Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
Vom Netzwerk:
Ant­wort», er­wi­dert Wer­ni­cke. «Aber sie ist ru­hig, wenn sie
mit Ih­nen zu­sam­men war. Es ist gut für sie. Ge­nügt das?»
    «Sie
hält mich für je­mand an­ders.»
    «Das
macht nichts. Mir kommt es nicht auf Sie an – nur auf mei­ne Kran­ken.» Wer­ni­cke
blin­zelt durch die Sprühnäs­se. «Bo­den­diek hat Sie heu­te abend ge­lobt.»
    «Was?
– Da­zu hat­te er wahr­haf­tig kei­nen Grund!»
    «Er
be­haup­tet, Sie sei­en auf dem Weg zu­rück. Zum Beicht­stuhl und zur Kom­mu­ni­on.»
    «So
et­was!» er­klä­re ich, ehr­lich ent­rüs­tet.
    «Ver­ken­nen
Sie die Weis­heit der Kir­che nicht! Sie ist die ein­zi­ge Dik­ta­tur, die seit
zwei­tau­send Jah­ren nicht ge­stürzt wor­den ist.»
    Ich
ge­he
zur Stadt hin­un­ter. Ne­bel weht sei­ne grau­en Fah­nen durch den Re­gen. Isa­bel­le
geis­tert durch mei­ne Ge­dan­ken. Ich ha­be sie im Stich ge­las­sen; das ist es, was
sie jetzt glaubt, ich weiß es. Ich soll­te über­haupt nicht mehr hin­auf­ge­hen,
den­ke ich. Es ver­wirrt mich nur, und ich bin oh­ne­hin ver­wirrt ge­nug. Aber was
wä­re, wenn sie nicht mehr da wä­re? Wür­de es nicht so sein, als feh­le mir das
Wich­tigs­te, das, was nie alt und ver­braucht und all­täg­lich wer­den kann, weil
man es nie be­sitzt?
    Ich
kom­me zum Hau­se des Schuh­ma­cher­meis­ters Karl Brill. Aus der Schuh­be­sohl­an­stalt
drin­gen die Klän­ge ei­nes Gram­mo­phons. Ich bin heu­te abend hier zu ei­nem
Her­ren­abend ein­ge­la­den. Es ist ei­ner der be­rühm­ten Aben­de, an de­nen Frau
Beck­mann ih­re akro­ba­ti­sche Kunst zum bes­ten gibt. Ich zö­ge­re einen Au­gen­blick –
ich füh­le mich wahr­haf­tig nicht da­nach –, aber dann tre­te ich ein. Ge­ra­de
des­halb.
    Ein
Schwall von Ta­baks­rauch und Bier­ge­ruch emp­fängt mich. Karl Brill steht auf und
um­armt mich, leicht schwan­kend. Er hat einen eben­so kah­len Kopf wie Ge­org
Kroll, aber er trägt da­für al­le sei­ne Haa­re un­ter der Na­se in ei­nem mäch­ti­gen
Wal­roß­schnurr­bart. «Sie kom­men zur rech­ten Zeit», er­klärt er. «Die Wet­ten sind
ge­legt. Wir brau­chen nur bes­se­re Mu­sik als die­ses dum­me Gram­mo­phon! Wie wä­re es
mit dem Do­nau­wel­len­wal­zer?»
    «Ge­macht!»
    Das
Kla­vier ist be­reits in die Schnell­be­sohl­an­stalt ge­schafft wor­den. Es steht vor
den Ma­schi­nen. Im vor­de­ren Teil des Raum­es sind die Schu­he und das Le­der
bei­sei­te ge­scho­ben wor­den, und über­all, wo es geht, sind Stüh­le und ein paar
Ses­sel ver­teilt. Ein Faß Bier ist auf­ge­legt, und ein paar Fla­schen Schnaps sind
schon leer. Ei­ne zwei­te Bat­te­rie steht auf dem La­den­tisch. Auf dem Tisch liegt
auch ein großer, mit Wat­te um­wi­ckel­ter Na­gel ne­ben ei­nem kräf­ti­gen
Schus­ter­ham­mer.
    Ich
schmet­te­re den Do­nau­wel­len­wal­zer her­un­ter. Im Qualm schwan­ken die Bun­des­brü­der
von Karl Brill um­her. Sie sind be­reits gut ge­la­den. Karl stellt ein Glas Bier
und einen dop­pel­ten Stein­hä­ger Schnaps auf das Kla­vier.
    «Kla­ra
be­rei­tet sich vor», sagt er. «Wir ha­ben über drei Mil­lio­nen in Wet­ten zu­sam­men.
Hof­fent­lich ist sie in Höchst­form; sonst bin ich halb bank­rott.»
    Er
blin­zelt mir zu. «Spie­len Sie et­was sehr Schmis­si­ges, wenn es so­weit ist. Das
facht sie im­mer mäch­tig an. Sie ist ja ver­rückt mit Mu­sik.»
    «Ich
wer­de den ,Ein­zug der Gla­dia­to­ren‘ spie­len. Aber wie wä­re es mit ei­ner klei­nen
Sei­ten­wet­te für mich?»
    Karl
blickt auf. «Lie­ber Herr Bod­mer», sagt er ver­letzt.
    «Sie
wol­len doch nicht ge­gen Kla­ra wet­ten! Wie kön­nen Sie dann über­zeu­gend spie­len?»
    «Nicht
ge­gen sie. Mit ihr. Ei­ne Sei­ten­wet­te.»
    «Wie­viel?»
fragt Karl rasch.
    «Lum­pi­ge
acht­zig­tau­send», er­wi­de­re ich. «Es ist mein gan­zes Ver­mö­gen.»
    Karl
über­legt einen Au­gen­blick. Dann dreht er sich um.
    «Ist
noch je­mand da, der acht­zig­tau­send wet­ten will? Ge­gen un­se­ren Kla­vier­spie­ler?»
    «Ich!»
Ein di­cker Mann tritt vor, holt Geld aus ei­nem klei­nen Köf­fer­chen und knallt es
auf den La­den­tisch.
    Ich
le­ge mein Geld da­ne­ben. «Der Gott der Die­be be­schüt­ze mich», sa­ge ich. «Sonst
bin ich mor­gen aufs Mit­tages­sen al­lein

Weitere Kostenlose Bücher