E.M. Remarque
hat
erlaubt, daß der Seehund dem Nagel noch einen kleinen letzten Hammerschlag
geben darf; dafür ist der Einsatz von fünfzig-fünfzig für ihn auf
vierzig-sechzig festgesetzt worden. «Würden Sie ,Der Vöglein Abendlied‘
spielen?» fragt Karl mich.
Ich
setze mich ans Klavier. Bald darauf erscheint Frau Beckmann im lachsroten
Kimono. Sie ist nicht so statuenhaft wie sonst; das Gebirge ihrer Brüste bewegt
sich, als tobe darunter ein Erdbeben, und auch die Augen sind anders als sonst.
Sie sieht Karl Brill nicht an.
«Klara»,
sagt Karl. «Du kennst die Herren bis auf Herrn Schweizer.» Er macht eine
elegante Geste. «Herr Schweizer ...»
Der
Seehund verneigt sich mit erstauntem und etwas besorgtem Ausdruck. Er schielt
auf das Geld und dann auf die Kubikbrünhilde. Der Nagel wird wattiert, und
Klara stellt sich in Positur. Ich spiele die Doppeltriller und breche ab. Alles
schweigt.
Frau
Beckmann steht ruhig und konzentriert da. Dann geht zweimal ein Zucken durch
ihren Körper. Sie schießt plötzlich einen wilden Blick auf Karl Brill.
«Bedaure!» knirscht sie durch die Zähne. «Es geht nicht.»
Sie
tritt von der Wand hinweg und verläßt die Werkstatt.
«Klara!»
schreit Karl.
Sie
antwortet nicht. Der Seehund stößt ein fettes Gelächter aus und beginnt zu
kassieren. Die Saufbrüder sind wie vom Blitz getroffen. Karl Brill stöhnt,
stürzt zu dem Nagel und kommt zurück. «Einen Augenblick!» sagt er zu dem
Seehund. «Einen Augenblick, wir sind noch nicht fertig! Wir haben auf drei
Versuche gewettet. Es waren aber erst zwei!»
«Es
waren drei.»
«Das
können Sie nicht so beurteilen! Sie sind neu auf diesem Gebiet. Es waren zwei!»
Karl
rinnt jetzt das Wasser vom Schädel. Die Saufbrüder haben die Sprache
wiedergefunden. «Es waren zwei», bestätigen sie.
Es
entsteht ein Streit. Ich höre nicht zu. Ich fühle mich, als säße ich auf einem
fremden Planeten. Es ist ein kurzes, intensives und entsetzliches Gefühl, und
ich bin froh, als ich wieder den Stimmen folgen kann. Der Seehund hat die
Situation ausgenutzt; er will den dritten Versuch anerkennen, wenn ein weiterer
Betrag gesetzt wird, dreißig zu siebzig für den Seehund. Karl geht schwitzend
auf alles ein. Soviel ich sehe, hat er die halbe Werkstatt gesetzt,
einschließlich der Schnellbesohlmaschine. «Kommen Sie!» flüstert er mir zu.
«Gehen Sie mit mir rauf! Wir müssen sie umstimmen! Sie hat es absichtlich
getan.»
Wir
klettern die Treppe hinauf, Frau Beckmann hat Karl erwartet. Sie liegt im
Kimono mit dem Phönix auf dem Bett, erregt, wunderbar schön für jemand, der
dicke Frauen liebt, und kampfbereit. «Klara!» flüstert Karl. «Wozu das? Du hast
es mit Absicht getan!»
«So?»
sagt Frau Beckmann.
«Bestimmt!
Ich weiß es! Ich schwöre dir ...»
«Schwöre
keinen Meineid! Du Lump hast mit der Kassiererin vom Hotel Hohenzollern
geschlafen! Du ekelerregendes Schwein!»
«Ich?
So eine Lüge! Woher weißt du das?»
«Siehst
du, du gibst es zu?»
«Ich
gebe es zu?»
«Du
hast es gerade zugegeben! Du hast gefragt, woher ich es weiß. Wie kann ich es
wissen, wenn es nicht wahr ist?»
Ich
sehe den Brustschwimmer Karl Brill mitleidig an. Er fürchtet kein noch so
eisiges Wasser, aber hier ist er ohne Zweifel verloren. Auf der Treppe habe ich
ihm geraten, sich nicht auf einen Wortwechsel einzulassen, sondern Frau
Beckmann einfach auf den Knien anzubeten und sie um Verzeihung zu bitten, ohne
natürlich das Geringste zuzugeben. Statt dessen wirft er ihr jetzt einen
gewissen Herrn Kletzel vor. Die Antwort ist ein furchtbarer Schlag auf die
Nase. Karl prallt zurück, faßt an seinen Zinken, um zu prüfen, ob Blut kommt,
und duckt sich mit einem Wutschrei, um als alter Kämpfer Frau Beckmann an den
Haaren aus dem Bett zu reißen, ihr einen Fuß auf den Nacken zu stellen und ihre
gewaltigen Schinken mit
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