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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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ab.»
    «Sie
fährt nicht ab», er­wi­dert Eduard und ent­blö­ßt zum ers­ten Ma­le, seit ich ihn
ken­ne, sein Ge­biß. «Ihr Ver­trag ist heu­te ver­län­gert wor­den.»
    Ich
star­re ihn an. Der Lump weiß mehr als ich. «Du hast sie al­so heu­te auch
ge­trof­fen?»
    Eduard
be­ginnt et­was zu stot­tern. «Zu­fäl­lig heu­te – das war es doch! Nur heu­te.»
    Die
Lü­ge steht groß auf sei­nen di­cken Ba­cken ge­schrie­ben.
    «So,
und da hat­test du gleich die In­spi­ra­ti­on mit der Wid­mung?» sa­ge ich. «So
ver­giltst du mir un­se­re treue Kund­schaft? Mit ei­nem Kü­chen­mes­ser­stich in die
Rich­tung der Ge­schlechts­tei­le, du Tel­ler­wä­scher?»
    «Eu­re
ver­damm­te Kund­schaft kann mir ...»
    «Hast
du ihr die So­net­te nicht auch schon ge­schickt, du im­po­ten­ter Pfau?» un­ter­bre­che
ich ihn. «Laß nur, du brauchst es nicht ab­zu­leug­nen! Ich wer­de sie schon
oh­ne­hin se­hen, du Bet­ten­ma­cher für frem­de Schmutz­fin­ken!»
    «Was?
Wie?»
    «Dei­ne
So­net­te, du Mut­ter­mör­der! Ha­be ich dir nicht bei­ge­bracht, wie man über­haupt
wel­che schreibt? Ein schö­ner Dank! Hät­test du noch we­nigs­tens den An­stand
be­ses­sen, ihr Ri­tor­nel­le oder Oden zu schi­cken! Aber nein, mei­ne ei­ge­nen Waf­fen
– na, Ger­da wird mir das Zeug ja zei­gen, da­mit ich es ihr über­set­ze!»
    «Das
wä­re doch ...» stot­tert Eduard, zum ers­ten Ma­le aus der Fas­sung ge­bracht.
    «Es
wä­re gar nichts», er­wi­de­re ich. «Frau­en tun so et­was. Ich weiß das. Aber da ich
dich als Re­stau­ra­teur schät­ze, will ich dir noch et­was an­de­res ver­ra­ten: Ger­da
hat einen her­ku­li­schen Bru­der, der über die Fa­mi­li­eneh­re wacht. Er hat be­reits
zwei ih­rer Ver­eh­rer zu Krüp­peln ge­schla­gen. Er bricht be­son­ders gern Platt­fü­ße.
Und die hast du ja.»
    «Quatsch»,
sagt Eduard, aber ich se­he, daß er trotz­dem scharf nach­denkt. Ei­ne Be­haup­tung
kann noch so un­wahr­schein­lich sein, wenn man nur fest dar­auf be­steht, bleibt
im­mer et­was hän­gen – das ha­be ich von Wat­zeks po­li­ti­schem Vor­bild ge­lernt.
    Der Dich­ter Hans
Hun­ger­mann tritt zu uns an das So­fa. Er ist der Ver­fas­ser des un­ge­druck­ten
Ro­mans «Wo­t­ans En­de» und der Dra­men «Saul», «Bal­dur» und «Mo­ham­med». Was macht
die Kunst, Ge­sel­len?» fragt er. «Habt ihr den Mist ge­le­sen, den Ot­to Bam­buss
ges­tern im Teck­len­bur­ger Kreis­blatt zum bes­ten ge­ge­ben hat? But­ter­milch und
Spu­cke! Daß Bau­er die­sen Schleim­schei­ßer druckt!»
    Ot­to
Bam­bus ist der er­folg­reichs­te Poet der Stadt. Wir sind al­le auf ihn nei­disch.
Er ver­faßt stim­mungs­vol­le Ver­se über stim­mungs­vol­le Win­kel, um­lie­gen­de Dör­fer,
Stra­ßen­e­cken am Abend und sei­ne weh­mü­ti­ge See­le. Er hat zwei dün­ne bro­schier­te
Ge­dicht­bän­de bei Ar­thur Bau­er her­aus­ge­bracht – einen so­gar in zwei­ter Auf­la­ge.
Hun­ger­mann, der mar­ki­ge Ru­nen­dich­ter, haßt ihn, ver­sucht aber, sei­ne
Be­zie­hun­gen aus­zunüt­zen. Matt­hi­as Grund ver­ach­tet ihn. Ich da­ge­gen bin Ot­tos
Ver­trau­ter. Er möch­te gern ein­mal in ein Bor­dell ge­hen, wagt es aber nicht. Er
er­war­tet da­von einen mäch­ti­gen blut­haf­ten Auf­schwung sei­ner et­was
bleich­süch­ti­gen Ly­rik. Als er mich sieht, kommt er gleich auf mich los. «Ich ha­be
ge­hört, du kennst ei­ne Da­me vom Zir­kus! Zir­kus, das wä­re was! Da könn­te man
far­big sein! Kennst du wirk­lich ei­ne?»
    «Nein,
Ot­to. Eduard hat re­nom­miert. Ich ken­ne nur ei­ne, die vor drei Jah­ren Bil­letts
im Zir­kus ver­kauft hat.»
    «Bil­letts
– im­mer­hin, sie war da­bei! Sie muß noch et­was da­von ha­ben. Den Raub­tier­ge­ruch,
die Ma­ne­ge. Könn­test du mich nicht ein­mal mit ihr be­kannt ma­chen?»
    Ger­da
hat wahr­haf­tig Chan­cen in der Li­te­ra­tur! Ich se­he Bam­buss an. Er ist
hoch­ge­schos­sen, blaß, hat kein Kinn, kein Ge­sicht und trägt einen Knei­fer. «Sie
war im Floh­zir­kus», sa­ge ich.
    «Scha­de!»
Er tritt ent­täuscht zu­rück. «Ich muß et­was tun», mur­melt er dann. «Ich weiß,
daß es das ist, was mir fehlt – das Blut.»
    «Ot­to»,
er­wi­de­re ich. «Kann es nicht je­mand sein, der

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