Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
Vom Netzwerk:
sei­nem schwe­ren Ho­sen­gür­tel zu be­ar­bei­ten. Ich ge­be ihm
einen mit­tel­star­ken Tritt in den Hin­tern. Er dreht sich um, be­reit, auch mich
an­zu­fal­len, sieht mei­ne be­schwö­ren­den Au­gen, mei­ne auf­ge­ho­be­nen Hän­de und
mei­nen laut­los flüs­tern­den Mund und er­wacht aus sei­nem Blut­rausch. Mensch­li­ches
Ver­ste­hen glänzt wie­der in sei­nen brau­nen Au­gen auf. Er nickt kurz, wäh­rend ihm
nun­mehr das Blut aus der Na­se spru­delt, dreht sich wie­der um und sinkt mit dem
Ruf:
    «Kla­ra!
Ich ha­be nichts ge­tan, aber ver­zeih mir!» an Frau Beck­manns Bett nie­der.
    «Du
Fer­kel!» schreit sie. «Du Dop­pel­fer­kel! Mein Ki­mo­no!»
    Sie
zerrt das kost­ba­re Stück bei­sei­te. Karl blu­tet ins Bett­la­ken. «Ver­fluch­ter
Lüg­ner!» er­klärt sie. «Auch noch das!»
    Ich
mer­ke, daß Karl, ein ehr­li­cher, ein­fa­cher Mann, der ei­ne so­for­ti­ge Be­loh­nung
für sei­nen Knie­fall er­war­tet hat, wie­der wü­tend hoch will. Wenn er mit der
blu­ten­den Na­se einen Ring­kampf be­ginnt, ist al­les ver­lo­ren. Frau Beck­mann wird
ihm viel­leicht die Kas­sie­re­rin aus dem «Ho­hen­zol­lern», aber nie den ver­dor­be­nen
Ki­mo­no ver­zei­hen. Ich tre­te ihm von hin­ten auf den Fuß, hal­te mit ei­ner Hand
sei­ne Schul­ter her­un­ter und sa­ge: «Frau Beck­mann, er ist un­schul­dig! Er hat
sich für mich ge­op­fert.»
    «Was?»
    «Für
mich», wie­der­ho­le ich. «Un­ter Ka­me­ra­den aus dem Krie­ge kommt so was vor ...»
    «Was?
Ihr mit eu­rer ver­fluch­ten Kriegs­ka­me­rad­schaft, ihr Lü­gen­hälse und Gau­ner – und
so was soll ich glau­ben!»
    «Ge­op­fert!»
sa­ge ich. «Er hat mich mit der Kas­sie­re­rin be­kannt­ge­macht, das war al­les.»
    Frau
Beck­mann rich­tet sich mit flam­men­den Au­gen auf.
    «Was?
Sie wol­len mir doch nicht ein­re­den, daß ein jun­ger Mann wie Sie auf so ein
al­tes, ab­ge­ta­kel­tes Stück fliegt wie die­sen Ka­da­ver im .Ho­hen­zol­lern‘!»
    «Nicht
flie­gen, gnä­di­ge Frau», sa­ge ich. «Aber in der Not frißt der Teu­fel Flie­gen.
Wenn einen die Ein­sam­keit an der Gur­gel hat ...»
    «Ein
jun­ger Mann wie Sie kann doch an­de­re krie­gen!»
    «Jung,
aber arm», er­wi­de­re ich. «Frau­en wol­len heut­zu­ta­ge in Bars ge­führt wer­den, und
wenn wir schon da­von re­den, dann wer­den Sie mir doch zu­ge­ben, daß, wenn Sie
schon mir, ei­nem al­lein­ste­hen­den Jung­ge­sel­len im Sturm der In­fla­ti­on, die
Kas­sie­re­rin nicht glau­ben, es doch völ­lig ab­surd wä­re, so et­was von Karl Brill
an­zu­neh­men, der sich der Gunst der schöns­ten und in­ter­essan­tes­ten Frau von ganz
Wer­den­brück er­freut, un­ver­dien­ter­ma­ßen, zu­ge­ge­ben ...»
    Das
Letz­te saß. «Er ist ein Lump!» sagt Frau Beck­mann. «Und un­ver­dient ist wahr.»
    Karl
regt sich. «Kla­ra, du bist doch mein Le­ben!» heult er dumpf aus den blu­ti­gen
Bett­la­ken.
    «Ich
bin dein Bank­kon­to, du kal­ter Stein!» Frau Beck­mann wen­det sich mir zu. «Und
wie war es mit der halb­to­ten Zie­ge vom ,Ho­hen­zol­lern‘?»
    Ich
win­ke ab. «Es ist zu nichts ge­kom­men! Ich ha­be mich ge­ekelt.»
    «Das
hät­te ich Ih­nen im vor­aus sa­gen kön­nen!» er­klär­te sie tief be­frie­digt.
    Der
Kampf ist ent­schie­den. Wir sind beim Rück­zugs­ge­plän­kel. Karl ver­spricht Kla­ra
einen see­grü­nen Ki­mo­no mit Lo­tos­blu­men und Bett­schu­he mit Schwa­nen­flaum. Dann
geht er, kal­tes Was­ser in die Na­se hoch­zu­zie­hen, und Frau Beck­mann er­hebt sich.
«Wie hoch ist die Wet­te?» fragt sie.
    «Hoch»,
er­wi­de­re ich. «Bil­lio­nen.»
    «Karl!»
ruft sie. «Be­tei­li­ge Herrn Bod­mer mit 250 Mil­li­ar­den.»
    «Selbst­ver­ständ­lich,
Kla­ra!»
    Wir
schrei­ten die Trep­pe hin­un­ter. Un­ten sitzt der See­hund, be­wacht von den
Freun­den Karls. Wir er­fah­ren, daß er ver­sucht hat zu schwin­deln, wäh­rend wir
fort wa­ren, aber Karls Sauf­brü­der ha­ben ihm den Ham­mer recht­zei­tig ent­ris­sen.
Frau Beck­mann lä­chelt ver­ächt­lich, und drei­ßig Se­kun­den spä­ter liegt der Na­gel
auf dem Fuß­bo­den. Ma­je­stä­tisch ent­wan­delt sie, von den Klän­gen des
«Al­pen­glü­hens» ge­lei­tet.
    «Ein
Ka­me­rad ist ein Ka­me­rad»,

Weitere Kostenlose Bücher