E.M. Remarque
an der Kehle. «Ich sehe dich Aas schon! Aber
mit dir ist jetzt Schluß.»
Ich
weiß nicht, ob er besoffen ist. Ich habe auch keine Zeit mehr, darüber
nachzudenken. Watzek ist kleiner als ich, aber er hat Muskeln wie ein Bulle. Es
gelingt mir, mich nach rückwärts zu überschlagen und ihn gegen den Obelisken zu
drücken. Er läßt halb los, ich werfe mich mit ihm zur Seite und schlage seinen
Kopf dabei gegen den Sockel des Obelisken. Watzek läßt ganz los. Ich gebe ihm
zur Sicherheit noch einen Stoß mit der Schulter unter das Kinn, stehe auf, gehe
zum Tor und mache Licht. «Und was soll das alles?» sage ich.
Watzek
erhebt sich langsam. Er ist noch etwas betäubt und schüttelt den Kopf. Ich
beobachte ihn. Plötzlich rennt er wieder mit dem Kopf voran auf meinen Magen
los. Ich trete zur Seite, stelle ihm ein Bein, und er schlägt mit einem dumpfen
Aufschlag aufs neue gegen den Obelisken, diesmal gegen den polierten
Zwischensockel. Jeder andere wäre bewußtlos gewesen; Watzek taumelt kaum. Er dreht
sich um und hat ein Messer in der Hand. Es ist ein langes scharfes
Schlachtermesser, das sehe ich im elektrischen Licht. Er hat es aus dem Stiefel
gezogen und rennt auf mich los. Ich versuche keine unnötigen Heldentaten; gegen
einen Mann, der mit einem Messer umzugehen weiß wie ein Pferdeschlächter, wäre
das Selbstmord. Ich springe hinter den Obelisken; Watzek mir nach. Zum Glück
bin ich schneller und behender als er.
«Sind
Sie verrückt?» zische ich. «Wollen Sie für Mord gehängt werden?»
«Ich
werde dir beibringen, mit meiner Frau zu schlafen!» keucht Watzek. «Blut muß
fließen!»
Jetzt
weiß ich endlich, was los ist. «Watzek!» rufe ich. «Sie begehen einen
Justizmord!»
«Scheiße!
Die Gurgel werde ich dir durchschneiden!»
Wir
sausen um den Obelisken herum. Mir kommt nicht der Gedanke, um Hilfe zu rufen;
es geht alles zu schnell; wer kann mir da schon wirklich helfen? «Sie sind
belogen worden!» rufe ich unterdrückt. «Was geht mich Ihre Frau an?»
«Du
schläfst mit ihr, du Satan!»
Wir
rennen weiter, einmal rechts, einmal links herum. Watzek, in seinen Stiefeln,
ist schwerfälliger als ich. Verdammt! denke ich. Wo ist Georg? Ich werde hier
für ihn geschlachtet, und er hockt mit Lisa in seiner Bude. «Fragen Sie doch
Ihre Frau, Sie Idiot!» keuche ich.
«Hinschlachten
werde ich dich!»
Ich
sehe mich nach einer Waffe um. Nichts ist da. Bevor ich einen kleinen
Hügelstein anheben könnte, hätte Watzek mir längst die Kehle durchgeschnitten.
Plötzlich sehe ich ein Stück Marmor, etwa faustgroß, auf der Fensterbank
schimmern. Ich reiße es an mich, tanze um den Obelisken und werfe es Watzek an
den Schädel. Es trifft ihn links. Er blutet sofort über dem Auge und kann nur
noch mit einem Auge sehen. «Watzek! Sie irren sich!» rufe ich. «Ich habe nichts
mit Ihrer Frau! Ich schwöre es Ihnen!»
Watzek
ist jetzt langsamer; aber er ist immer noch gefährlich. «Und das einem
Kameraden!» faucht er. «So eine Gemeinheit!»
Er
macht einen Ausfall wie ein Miniaturbulle. Ich springe beiseite, erwische das
Stück Marmor wieder und werfe es zum zweitenmal nach ihm. Leider verfehlt es
ihn und landet in einem Fliederbusch. «Ihre Frau ist mir scheißegal!» zische
ich. «Verstehen Sie das, Mensch! Scheißegal!»
Watzek
rennt stumm weiter. Er blutet jetzt links stark, und ich laufe deshalb nach
links. Er sieht mich so nicht so gut, und ich kann ihm in einem gefährlichen
Augenblick einen schönen Fußtritt gegen das Knie geben. Er sticht im selben
Moment zu, aber streift nur meine Sohle. Der Fußtritt hilft. Watzek steht
still, blutend, das Messer bereit. «Hören Sie zu!» sage ich. «Bleiben Sie da
stehen! Machen wir eine Minute Waffenstillstand! Sie können ja gleich wieder
loslegen, dann werde ich Ihnen das andere Auge ausschlagen! Passen Sie auf,
Mensch! Ruhe,
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