Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
Vom Netzwerk:
was?» fragt er.
    «Nein.
Aber die Ma­schi­ne wird ros­tig von dei­nem Blut. Wir wer­den dei­ne Flos­se mit
Al­ko­hol wa­schen, Jod drauf­schmie­ren und sie ver­bin­den.»
    «Jod?
Tut das nicht weh?»
    «Es
beißt ei­ne Se­kun­de. So, als ob dei­ne Hand einen sehr schar­fen Schnaps trinkt.»
    Der
klei­ne Mann reißt sei­ne Hand weg. «Den Schnaps trin­ke ich lie­ber selbst.»
    Er
holt ein nicht zu sau­be­res Ta­schen­tuch her­vor, wi­ckelt es um die Pfo­te und
greift nach der Fla­sche. Karl grinst. Dann sieht er um­her und wird un­ru­hig. «Wo
ist der Di­cke?»
    Kei­ner
weiß es. «Viel­leicht hat er sich dün­ne ge­macht», sagt je­mand und be­kommt einen
Schluck­auf vor La­chen über sei­nen Witz.
    Die
Tür öff­net sich. Der Di­cke er­scheint; waa­ge­recht vorn­über­ge­beugt stol­pert er
her­ein, hin­ter ihm, im lachs­far­be­nen Ki­mo­no, Frau Beck­mann. Sie hat ihm die
Ar­me nach hin­ten hoch­ge­dreht und stößt ihn in die Werk­statt. Mit ei­nem
kräf­ti­gen Schubs läßt sie los. Der Di­cke fällt vorn­über in die Ab­tei­lung für
Da­men­schu­he. Frau Beck­mann macht ei­ne Be­we­gung, als stäu­be sie sich die Hän­de
ab, und geht hin­aus. Karl Brill tut einen rie­si­gen Satz. Er zerrt den Di­cken
hoch. «Mei­ne Ar­me!» wim­mert der ver­schmäh­te Lieb­ha­ber. «Sie hat sie mir
aus­ge­dreht! Und mein Bauch! Oh, mein Bauch! Was für ein Schlag!»
    Er
braucht uns nichts zu er­klä­ren. Frau Beck­mann ist ein eben­bür­ti­ger Geg­ner für
Karl Brill, den Win­ter­schwim­mer und erst­klas­si­gen Tur­ner, und hat ihm be­reits
zwei­mal einen Arm ge­bro­chen, ganz zu schwei­gen von dem, was sie mit ei­ner Va­se
oder ei­nem Schürei­sen an­rich­ten kann. Es ist noch kein hal­b­es Jahr her, daß
zwei Ein­bre­cher von ihr nachts in der Werk­statt über­rascht wur­den. Bei­de la­gen
hin­ter­her wo­chen­lang im Kran­ken­haus, und ei­ner hat sich nie von ei­nem Hieb mit
ei­nem ei­ser­nen Fuß­mo­dell über den Schä­del er­holt, bei dem er gleich­zei­tig ein
Ohr ver­lor. Er re­det wirr seit­dem.
    Karl
schleppt den Di­cken ans Licht. Er ist weiß vor Wut, aber er kann nichts mehr
tun – der Di­cke ist fer­tig. Es ist, als wol­le er einen schwer Ty­phus­kran­ken
ver­prü­geln. Der Di­cke muß einen fürch­ter­li­chen Schlag in die Or­ga­ne er­hal­ten
ha­ben, mit de­nen er sün­di­gen woll­te. Er ist un­fä­hig zu ge­hen. Karl kann ihn
nicht ein­mal raus­wer­fen. Wir le­gen ihn in den Hin­ter­grund auf das Ab­fal­le­der.
    «Das
Schö­ne bei Karl ist, daß es im­mer so ge­müt­lich ist», sagt je­mand, der ver­sucht,
das Kla­vier mit Bier zu trän­ken.
    Ich
ge­he
durch die Große Stra­ße nach Hau­se. Mein Kopf schwimmt; ich ha­be zu­viel
ge­trun­ken, aber das woll­te ich auch. Der Ne­bel treibt über die ver­ein­zel­ten
Lich­ter, die noch in den Schau­fens­tern bren­nen, und webt gol­de­ne Schlei­er um
die La­ter­nen. Im Fens­ter ei­nes Schläch­ter­la­dens blüht ein Al­pen­ro­sen­stock ne­ben
ei­nem ge­schlach­te­ten Fer­kel, dem ei­ne Zi­tro­ne in die blas­se Schnau­ze ge­klemmt
wor­den ist. Würs­te lie­gen trau­lich im Krei­se her­um. Es ist ein Stim­mungs­bild,
das Schön­heit und Zweck har­mo­nisch ver­eint. Ich ste­he ei­ne Zeit­lang da­vor und
wan­de­re dann wei­ter.
    Auf
dem dunklen Hof pral­le ich im Ne­bel ge­gen einen Schat­ten. Es ist der al­te
Knopf, der wie­der ein­mal vor dem schwar­zen Obe­lis­ken steht. Ich bin mit vol­ler
Wucht ge­gen ihn ge­rannt, und er tau­melt und schlingt bei­de Ar­me um den
Obe­lis­ken, als wol­le er ihn er­klet­tern. «Es tut mir leid, daß ich Sie ge­sto­ßen
ha­be», sa­ge ich. «Aber wes­halb ste­hen Sie auch hier? Kön­nen Sie Ih­re Ge­schäf­te
denn wirk­lich nicht in Ih­rer Woh­nung er­le­di­gen? Oder, wenn Sie schon ein
Frei­luf­t­akro­bat sind, warum nicht an ei­ner Stra­ßen­e­cke?»
    Knopf
läßt den Obe­lis­ken los. «Ver­dammt, jetzt ist es in die Ho­se ge­gan­gen», mur­melt
er.
    «Das
scha­det Ih­nen nichts. Nun er­le­di­gen Sie den Rest mei­net­we­gen schon hier.»
    «Zu
spät.»
    Knopf
stol­pert zu sei­ner Tür hin­über. Ich ge­he die Trep­pen hin­auf und be­schlie­ße,
Isa­bel­le von dem Geld, das ich bei Karl Brill ge­won­nen ha­be, mor­gen

Weitere Kostenlose Bücher