E.M. Remarque
Grabsteine anpißt, du Sau?»
Knopf
fährt wieder herum. «Was?» lallt er. «Wer ist da?»
«Dreckfink!»
sage ich, und es klingt geisterhaft und unheimlich. «Fragen stellst du auch
noch? Hast du einen Vorgesetzten zu fragen? Steh stramm, wenn ich mit dir
rede!»
Knopf
starrt sein Haus an, von dem die Stimme kommt. Alle Fenster darin sind dunkel
und geschlossen. Auch die Tür ist zu. Das Rohr auf der Mauer sieht er nicht.
«Steh stramm, du pflichtvergessener Lump von einem Feldwebel!» sage ich. «Habe
ich dir dafür Litzen am Kragen und einen langen Säbel verliehen, damit du
Steine beschmutzest, die für den Gottesacker bestimmt sind?» Und schärfer,
zischend, im Kommandoton: «Knochen zusammen, würdeloser Grabstein-Nässer!»
Das
Kommando wirkt. Knopf steht stramm, die Hände an der Hosennaht. Der Mond
spiegelt sich in seinen weit aufgerissenen Augen. «Knopf», sage ich mit
Gespensterstimme. «Du wirst zum Soldaten zweiter Klasse degradiert, wenn ich
dich noch einmal erwische! Du Schandfleck auf der Ehre des deutschen Soldaten
und des Vereins aktiver Feldwebel a. D.»
Knopf
horcht, den Kopf etwas seitlich hochgereckt, wie ein mondsüchtiger Hund. «Der
Kaiser?» flüstert er.
«Knöpfe
deine Hose zu und verschwinde!» flüstere ich hohl zurück. «Und merke dir:
Riskiere deine Sauerei noch einmal, und du wirst degradiert und kastriert!
Kastriert auch! Und nun fort, du liederlicher Zivilist, marsch-marsch!»
Knopf
stolpert benommen auf seine Haustür los. Gleich darauf bricht das Liebespaar
wie zwei aufgescheuchte Rehe aus dem Garten und saust auf die Straße hinaus.
Das hatte ich natürlich nicht gewollt.
XIV
Der Dichterklub ist
bei Eduard versammelt. Der Ausflug zum Bordell ist beschlossen. Otto Bambuss
erhofft davon eine Durchblutung seiner Lyrik; Hans Hungermann will sich
Anregungen holen für seinen «Casanova» und einen Zyklus in freien Rhythmen:
«Dämon Weib», und selbst Matthias Grund, der Dichter des Buches vom Tode,
glaubt für das letzte Delirium eines Paranoikers ein paar flotte Details
erhaschen zu können. «Warum kommst du nicht mit, Eduard?» frage ich.
«Kein
Bedürfnis», erklärt er überlegen. «Habe alles, was ich brauche.»
«So?
Hast du?» Ich weiß, was er vorspiegeln will, und ich weiß auch, daß er lügt.
«Er
schläft mit allen Zimmermädchen seines Hotels», erklärt Hans Hungermann. «Wenn
sie sich weigern, entläßt er sie. Er ist ein wahrhafter Volksfreund.»
«Zimmermädchen!
Das würdest du tun! Freie Rhythmen, freie Liebe! Ich nicht! Nie etwas im
eigenen Hause! Alter Wahlspruch.»
«Mit
Gästen auch nicht?»
«Gäste.»
Eduard richtet die Augen zum Himmel. «Da kann man sich natürlich oft nicht
helfen. Die Herzogin von Bell-Armin zum Beispiel ...»
«Was
zum Beispiel?» frage ich, als er schweigt.
Eduard
ziert sich. «Ein Kavalier ist diskret.»
Hungermann
bekommt einen Hustenanfall. «Schöne Diskretion! Wie alt war sie? Achtzig?»
Eduard
lächelt verächtlich – aber im nächsten Moment fällt das Lächeln von ihm ab wie
eine Maske, deren Knoten gerissen ist; Valentin Busch ist eingetreten. Er ist
zwar kein literarischer Mann, aber er hat trotzdem beschlossen, mitzumachen. Er
will dabeisein, wenn Otto Bambuss seine Jungfernschaft verliert. «Wie geht es,
Eduard?» fragt er. «Schön, daß du noch am Leben bist, was? Das mit der Herzogin
hättest du sonst nicht genießen können.»
«Woher
weißt du, daß es wahr ist?» frage ich völlig überrascht.
«Habe
es nur draußen im Gang gehört. Ihr redet ziemlich laut. Habt wohl schon
allerlei getrunken. Immerhin, ich gönne Eduard die Herzogin von Herzen. Freue
mich, daß ich es war, der ihn dafür retten konnte.»
«Es
war lange vor dem Kriege», erklärt Eduard eilig. Er wittert einen neuen
Anschlag auf seinen Weinkeller.
«Gut,
gut»,
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