E.M. Remarque
hätte sie ihn gesehen; aber ihr Blick
glitt gleich darauf gleichgültig über ihn hinweg, und sie verließ den Raum.
»Kennen Sie die Frau?« fragte Kate Hegström, die ihn
beobachtet hatte.
»Nein.«
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Sie das, Veber?« fragte Ravic. »Hier – und hier – und hier ...«
Veber beugte sich über die aufgeklammerte Wunde. »Ja ...«
»Die kleinen Höcker hier – und da, das ist keine
Geschwulst und keine Verwachsung ...«
»Nein ...«
Ravic richtete sich auf. »Krebs«, sagte er. »Klarer,
einwandfreier Krebs! Das ist die verfluchteste Operation, die ich seit langem
gemacht habe: Das Speculum zeigt nichts, die Pelvisuntersuchung nur eine
leichte Weichheit an einer Seite, ein bißchen Schwellung, Möglichkeit einer
Zyste oder eines Myoms, nichts Wichtiges, aber wir können nicht von unten
arbeiten, müssen schneiden, und plötzlich finden wir Krebs.«
Veber sah ihn an. »Was wollen Sie machen?«
»Wir können einen Gefrierschnitt machen. Mikroskopischen
Befund feststellen. Ist Boisson noch im Laboratorium?«
»Bestimmt.« Veber gab der Infirmiere den Auftrag, das
Laboratorium anzurufen. Sie verschwand eilig, auf geräuschlosen Gummisohlen.
»Wir müssen weiterschneiden. Den Hysterektomieschnitt
machen«, sagte Ravic. »Keinen Sinn, was anderes zu tun. Das verdammte ist nur,
daß sie es nicht weiß. Wie ist der Puls?« fragte er die Narkoseschwester.
»Regelmäßig. Neunzig.«
»Blutdruck?«
»Hundertzwanzig.«
»Gut.« Ravic sah auf den Körper Kate Hegströms, der, den
Kopf tief, in der Trendelenburg-Position auf dem Operationstisch lag. »Sie
müßte es vorher wissen. Sie müßte einverstanden sein. Wir können nicht so
einfach in ihr herumschneiden. – Oder können wir?«
»Nach dem Gesetz nicht. Sonst … wir haben ja schon
angefangen.«
»Das mußten wir. Die Ausschabung war nicht von unten zu
machen. Dies hier ist eine andere Operation. Eine Gebärmutter herausnehmen, ist
etwas anderes als eine Auskratzung.«
»Ich glaube, sie vertraut Ihnen, Ravic.«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht. Aber ob sie einverstanden
wäre …?« Er schob mit dem Ellbogen die Gummischürze über dem weißen Kittel
zurecht. »Immerhin … ich kann zuerst einmal versuchen, weiterzufahren. Wir
können dann immer noch entscheiden, ob wir die Hysterektomie machen müssen.
Messer, Eugenie.«
Er machte den Schnitt bis zum Nabel und klammerte die
kleineren Blutgefäße ab. Dann stoppte er die größeren mit Doppelknoten, nahm
ein anderes Messer und durchschnitt die gelbliche Fascia. Die Muskeln darunter
separierte er mit dem Messerrücken, hob dann das Peritoneum an, öffnete es und
klammerte es auf.
»Den Spreizapparat!«
Die Hilfsschwester hatte ihn schon bereit. Sie warf die
Kette mit dem Gewicht zwischen die Beine Kate Hegströms und hakte die
Blasenplatte an. »Tücher.«
»Tücher!«
Er schob die feuchten, warmen Tücher ein, legte die
Bauchhöhle frei und setzte behutsam die Greifzange an. Dann sah er auf. »Sehen
Sie hier, Veber … und hier … das breite Ligament. Die dicke, harte Masse.
Unmöglich, eine Kocherzange anzulegen. Es ist schon zu weit.«
Veber starrte auf die Stelle, die Ravic ihm wies. »Sehen
Sie das hier«, sagte Ravic. »Wir können die Arterien nicht mehr abklammern.
Brüchig. Da wuchert es auch schon. Hoffnungslos ...«
Er löste vorsichtig ein schmales Stück los. »Ist Boisson
im Laboratorium?«
»Ja«, sagte die Infirmiere. »Er wartet schon.«
»Gut. Schicken Sie es hinüber. Wir können auf den Befund
warten. Wird nicht länger als zehn Minuten dauern.«
»Sagen Sie ihm, er soll telefonieren«, sagte Veber. »Sofort.
Wir warten mit der Operation.«
Ravic richtete sich auf.
»Wie ist der
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