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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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an­ge­wie­sen.»
    «Al­so
los!» sagt Karl Brill.
    Der
Na­gel wird her­um­ge­zeigt. Dann tritt Karl an die Wand, setzt ihn in der Hö­he
ei­nes mensch­li­chen Ge­sä­ßes an und schlägt ihn zu ei­nem Drit­tel ein. Er schlägt
we­ni­ger stark, als sei­ne Ge­bär­den es ver­mu­ten las­sen.
    «Sitzt
gut und fest», sagt er und tut, als rüt­te­le er kräf­tig an dem Na­gel.
    «Das
wer­den wir erst ein­mal prü­fen.»
    Der
Di­cke, der ge­gen mich ge­wet­tet hat, tritt vor. Er be­wegt den Na­gel und grinst.
«Karl», sagt er hohn­la­chend. «Den bla­se ich ja aus der Wand. Gib mal den Ham­mer
her.»
    «Bla­se
ihn erst aus der Wand.»
    Der
Di­cke bläst nicht. Er zerrt kräf­tig, und der Na­gel ist drau­ßen. «Mit mei­ner
Hand», sagt Karl Brill, «kann ich einen Na­gel durch ei­ne Tisch­plat­te schla­gen.
Mit mei­nem Hin­tern nicht. Wenn ihr sol­che Be­din­gun­gen stellt, las­sen wir das
Gan­ze lie­ber sein.»
    Der
Di­cke ant­wor­tet nicht. Er nimmt den Ham­mer und schlägt den Na­gel an ei­ner
an­de­ren Stel­le der Wand ein.
    «Hier,
wie ist das?»
    Karl
Brill prüft. Et­wa sechs oder sie­ben Zen­ti­me­ter des Na­gels ra­gen noch aus der
Wand. «Zu fest. Den kann man nicht ein­mal mit der Hand mehr her­aus­rei­ßen.»
    «Ent­we­der
– oder», er­klärt der Di­cke.
    Karl
prüft noch ein­mal. Der Di­cke legt den Ham­mer auf den La­den­tisch und merkt
nicht, daß Karl je­des­mal, wenn er pro­biert, wie fest der Na­gel sei, ihn da­durch
lo­ckert.
    «Ich
kann kei­ne Wet­te eins zu eins dar­auf an­neh­men», sagt Karl schließ­lich. «Nur
zwei zu eins, und auch da muß ich ver­lie­ren.»
    Sie
ei­ni­gen sich auf sechs zu vier. Ein Hau­fen Geld türmt sich auf dem La­den­tisch.
Karl hat noch zwei­mal ent­rüs­tet an dem Na­gel ge­zerrt, um zu zei­gen, wie
un­mög­lich die Wet­te sei. Jetzt spie­le ich den «Ein­zug der Gla­dia­to­ren», und
bald dar­auf rauscht Frau Beck­mann in die Werk­statt, in einen lo­sen, lachs­ro­ten
chi­ne­si­schen Ki­mo­no ge­klei­det, mit ein­ge­stick­ten Päo­ni­en und ei­nem Phö­nix auf
dem Rücken.
    Sie
ist ei­ne im­po­san­te Fi­gur mit dem Kopf ei­nes Bul­len­beiß­ers, aber ei­nes eher
hüb­schen Bul­len­beiß­ers. Sie hat rei­ches, krau­ses, schwar­zes Haar und glän­zen­de
Kir­schen­au­gen – der Rest ist bul­len­bei­ße­risch, be­son­ders das Kinn. Der Kör­per
ist mäch­tig und völ­lig aus Ei­sen. Ein Paar stein­har­ter Brüs­te ragt wie ein
Boll­werk her­vor, dann kommt ei­ne im Ver­hält­nis zier­li­che Tail­le und dann das
be­rühm­te Ge­säß, um das es hier geht. Es ist ge­wal­tig und eben­falls stein­hart.
Selbst ei­nem Schmied soll es an­geb­lich un­mög­lich sein, hin­ein­zu­knei­fen, wenn
Frau Beck­mann es an­spannt; er bricht sich eher die Fin­ger. Karl Brill hat auch
da­mit schon Wet­ten ge­won­nen, al­ler­dings nur im in­tims­ten Freun­des­krei­se. Heu­te,
wo der Di­cke da­bei ist, wird nur das an­de­re Ex­pe­ri­ment ge­macht – den Na­gel mit
dem Ge­säß aus der Wand zu rei­ßen.
    Al­les
geht sehr sport­lich und ka­va­liers­mä­ßig zu; Frau Beck­mann grüßt zwar, ist aber
sonst re­ser­viert und bei­na­he ab­wei­send. Sie be­trach­tet die An­ge­le­gen­heit nur
von der sport­lich-ge­schäft­li­chen Sei­te. Ru­hig stellt sie sich mit dem Rücken
zur Wand, hin­ter einen nied­ri­gen Pa­ra­vent, macht ein paar fach­män­ni­sche
Be­we­gun­gen und steht dann still, das Kinn ge­r­eckt, be­reit, und ernst, wie es
sich bei ei­ner großen sport­li­chen Leis­tung ge­ziemt.
    Ich
bre­che den Marsch ab und be­gin­ne zwei tie­fe Tril­ler, die klin­gen sol­len wie die
Trom­meln beim To­dess­prung im Zir­kus Busch. Frau Beck­mann strafft sich und
ent­spannt sich. Sie strafft sich noch zwei­mal. Karl Brill wird ner­vös. Frau
Beck­mann er­starrt wie­der, die Au­gen zur De­cke ge­rich­tet, die Zäh­ne
zu­sam­men­ge­bis­sen. Dann klap­pert es, und sie tritt von der Wand weg. Der Na­gel
liegt auf dem Bo­den.
    Ich
spie­le «Das Ge­bet ei­ner Jung­frau», ei­ne ih­rer Lieb­lings­num­mern. Sie dankt mit
ei­nem gra­zi­ösen Nei­gen ih­res star­ken Hauptes, wünscht ei­ne wohl­klin­gen­de «Gu­te
Nacht al­ler­seits», rafft den Ki­mo­no en­ger um sich her­um und

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