Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
Vom Netzwerk:
jetzt Eduard. Wir
aber wer­den um das Gu­lasch kämp­fen, auch wenn wir ei­ne Stun­de war­ten müs­sen –
es ist ein Glanz­punkt auf der Spei­se­kar­te des «Wal­hal­la».
    Doch
Eduard ist nicht nur Poet, son­dern scheint auch Ge­dan­ken­le­ser zu sein. «Kei­nen
Zweck zu war­ten», sagt er. «Wir ha­ben nie ge­nug Gu­lasch und sind im­mer
vor­zei­tig aus­ver­kauft. Oder möch­ten Sie ein deut­sches Beefs­teak? Das kön­nen Sie
hier an der The­ke es­sen.»
    «Lie­ber
tot», sa­ge ich. «Wir wer­den Gu­lasch krie­gen, und wenn wir dich selbst zer­ha­cken
müs­sen.»
    «Wirk­lich?»
Eduard ist nichts als ein fet­ter, zwei­feln­der Tri­umph.
    «Ja»,
er­wi­de­re ich und ge­be ihm einen zwei­ten Klaps auf den Bauch. «Komm, Ge­org, wir
ha­ben einen Tisch.»
    «Wo?»
fragt Eduard rasch.
    «Dort,
wo der Herr sitzt, der aus­sieht wie ein Klei­der­schrank. Ja, der mit dem ro­ten
Haar und der ele­gan­ten Da­me. Der, der auf­ge­stan­den ist und uns zu­winkt. Mein
Freund Wil­ly, Eduard. Schick den Kell­ner, wir wol­len be­stel­len!»
    Eduard
läßt ein zi­schen­des Ge­räusch hin­ter uns hö­ren, als wä­re er ein ge­platz­ter
Au­to­schlauch. Wir ge­hen zu Wil­ly hin­über.
    Der Grund da­für, daß
Eduard das gan­ze Thea­ter auf­führt, ist ein­fach. Frü­her konn­te man bei ihm auf
Abon­ne­ment es­sen. Man kauf­te ein Heft mit zehn Eß­mar­ken und be­kam die ein­zel­nen
Mahl­zei­ten da­durch et­was bil­li­ger. Eduard tat das da­mals, um das Ge­schäft zu
he­ben. In den letz­ten Wo­chen aber hat ihm die In­fla­ti­ons­la­wi­ne einen Strich
durch die Rech­nung ge­macht; wenn die ers­te Mahl­zeit ei­nes Heft­chens dem Prei­se
noch ent­sprach, den man ge­zahlt hat­te, so war er bei der zehn­ten schon
er­heb­lich ge­sun­ken. Eduard gab des­halb die Abon­ne­ments­hef­te auf; er ver­lor
zu­viel da­bei. Hier aber wa­ren wir ge­scheit ge­we­sen. Wir hat­ten zei­tig von
sei­nem Plan ge­hört und des­halb vor sechs Wo­chen den ge­sam­ten Er­lös aus ei­nem
Krie­ger­denk­mal da­zu ver­wen­det, im «Wal­hal­la» Eß­kar­ten en gros zu kau­fen. Da­mit
es Eduard nicht all­zu­sehr auf­fiel, hat­ten wir ver­schie­de­ne Leu­te da­zu be­nützt –
den Sarg­tisch­ler Wil­ke, den Fried­hof­wär­ter Lie­ber­mann, un­se­ren Bild­hau­er Kurt
Bach, Wil­ly, ein paar an­de­re Kriegs­ka­me­ra­den und Ge­schäfts­freun­de, und so­gar
Li­sa. Al­le hat­ten an der Kas­se Hef­te mit Eß­mar­ken für uns er­stan­den. Als Eduard
dann die Abon­ne­ments auf­hob, hat­te er er­war­tet, daß bin­nen zehn Ta­gen al­les
er­le­digt sein wür­de, weil je­des Heft ja nur zehn Kar­ten ent­hielt und er an­nahm,
daß ein ver­nünf­ti­ger Mensch nur ein ein­zi­ges Abon­ne­ment ha­be. Wir aber hat­ten
je­der über drei­ßig Hef­te in un­se­rem Be­sitz. Vier­zehn Ta­ge nach der Auf­he­bung
der Abon­ne­ments wur­de Eduard un­ru­hig, als wir im­mer noch mit Mar­ken zahl­ten;
nach vier Wo­chen hat­te er einen leich­ten An­fall von Pa­nik. Wir aßen um die­se
Zeit be­reits für den hal­b­en Preis; nach sechs Wo­chen für den Preis von zehn
Zi­ga­ret­ten. Tag für Tag er­schie­nen wir und ga­ben un­se­re Mar­ken ab. Eduard
frag­te, wie­viel wir noch hät­ten; wir ant­wor­te­ten aus­wei­chend. Er ver­such­te, die
Schei­ne zu sper­ren; wir brach­ten das nächs­te­mal einen Rechts­an­walt mit, den wir
zum Wie­ner Schnit­zel ein­ge­la­den hat­ten. Der An­walt gab Eduard beim Nach­tisch
ei­ne Rechts­be­leh­rung über Kon­trak­te und Ver­pflich­tun­gen und be­zahl­te sein Es­sen
mit ei­nem un­se­rer Schei­ne. Eduards Ly­rik nahm dunkle Zü­ge an. Er ver­such­te, mit
uns einen Ver­gleich zu schlie­ßen; wir lehn­ten ab. Er schrieb ein Lehr­ge­dicht:
«Un­recht Gut ge­deiht nicht», und schick­te es an das Ta­ge­blatt. Der Re­dak­teur
zeig­te es uns; es war mit schar­fen An­spie­lun­gen auf die To­ten­grä­ber des Vol­kes
ge­spickt; auch Grab­stei­ne ka­men dar­in vor und das Wort Wu­cher-Kroll. Wir lu­den
un­sern An­walt zu ei­nem Schweins­ko­te­lett im «Wal­hal­la» ein. Er mach­te Eduard den
Be­griff öf­fent­li­cher Be­lei­di­gung und sei­ne Fol­gen klar und zahl­te wie­der mit
ei­nem un­se­rer Schei­ne. Eduard, der frü­her

Weitere Kostenlose Bücher