E.M. Remarque
natürliches Opfer der
Inflation. Schon wieder. Erst Erna, jetzt Gerda. Bin ich ein geborener Hahnrei?
Dir passiert so was nicht.»
«Kämpfe!»
erwidert Georg. «Noch ist nichts verloren. Geh zu Gerda hinüber!»
«Womit
soll ich kämpfen? Mit Grabsteinen? Eduard gibt ihr Rehrücken und widmet ihr
Gedichte. Bei den Gedichten kennt sie den Unterschied in der Qualität nicht –
beim Essen leider. Und ich Esel habe mir das selbst zuzuschreiben! Ich habe sie
hierhergebracht und ihren Appetit geweckt. Buchstäblich!»
«Dann
verzichte», sagt Georg. «Wozu kämpfen? Um Gefühle kann man sowieso nicht
kämpfen.»
«Nein?
Weshalb rätst du mir dann vor einer Minute, ich solle es tun?»
«Weil
heute Dienstag ist. Da kommt Eduard – in seinem Sonntagsgehrock und mit einer
Rosenknospe im Knopfloch. Du bist erledigt.»
Eduard
stutzt, als er uns sieht. Er schielt zu Gerda hinüber und begrüßt uns dann mit
der Herablassung des Siegers.
«Herr
Knobloch», sagt Georg. «Ist Treue das Mark der Ehre, wie unser geliebter Feldmarschall
es verkündet hat, oder nicht?»
«Es
kommt darauf an», erwidert Eduard vorsichtig. «Heute gibt es Königsberger Klops
mit Tunke und Kartoffeln. Ein gutes Essen.»
«Darf
der Soldat dem Kameraden in den Rücken fallen?» fragt Georg weiter. «Der Bruder
dem Bruder? Der Poet dem Poeten?»
«Poeten
greifen sich dauernd an. Sie leben davon.»
«Sie
leben vom offenen Kampf; nicht vom Dolchstoß in den Magen», erkläre ich.
Eduard
schmunzelt breit. «Der Sieg dem Sieger, mein lieber Ludwig, catch as catch can.
Jammere ich, wenn ihr mit Eßmarken kommt, die keine Nuß mehr wert sind?»
«Ja»,
sage ich, «und wie!»
Eduard
wird in diesem Augenblick beiseite geschoben. «Kinder, da seid ihr ja», sagt
Gerda herzlich. «Laßt uns zusammen essen! Ich habe gehofft, ihr würdet kommen!»
«Du
sitzest in der Weinabteilung», erwidere ich giftig. «Wir trinken Bier.»
«Ich
trinke auch lieber Bier. Ich setze mich zu euch.»
«Erlaubst
du, Eduard?» frage ich. «Catch as catch can?»
«Was
hat Eduard da zu erlauben?» fragt Gerda. «Er freut sich doch, wenn ich mit
seinen Freunden esse. Nicht wahr, Eduard?»
Die
Schlange nennt ihn bereits beim Vornamen. Eduard stottert. «Natürlich, nichts
dagegen, selbstverständlich, eine Freude ...»
Er
bietet ein schönes Bild, rot, wütend und verbissen lächelnd. «Eine hübsche
Rosenknospe trägst du da», sage ich. «Bist du auf Freiersfüßen? Oder ist das
einfache Freude an der Natur?»
«Eduard
hat ein sehr feines Gefühl für Schönheit», erwidert Gerda.
«Das
hat er», bestätige ich. «Hattest du das gewöhnliche Mittagessen? Lieblose Königsberger
Klopse in irgendeiner geschmacklosen deutschen Tunke?»
Gerda
lacht. «Eduard, zeig, daß du ein Kavalier bist! Laß mich deine beiden Freunde
zum Essen einladen! Sie behaupten dauernd, du wärest entsetzlich geizig. Laß
uns ihnen das Gegenteil beweisen. Wir haben ...»
«Königsberger
Klops», unterbricht Eduard sie. «Gut, laden wir sie zum Klops ein. Ich werde
für einen extra guten sorgen.»
«Rehrücken»,
sagt Gerda.
Eduard
ähnelt einer defekten Dampfmaschine. «Das da sind keine Freunde», erklärt er.
«Was?»
«Wir
sind Blutsfreunde, wie Valentin», sage ich. «Erinnerst du dich noch an unser
letztes Gespräch im Dichterklub? Soll ich es laut wiederholen? In welcher
Versform dichtest du jetzt?»
«Über
was habt ihr gesprochen?» fragt Gerda.
«Über
nichts», erwidert Eduard rasch. «Die beiden hier sagen nie ein wahres Wort!
Witzbolde, trostlose Witzbolde sind sie! Wissen nichts vom Ernst des Lebens.»
«Ich
möchte wissen, wer außer Totengräbern und Sargtischlern mehr vom Ernst des
Lebens weiß als wir», sage ich.
«Ach
ihr! Ihr wißt nur was von der Lächerlichkeit des Todes», erklärt Gerda
plötzlich aus
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