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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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deut­scher Tun­ke. Und ich ha­be kei­ne Sor­ge, daß
Ger­da das nicht auch weiß.
    Trotz­dem
be­schlie­ße ich, mit ihr nach dem Es­sen zu­sam­men weg­zu­ge­hen. Ver­trau­en ist zwar
Ver­trau­en, aber Eduard hat zu­viel ver­schie­de­ne Li­kö­re in der Bar.
    Still und mit al­len
Ster­nen hängt die Nacht über der Stadt. Ich hocke am Fens­ter mei­nes Zim­mers und
war­te auf Knopf, für den ich die Re­gen­röh­re vor­be­rei­tet ha­be. Sie reicht ge­ra­de
ins Fens­ter hin­ein und läuft von da über den Tor­ein­gang bis an das Knopf­sche
Haus. Dort macht das kur­ze Stück ei­ne recht­wink­li­ge Bie­gung zum Hof hin. Man
kann aber die Röh­re vom Hof aus nicht se­hen.
    Ich
war­te und le­se die Zei­tung. Der Dol­lar ist um wei­te­re zehn­tau­send Mark
hin­auf­ge­klet­tert. Ges­tern gab es nur einen Selbst­mord, da­für aber zwei Streiks.
Die Be­am­ten ha­ben nach lan­gem Ver­han­deln end­lich ei­ne Lohn­er­hö­hung er­hal­ten,
die in­zwi­schen be­reits so ent­wer­tet ist, daß sie jetzt kaum noch einen Li­ter
Milch in der Wo­che da­für kau­fen kön­nen. Nächs­te Wo­che wahr­schein­lich nur noch
ei­ne Schach­tel Streich­höl­zer. Die Ar­beits­lo­sen­zif­fer ist um wei­te­re
hun­dert­fünf­zig­tau­send ge­stie­gen. Un­ru­hen meh­ren sich im gan­zen Reich. Neue
Re­zep­te für die Ver­wer­tung von Ab­fäl­len in der Kü­che wer­den an­ge­prie­sen. Die
Grip­pe­wel­le steigt wei­ter. Die Er­hö­hung der Ren­ten für die Al­ters- und
In­va­li­den­ver­si­che­rung ist ei­nem Ko­mi­tee zum Stu­di­um über­wie­sen wor­den. Man
er­war­tet in ei­ni­gen Mo­na­ten einen Be­richt dar­über. Die Rent­ner und In­va­li­den
ver­su­chen sich in der Zwi­schen­zeit durch Bet­teln oder durch Un­ter­stüt­zun­gen von
Be­kann­ten und Ver­wand­ten vor dem Ver­hun­gern zu schüt­zen.
    Drau­ßen
kom­men lei­se Schrit­te her­an. Ich lu­ge vor­sich­tig aus dem Fens­ter. Es ist nicht
Knopf; es ist ein Lie­bes­paar, das auf Ze­hen­spit­zen durch den Hof in den Gar­ten
schleicht. Die Sai­son ist jetzt in vol­lem Gan­ge, und die Not der Lie­ben­den ist
grö­ßer als je. Wil­ke hat recht: wo­hin sol­len sie ge­hen, um un­ge­stört zu sein?
Wenn sie ver­su­chen, in ih­re mö­blier­ten Zim­mer zu schlei­chen, liegt die Wir­tin
auf der Lau­er, um sie im Na­men der Mo­ral und des Nei­des wie ein En­gel mit dem
Schwert aus­zu­trei­ben – in öf­fent­li­chen An­la­gen und Gär­ten wer­den sie von
Po­li­zis­ten an­ge­brüllt und fest­ge­nom­men – für Ho­tel­zim­mer ha­ben sie kein Geld –
wo­hin sol­len sie al­so ge­hen? In un­se­rem Hof sind sie un­ge­stört. Die grö­ße­ren
Denk­mä­ler bie­ten Schutz vor an­de­ren Paa­ren; man wird nicht ge­se­hen, und man
kann sich an sie an­leh­nen und in ih­rem Schat­ten flüs­tern und sich um­ar­men, und
die großen Kreuz­denk­mä­ler sind nach wie vor für die stür­misch Lie­ben­den an
feuch­ten Ta­gen da, wenn sie sich nicht am Bo­den la­gern kön­nen; dann hal­ten die
Mäd­chen sich an ih­nen fest und wer­den von ih­ren Be­wer­bern be­drängt, der Re­gen
schlägt in ih­re hei­ßen Ge­sich­ter, der Ne­bel weht, ihr Atem fliegt stoß­wei­se,
und die Köp­fe, de­ren Haar ihr Ge­lieb­ter mit sei­nen Fäus­ten ge­packt hat, sind
hoch­ge­ris­sen wie die wie­hern­der Pfer­de. Die Schil­der, die ich neu­lich
an­ge­bracht ha­be, ha­ben nichts genützt. Wer denkt schon an sei­ne Ze­hen, wenn
sein gan­zes Da­sein in Flam­men steht?
    Plötz­lich
hö­re ich Knopfs Schrit­te in der Gas­se. Ich se­he auf die Uhr. Es ist halb drei;
der Schlei­fer vie­ler Ge­ne­ra­tio­nen un­glück­li­cher Re­kru­ten muß al­so schwer
ge­la­den ha­ben. Ich dre­he das Licht ab. Ziel­be­wußt steu­ert Knopf so­fort auf den
schwar­zen Obe­lis­ken zu. Ich neh­me das En­de der Re­gen­röhie, das in mein Fens­ter
ragt, pres­se mei­nen Mund dicht an die Oeff­nung und sa­ge: «Knopf!»
    Es
klingt hohl am an­de­ren En­de, im Rücken des Feld­we­bels, aus der Röh­re, als käme
es aus ei­nem Gra­be. Knopf blickt um sich; er weiß nicht, wo­her die Stim­me
kommt. «Knopf!» wie­der­ho­le ich. «Schwein! Schämst du dich nicht? Ha­be ich dich
des­halb er­schaf­fen, da­mit du säufst und

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