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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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man ihnen vertrauen kann. Wir fingen an, zusammenzuarbeiten. Natürlich hätte ich mir nie träumen lassen, wer ihre Kinder sein würden. Rückblickend betrachtet gab es Hinweise, ja …« Er zuckte mit den Schultern. »Aber dann, vor vier Jahren, kurz nach Weihnachten, tauchte Katherine in meinem Arbeitszimmer auf. Den Rest kennt ihr ja.«

    Durch die Erwähnung von Weihnachten löste sich eine Erinnerung in Kates Geist und trat vor sie hin. Sie sah einen groß gewachsenen, dünnen Mann im Türrahmen ihres Zimmers stehen. Es war die letzte Nacht mit ihren Eltern. Die Puzzleteilchen setzten sich plötzlich zusammen, und da war noch das Gefühl, das sie gehabt hatte – sowohl in der Bibliothek des Waisenhauses als auch im Verlies der Zwerge –, dass sie Dr. Pym schon früher begegnet war.
    »Sie waren es! Sie haben uns von unseren Eltern weggebracht! «
    »Vielleicht! Aber denke daran: Das, wovon du sprichst, ist noch gar nicht passiert.«
    »Also schön«, sagte Kate. »Was meinen Sie damit: Sie hätten sich nie träumen lassen, wer ihre Kinder sein würden? Wer sind wir?«
    »Ihr drei seid etwas ganz Besonderes. Und eines Tages, wenn wir Zeit haben, werde ich euch alles erklären.«
    Kate widersprach: Sie verdienten eine ehrliche Antwort, fand sie.
    »Und die werdet ihr bekommen. Zur rechten Zeit. Katherine, du musst lernen, mir zu vertrauen.« Er stand auf. »Jetzt werde ich nachsehen, wie weit Robbie und Gabriel sind.«
    »Warten Sie«, sagte Michael. »Wie lautet unser Nachname?«
    »Euer Nachname? Ja, ich denke, den kann ich euch jetzt verraten. Euer Nachname lautet Wibberly.«
    Die Kinder schauten sich an.
    »Wibberly?«, wiederholte Kate. »Sind Sie sicher?«
    »Oh ja, ihr heißt Wibberly. Daran gibt es nichts zu rütteln.«
    »Im Waisenhaus sagte man uns, unser Nachname finge mit einem P an.«

    »Wirklich? Wie merkwürdig.«
    »Aber das müssen die Nonnen doch von Ihnen gesagt bekommen haben!«, erklärte Kate. »Sie sind doch derjenige, der uns dort hingebracht hat! Warum haben Sie denen gesagt, sie sollen uns P nennen, wenn doch unser Name Wibberly ist?«
    »Ich vermute, ich versuchte – werde versuchen –, euch zu beschützen. Es wäre zu offensichtlich gewesen, euch die Geschwister W zu nennen.«
    »Warum dann keinen anderen Namen?«, fragte Michael. »Smith oder Jones. Irgendwas! Können Sie sich vorstellen, wie oft wir gehänselt wurden, weil wir bloß einen Buchstaben als Nachnamen hatten?«
    »Hm, ich vermute, so weit habe ich nicht gedacht – besser gesagt: werde ich nicht denken. Ich bitte um Entschuldigung. Aber jetzt muss ich gehen. Wir reden später weiter.«
    Noch lange Zeit, nachdem der Zauberer gegangen war, schwiegen die Kinder. Vor der Tür hörten sie, wie die Armee sich zum Abmarsch bereit machte.
    »Wibberly«, sagte Kate nachdenklich. »Ja, das… fühlt sich richtig an.«
    »Stimmt«, nickte Michael. »Mir gefällt Penguin trotzdem besser«, sagte Emma, »obwohl Wibberly auch ganz okay ist.«
    »Es tut mir leid«, sagte Kate. »Ich hätte euch gleich von Mom erzählen sollen. Ich glaube, ich … ich hatte einfach Angst, dass ich die Erinnerung verlieren würde, wenn ich davon reden würde. Dass ich sie verlieren würde. Noch einmal.«
    »Das verstehe ich«, sagte Michael. »Das ist auch der Grund, warum ich so vieles aufschreibe. Man vergisst Dinge so leicht. Wenn man es aufschreibt, ist es immer da.«

    Er strich mit der Hand über sein Notizbuch, und Kate sah ihn plötzlich mit anderen Augen: als einen Jungen, dem ein ganzes Leben geraubt worden war und der sich an das klammerte, was ihm blieb.
    »Erzählst du es uns jetzt?«, bat Emma. »Bitte!«
    Kate sah die beiden an, sah das Vertrauen, das sie immer noch in sie hatten, das sie immer in sie haben würden, und fragte sich, wie um aller Welt sie ihnen dieses bedeutsame Ereignis nur hatte verschweigen können. Es gehörte entweder allen oder keinem. Aber dann, als sie nach der Erinnerung griff, fühlte sie eine Welle aus Panik in sich aufsteigen: Schon jetzt waren einige Details unscharf und verschwommen geworden. Sie zwang sich, sich auf das zu konzentrieren, was sie noch wusste: auf die Kleidung, die ihre Mutter getragen hatte, ihre Haarfarbe, auf die Worte, die sie gesprochen hatte, und je mehr Kate erzählte, desto mehr Einzelheiten kehrten in ihr Gedächtnis zurück. Sie beschrieb die Wärme ihrer Stimme, das kleine Grübchen auf ihrer Wange, ihre Hand, die auf dem Türgriff geruht hatte. Sie erzählte von dem Zimmer,

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