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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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un­wi­der­sprech­lich,
rät­sel­haf­te Er­lö­sung des Ge­fühls …
    Die Sche­herazade war vol­ler Men­schen. Jo­an saß an ei­nem
Tisch mit ei­ni­gen Leu­ten. Sie sah Ra­vic so­fort. Er blieb an der Tür ste­hen. Das
Lo­kal schwamm in Rauch und Mu­sik. Sie sag­te et­was zu den Leu­ten am Tisch und
kam rasch auf ihn zu. »Ra­vic ...«
    »Hast du hier noch zu tun?«
    »Warum?«
    »Ich will dich mit­neh­men.«
    »Aber du sag­test doch ...«
    »Das ist vor­bei. Hast du hier noch et­was zu tun?«
    »Nein. Ich muß nur de­nen drü­ben sa­gen, daß ich ge­he.«
    »Tu es schnell – ich war­te drau­ßen im Ta­xi auf dich.«
    »Ja.« Sie blieb ste­hen. »Ra­vic ...«
    Er sah sie an. »Bist du mei­net­we­gen zu­rück­ge­kom­men?«
frag­te sie.
    Er zö­ger­te ei­ne Se­kun­de. »Ja«, sag­te er dann lei­se in das
at­men­de Ge­sicht hin­ein, das sich ihm hin­hielt. »Ja. Jo­an. Dei­net­we­gen. Nur
dei­net­we­gen!«
    Sie mach­te ei­ne ra­sche Be­we­gung. »Komm«, sag­te sie dann.
»Laß uns ge­hen! Was küm­mern uns die­se Leu­te hier noch.«
    Das Ta­xi fuhr die Rue de Liè­ge ent­lang. »Was war, Ra­vic?«
    »Nichts.«
    »Ich hat­te Angst.«
    »Ver­giß es. Es war nichts.«
    Jo­an sah ihn an. »Ich dach­te, du kämest nie wie­der.«
    Er beug­te sich über sie. Er fühl­te, wie sie zit­ter­te.
»Jo­an«, sag­te er. »Denk an nichts und fra­ge nichts. Siehst du die
La­ter­nen­lich­ter und die tau­send bun­ten Schil­der da drau­ßen? Wir le­ben in ei­ner
ster­ben­den Zeit, und die­se Stadt bebt von Le­ben. Wir sind los­ge­ris­sen von al­lem
und ha­ben nur noch un­se­re Her­zen. Ich war auf ei­ner Mond­land­schaft, und ich bin
wie­der­ge­kom­men, und du bist da und bist das Le­ben. Fra­ge nichts mehr. Es gibt
mehr Ge­heim­nis­se in dei­nem Haar als in tau­send Fra­gen. Da, vor uns ist die
Nacht, ein paar Stun­den und ei­ne Ewig­keit, bis der Mor­gen an das Fens­ter
dröhnt. Daß Men­schen sich lie­ben, ist al­les; ein Wun­der und das
Selbst­ver­ständ­lichs­te, was es gibt, das ha­be ich heu­te ge­fühlt, als die Nacht
in einen Blü­ten­busch zer­schmolz und der Wind nach Erd­bee­ren roch, und oh­ne
Lie­be ist man nur ein To­ter auf Ur­laub, nichts als ein paar Da­ten und ein
zu­fäl­li­ger Na­me, und man kann eben­so­gut ster­ben ...«
    Das Licht der La­ter­ne flog durch das Fens­ter des Ta­xis
wie die krei­sen­den Schein­wer­fer ei­nes Leucht­turms durch die Dun­kel­heit ei­ner
Schiffs­ka­bi­ne. Jo­ans Au­gen wa­ren ab­wech­selnd sehr durch­sich­tig und sehr schwarz
in dem blei­chen Ge­sicht. »Wir ster­ben nicht«, flüs­ter­te sie in Ra­vics Ar­men.
    »Nein. Nicht wir. Nur die Zeit. Die ver­damm­te Zeit. Sie
stirbt im­mer. Wir le­ben. Wir le­ben im­mer. Wenn du er­wachst, ist es Früh­ling,
und wenn du ein­schläfst, ist es Herbst, und tau­send­mal da­zwi­schen ist es Win­ter
und Som­mer, und wenn wir uns ge­nug lie­ben, sind wir ewig und un­zer­stör­bar wie
der Herz­schlag und der Re­gen und der Wind, und das ist viel. Wir sie­gen in
Ta­gen, Ge­lieb­te, und wir ver­lie­ren in Jah­ren, aber wer will es wis­sen, und wen
küm­mert es? Die Stun­de ist das Le­ben. Der Au­gen­blick am nächs­ten der Ewig­keit,
dei­ne Au­gen schim­mern, der Stern­staub tropft durch die Un­end­lich­keit, Göt­ter
ver­grei­sen, aber dein Mund ist jung, das Rät­sel zit­tert zwi­schen uns, das Du
und Ich, Ruf und Ant­wort, aus den Aben­den, aus den Däm­me­run­gen, aus den
Ent­zückun­gen al­ler Lie­ben­den, ge­kel­tert aus ferns­ten Brunst­schrei­en zum
gol­de­nen Sturm, den un­end­li­chen Weg von der Amö­be zu Ruth und Esther und He­le­na
und As­pa­sia, zu blau­en Ma­don­nen in Ka­pel­len am We­ge, von Krie­chen und Tier zu
dir und mir ...«
    Sie lag in sei­nem Arm, re­gungs­los, mit blas­sem Ge­sicht
und so hin­ge­ge­ben, daß sie fast ab­wei­send er­schi­en – und er beug­te sich über
sie und sprach und sprach –, und es war ihm im An­fang, als sä­he ihm je­mand über
die Schul­tern, ein Schat­ten, und sprä­che laut­los, mit ei­nem un­deut­li­chen
Lä­cheln, mit, und er beug­te sich tiefer und fühl­te, wie sie ihm ent­ge­gen­kam,
und noch war es da, und dann nicht mehr.

13
    13    »Ein
Skan­dal«, sag­te die Frau mit

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