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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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Neu­see­land?»
    «In
Deutsch­land! Rog­gen­mark. Nichts da­von ge­hört?» Ge­org und ich se­hen uns an. Es
hat Ge­rüch­te dar­über ge­ge­ben, daß ei­ne neue Wäh­rung ge­schaf­fen wer­den sol­le.
Ei­ne Mark soll da­bei so­viel wert sein wie ein be­stimm­tes Quan­tum Rog­gen; aber
es hat in die­sen Jah­ren so vie­le Ge­rüch­te ge­ge­ben, das kei­ner es ge­glaubt hat.
    «Dies­mal
ist es wahr», er­klärt Rie­sen­feld. «Ich ha­be es aus bes­ter Quel­le. Aus der
Rog­gen­mark wird dann ei­ne Gold­mark. Die Re­gie­rung steht da­hin­ter.»
    «Die
Re­gie­rung! Die ist doch an der gan­zen Ab­wer­tung schuld!»
    «Mag
sein. Aber jetzt ist es so­weit. Sie hat kei­ne Schul­den mehr. Ei­ne Bil­li­on
In­fla­ti­ons­mark wird ei­ne Gold­mark wer­den.»
    «Und
die Gold­mark wird dann wie­der ’run­ter­ge­hen, was? So geht der Tanz noch ein­mal
los.»
    Rie­sen­feld
trinkt sein Bier aus. «Wol­len Sie oder wol­len Sie nicht?» fragt er.
    Das
Lo­kal scheint plötz­lich sehr still zu sein. «Ja», sa­ge ich. Es ist, als sa­ge es
je­mand ne­ben mir. Ich traue mich nicht, Ge­org an­zu­se­hen.
    «Das
ist ver­nünf­tig», er­klärt Rie­sen­feld.
    Ich
bli­cke auf das Tisch­tuch. Es scheint zu schwim­men. Dann hö­re ich, wie Ge­org
sagt: «Kell­ner, brin­gen Sie die Fla­sche Fors­ter Je­sui­ten­gar­ten so­fort.»
    Ich
bli­cke auf. «Du hast uns doch das Le­ben ge­ret­tet», sagt er. «Des­halb!»
    «Uns?
Wie­so uns?» fragt Rie­sen­feld.
    «Ein
Le­ben wird nie al­lein ge­ret­tet», er­wi­dert Ge­org geis­tes­ge­gen­wär­tig. «Es ist
im­mer mit ein paar an­de­ren ver­bun­den.»
    Der
Au­gen­blick ist vor­bei. Ich se­he Ge­org dank­bar an. Ich ha­be ihn ver­ra­ten, weil
ich ihn ver­ra­ten muß­te, und er hat es ver­stan­den. Er bleibt zu­rück. «Du
be­suchst mich», sa­ge ich. «Dann ma­che ich dich mit den großen Da­men und
Film­schau­spie­le­rin­nen Ber­lins be­kannt.»
    «Kin­der,
das sind Plä­ne», sagt Rie­sen­feld zu mir. «Wo bleibt der Wein? Ich ha­be Ih­nen ja
so­eben das Le­ben ge­ret­tet.»
    «Wer
ret­tet hier ei­gent­lich wen?» fra­ge ich. «Je­der ein­mal ir­gend­ei­nen», sagt
Ge­org. «Ge­nau, wie er im­mer ein­mal ir­gend­ei­nen tö­tet. Auch, wenn er es nicht
weiß.»
    Der Wein steht auf dem
Tisch. Eduard er­scheint. Er ist blaß und ver­stört. «Gebt mir auch ein Glas.»
    «Ver­schwin­de!»
sa­ge ich. «Schma­rot­zer! Wir kön­nen un­sern Wein al­lein trin­ken.»
    «Nicht
des­we­gen. Die Fla­sche geht auf mich. Ich zah­le sie. Aber gebt mir ein Glas. Ich
muß et­was trin­ken.»
    «Du
willst die Fla­sche spen­die­ren? Über­le­ge, was du sagst!»
    «Ich
mei­ne es.» Eduard setzt sich. «Va­len­tin ist tot», er­klärt er.
    «Va­len­tin?
Was ist ihm denn pas­siert?»
    «Herz­schlag.
Ha­be es ge­ra­de am Te­le­fon ge­hört.»
    Er
greift nach ei­nem Glas. «Und du willst dar­auf trin­ken, du Lump?» sa­ge ich
em­pört. «Weil du ihn los bist?»
    «Ich
schwö­re euch, nein! Nicht des­halb! Er hat mir doch das Le­ben ge­ret­tet.»
    «Was»,
sagt Rie­sen­feld. «Ih­nen auch?»
    «Na­tür­lich
mir, wem sonst?»
    «Was
ist hier los?» fragt Rie­sen­feld. «Sind wir ein Klub von Le­bens­ret­tern?»
    «Es
liegt an der Zeit», er­wi­dert Ge­org. «Es ist in die­sen Jah­ren vie­len ge­ret­tet
wor­den. Und vie­len nicht.»
    Ich
star­re Eduard an. Er hat tat­säch­lich Trä­nen in den Au­gen; aber was weiß man bei
ihm? «Ich glau­be dir nicht», sa­ge ich. «Du hast ihm das an den Hals ge­wünscht!
Ich ha­be es zu oft ge­hört. Du woll­test dei­nen ver­damm­ten Wein spa­ren.»
    «Ich
schwö­re euch, nein! Ich ha­be es manch­mal so ge­sagt, wie man et­was sagt. Aber
doch nicht im Ernst!» Die Trop­fen in Eduards Au­gen wer­den di­cker. «Er hat mir
ja tat­säch­lich das Le­ben ge­ret­tet.»
    Rie­sen­feld
steht auf. «Ich ha­be jetzt ge­nug von die­sem Le­bens­ret­ter-Quatsch! Sind Sie
nach­mit­tags im Bü­ro? Gut!»
    «Schi­cken
Sie kei­ne Blu­men mehr, Rie­sen­feld», warnt Ge­org.
    Rie­sen­feld
winkt ab und ver­schwin­det mit ei­nem un­de­fi­nier­ba­ren Ge­sicht.
    «Laßt
uns ein Glas auf Va­len­tin trin­ken», sagt Eduard. Sei­ne Lip­pen zit­tern. «Wer
hät­te das ge­dacht! Durch den gan­zen Krieg ist er

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