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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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ich.
    Der
Schein ei­nes klei­nen, trau­ri­gen Lä­chelns huscht über ihr Ge­sicht.
    «Das
ist das ers­te­mal, daß je­mand freund­lich zu mir ist, seit es pas­siert ist. Nicht
ein­mal mei­ne Toch­ter – sie sagt, die Schan­de ...»
    Sie
wischt sich die Trä­nen ab. Ich bin sehr ver­le­gen und kom­me mir vor wie der
Schau­spie­ler Gas­ton Münch als Graf Trast in der «Eh­re» von Su­der­mann im
Stadt­thea­ter. Um mir zu hel­fen, gie­ße ich mir, als sie ge­gan­gen ist, einen
Schluck Korn ein. Dann er­in­ne­re ich mich, daß Ge­org im­mer noch nicht von sei­ner
Be­spre­chung mit Rie­sen­feld auf der Bank zu­rück ist, und ich wer­de miß­trau­isch
ge­gen mich selbst; viel­leicht ha­be ich das mit der Frau nur ge­tan, um Gott zu
be­ste­chen. Ei­ne gu­te Tat ge­gen die an­de­re – ei­ne Gra­bein­fas­sung und ei­ne
In­schrift ge­gen ein Drei­mo­nats­ak­zept Rie­sen­felds und ei­ne fet­te La­dung Gra­nit.
Das frischt mich so auf, daß ich einen zwei­ten Schnaps trin­ke. Dann se­he ich
drau­ßen am Obe­lis­ken die Spu­ren des Feld­we­bels Knopf, ho­le einen Ei­mer Was­ser,
um sie weg­zu­schwem­men, und ver­flu­che ihn laut. Knopf aber schläft in sei­ner
Kam­mer den Schlaf des Ge­rech­ten.
    «Nur
sechs
Wo­chen», sa­ge ich ent­täuscht.
    Ge­org
lacht. «Ein Ak­zept auf sechs Wo­chen ist nicht zu ver­ach­ten. Die Bank woll­te
nicht mehr ge­ben. Wer weiß, wie hoch der Dol­lar dann schon steht! Da­für hat
Rie­sen­feld ver­spro­chen, in vier Wo­chen wie­der vor­bei­zu­kom­men. Dann kön­nen wir
einen neu­en Ab­schluß ma­chen.»
    «Glaubst
du das?»
    Ge­org
zuckt die Ach­seln. «Warum nicht? Viel­leicht zieht Li­sa ihn wie­der her. Er
schwärm­te auf der Bank noch von ihr wie Pe­trar­ca von Lau­ra.»
    «Gut,
daß er sie nicht bei Ta­ge und aus der Nä­he ge­se­hen hat.»
    «Das
ist bei vie­len Din­gen gut.» Ge­org stutzt und sieht mich an. «Wie­so bei Li­sa? So
schlecht sieht sie wahr­haf­tig nicht aus!»
    «Sie
hat mor­gens manch­mal schon gan­ze net­te Sä­cke un­ter den Au­gen. Und ro­man­tisch
ist sie be­stimmt nicht. Sie ist ein ro­bus­ter Fe­ger.»
    «Ro­man­tisch!»
Ge­org grinst ver­ächt­lich. «Was heißt das schon!
    Es
gibt vie­le Sor­ten von Ro­man­tik. Und Ro­bust­heit hat auch ih­re Rei­ze!»
    Ich
se­he ihn scharf an. Soll­te er et­wa selbst ein Au­ge auf Li­sa ge­wor­fen ha­ben? Er
ist merk­wür­dig ver­schwie­gen in sei­nen per­sön­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten. «Rie­sen­feld
ver­steht un­ter Ro­man­tik be­stimmt ein Aben­teu­er in der großen Welt», sa­ge ich.
«Nicht ei­ne Af­fä­re mit der Frau ei­nes Pfer­de­metz­gers.»
    Ge­org
winkt ab. «Was ist der Un­ter­schied? Die große Welt be­nimmt sich heu­te oft
vul­gä­rer als ein Pfer­de­metz­ger.»
    Ge­org
ist un­ser Fach­mann für die große Welt. Er hält das Ber­li­ner Ta­ge­blatt und liest
es haupt­säch­lich, um den Nach­rich­ten über Kunst und Ge­sell­schaft zu fol­gen. Er
ist aus­ge­zeich­net in­for­miert. Kei­ne Schau­spie­le­rin kann hei­ra­ten, oh­ne daß er
es weiß; je­de wich­ti­ge Schei­dung in der Ari­sto­kra­tie ist mit Dia­man­ten in sein
Ge­dächt­nis ein­ge­ritzt. Er ver­wech­selt nichts, selbst nicht nach drei, vier
Ehen; es ist, als füh­re er Buch dar­über. Er kennt al­le Thea­ter­auf­füh­run­gen,
liest die Kri­ti­ken, weiß über die Ge­sell­schaft am Kur­fürs­ten­damm Be­scheid, und
nicht nur das: er ver­folgt auch das in­ter­na­tio­na­le Le­ben, die großen Stars und
die Kö­ni­gin­nen der Ge­sell­schaft – er liest Film­ma­ga­zi­ne, und ein Be­kann­ter in
Eng­land schickt ihm manch­mal den «Tat­ler» und ein paar an­de­re ele­gan­te
Zeit­schrif­ten. Das ver­klärt ihn dann für Ta­ge. Er selbst ist nie in Ber­lin
ge­we­sen, und im Aus­land nur als Sol­dat, im Krie­ge in Frank­reich. Er haßt sei­nen
Be­ruf, aber er muß­te ihn nach dem To­de sei­nes Va­ters über­neh­men; Hein­rich war
zu ein­fäl­tig da­für. Die Zeit­schrif­ten und Bil­der hel­fen ihm et­was über die
Ent­täu­schun­gen hin­weg; sie sind sei­ne Schwä­che und sei­ne Er­ho­lung.
    «Ei­ne
vul­gä­re Da­me der großen Welt ist et­was für er­le­se­ne Ken­ner», sa­ge ich. «Nicht
für Rie­sen­feld. Die­ser

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