­ne.
    »Darf ich Sie zu ei­nem ein­la­den?«
    »Dan­ke, ich will lie­ber bei die­sem blei­ben.«
    »Es soll hier ja fa­bel­haf­te Bu­den ge­ben. Tol­le Plät­ze mit
Vor­füh­run­gen und so was.« Haa­kes Au­gen glit­zer­ten. Sie glit­zer­ten wie da­mals,
vor Jah­ren, im kah­len Licht des Ge­sta­po­kel­lers.
    Ich darf nicht dar­an den­ken, dach­te Ra­vic. Nicht jetzt. »Wa­ren
Sie nie in ei­ner?« frag­te er.
    »Ich war in ei­ni­gen. Stu­dien­hal­ber, na­tür­lich. Mal se­hen,
wie weit ein Volk sin­ken kann. Aber si­cher nicht in den rich­ti­gen. Ich muß
na­tür­lich vor­sich­tig sein. Könn­te falsch aus­ge­legt wer­den.«
    Ra­vic nick­te. »Da­vor brau­chen Sie kei­ne Sor­ge zu ha­ben.
Es gibt Plät­ze, wo­hin nie ein Tou­rist kommt.«
    »Ken­nen Sie sich da aus?«
    »Na­tür­lich. Gut so­gar.«
    Haa­ke trank sei­nen zwei­ten Fi­ne. Er wur­de ver­trau­li­cher.
Die Hem­mun­gen, die er in Deutsch­land ge­habt hät­te, fie­len fort. Ra­vic spür­te,
daß er voll­kom­men ah­nungs­los war. »Ich hat­te ge­ra­de vor, heu­te ein biß­chen
her­um­zu­ge­hen«, sag­te er zu Haa­ke.
    »Wirk­lich?«
    »Ja. Ich ma­che das ab und zu. Man soll al­les ken­nen, was
man ken­nen­ler­nen kann.«
    »Rich­tig! Durch­aus rich­tig!«
    Haa­ke sah ihn einen Au­gen­blick starr an. Be­trun­ken
ma­chen, dach­te Ra­vic. Wenn es nicht an­ders geht, be­trun­ken ma­chen und
ir­gend­wo­hin schlep­pen.
    Haa­kes Aus­druck hat­te sich ge­än­dert. Er war nicht
an­ge­trun­ken; er hat­te nur nach­ge­dacht. »Scha­de«, sag­te er schließ­lich. »Ich
hät­te gern mit­ge­macht.«
    Ra­vic er­wi­der­te nichts. Er woll­te al­les ver­mei­den, was
Haa­ke miß­trau­isch ma­chen konn­te.
    »Ich muß heu­te nacht zu­rück nach Ber­lin.« Haa­ke sah auf
die Uhr. »In an­dert­halb Stun­den.«
    Ra­vic saß völ­lig ru­hig. Ich muß mit­ge­hen, dach­te er.
Si­cher wohnt er in ei­nem Ho­tel. Nicht pri­vat. Ich muß mit­ge­hen in sein Zim­mer
und ihn da er­wi­schen.
    »Ich war­te hier auf zwei Be­kann­te«, sag­te Haa­ke. »Müs­sen
gleich kom­men. Sie fah­ren mit mir. Mei­ne Sa­chen sind schon am Bahn­hof. Wir
ge­hen gleich von hier aus zum Zug.«
    Aus, dach­te Ra­vic. Warum hab’ ich kei­nen Re­vol­ver bei
mir? Warum ha­be ich Idi­ot in den letz­ten Mo­na­ten ge­glaubt, da­mals das hier sei
doch ei­ne Täu­schung ge­we­sen? Ich könn­te ihn auf der Stra­ße er­schie­ßen und
ver­su­chen, durch den Un­ter­gr­und­ein­gang zu ent­kom­men.
    »Scha­de«, sag­te Haa­ke. »Aber viel­leicht kön­nen wir es das
nächs­te­mal ma­chen. Ich bin in zwei Wo­chen wie­der hier.«
    Ra­vic at­me­te wie­der.
    »Gut«, sag­te er.
    »Wo woh­nen Sie? Ich könn­te Sie dann ja mal an­ru­fen.«
    »Im ›Prin­ce de Gal­les‹. Gleich drü­ben an der Stra­ße.«
    Haa­ke zog sein

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