E.M. Remarque
abhielten?» frage ich. «Ob die Politur erstklassig
ist, ob er genau in Richtung und auf Vordermann steht, ob der Sockel wie ein
Bauch gut eingezogen ist, ob die Büsche rundum strammstehen, und wenn Sie
darauf bestehen, könnte Herr Heinrich Kroll jeden Morgen in Uniform Ihren
Grabstein angetreten melden. Dem würde das sicher Spaß machen.»
Knopf
schaut mich finster an. «Es würde besser in der Welt aussehen, wenn mehr
preußische Zucht herrschte», erwidert er und rülpst furchtbar. Der Geruch nach
Rothschem Korn wird durchdringend. Der Feldwebel hat wahrscheinlich tagelang
nicht gegessen. Knopf rülpst ein zweites Mal, diesmal weicher und melodischer,
starrt uns noch einmal mit den erbarmungslosen Augen eines etatsmäßigen
Feldwebels im Ruhestand an, dreht sich um, fällt beinahe, fängt sich und
wandert dann zielbewußt zum Hof hinaus nach links – in die Richtung der ersten
Kneipe, in der Tasche die restlichen Milliarden der Familie.
Gerda steht vor ihrem
Kocher und macht Kohlrouladen. Sie ist nackt, hat ein Paar grüne ausgetretene
Pantoffeln an den Füßen und ein rotkariertes Küchenhandtuch über die rechte
Schulter geworfen. Es riecht nach Kohl, Fett, Puder und Parfüm, draußen hängen
die Blätter des wilden Weins rot vor dem Fenster, und der Herbst starrt mit
blauen Augen herein.
«Schön,
daß du noch einmal gekommen bist», sagt sie. «Morgen ziehe ich hier aus.» –
«Ja?»
Sie
steht unbefangen und ihres Körpers sicher vor dem Kocher. «Ja», sagt sie.
«Interessiert dich das?»
Sie
dreht sich um und sieht mich an. «Es interessiert mich, Gerda», erwidere ich.
«Wohin gehst du?»
«Ins
Hotel ,Walhalla‘.»
«Zu
Eduard?»
«Ja,
zu Eduard.»
Sie
schüttelt die Kohlrouladen. «Hast du etwas dagegen?» fragt sie dann.
Ich
sehe sie an. Was kann ich dagegen haben? denke ich. Ich wollte, ich hätte etwas
dagegen! Einen Augenblick will ich lügen – aber ich weiß, daß sie mich
durchschaut.
«Bleibst
du auch nicht mehr in der Roten Mühle?» frage ich.
«Ich
habe längst Schluß gemacht in der Roten Mühle. Du hast dich nur nicht darum
gekümmert. Nein, ich bleibe nicht dabei. Man verhungert in unserem Beruf. Ich
bleibe in der Stadt.»
«Bei
Eduard», sage ich.
«Ja,
bei Eduard», wiederholt sie. «Er gibt mir die Bar. Ich werde Bardame.»
«Und
du wohnst dann im ,Walhalla‘?»
«Ich
wohne im ,Walhalla‘, oben unter dem Dachstuhl, und ich arbeite im ,Walhalla‘.
Ich bin nicht mehr so jung, wie du glaubst; ich muß sehen, daß ich etwas Festes
habe, bevor ich keine Engagements mehr finde. Mit dem Zirkus ist es auch
nichts. Das war nur so ein letzter Versuch.»
«Du
kannst noch viele Jahre Engagements finden, Gerda», sage ich.
«Davon
verstehst du nichts. Ich weiß, was ich tue.»
Ich
blicke auf die roten Weinreben, die vor dem Fenster pendeln. Ich habe keinen
Grund dazu, aber ich fühle mich wie ein Drückeberger. Meine Beziehung zu Gerda
ist nicht mehr gewesen als die eines Soldaten auf Urlaub; aber für einen von
zweien ist sie wohl immer etwas mehr als das.
«Ich
wollte es dir selbst sagen», sagt Gerda.
«Du
wolltest mir sagen, daß es mit uns vorbei ist?»
Sie
nickt. «Ich spiele ehrlich. Eduard hat mir als einziger etwas Festes angeboten
– eine Stellung –, und ich weiß, was das heißt. Ich will keinen Schwindel.»
«Weshalb
...» Ich breche ab.
«Weshalb
hast du dann jetzt noch mit mir geschlafen, wolltest du fragen», antwortet
Gerda. «Weißt du nicht, daß alle wandernden Artisten sentimental sind?» Sie
lacht plötzlich. «Abschied von der Jugend. Komm, die Kohlrouladen sind fertig.»
Sie
stellt die Teller auf den Tisch. Ich sehe ihr zu und bin plötzlich traurig.
«Nun, was macht deine große himmlische Liebe?» fragt sie.
«Nichts,
Gerda. Nichts.»
Sie
füllt die Teller. «Wenn du mal wieder ein kleines Verhältnis hast», sagt
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